Die Flüchtlingspolitik wird die Gesellschaft verändern

Asyl

Berlin. Gut, dass der Flüchtlingsgipfel stattgefunden hat. Und gut, dass dabei im Kanzleramt auch Substanzielles herausgekommen ist. Inzwischen ist offenbar vielen klar geworden, welche Bedeutung das Flüchtlingsthema künftig politisch und gesellschaftlich einnehmen wird. Nichts, nicht die Steuerpolitik, nicht die Eurokrise und vermutlich auch nicht die Terrorgefahr werden in den kommenden Jahren so direkt das Leben der Bürger beeinflussen wie der Flüchtlingsstrom, der sich bereits nach Europa aufgemacht hat.

Und es werden noch mehr Menschen kommen wollen, die sich hier ein besseres Leben erhoffen, die vor Krieg und den Folgen des Klimawandels fliehen. Das wird die Gesellschaft massiv verändern. Die Deutschen werden lernen müssen, dass Flüchtlinge zum Alltagsleben in den Kommunen dazugehören; sie werden sichtbar im Stadtbild sein. Die Politik muss auf berechtigte Sorgen und Ängste, auf Verwerfungen in den Städten reagieren. Und zwar entschlossen und konkret, mit Geld, mit neuen Integrationskonzepten, mit mehr Personal in den Behörden. So, wie sie es am Freitag angekündigt hat. Außerdem gilt es, auf die Erwartungen und Hoffnungen von Flüchtlingen einzugehen. Vom Recht auf Arbeit bis zum Recht auf Wohnung. Nur dann wird ein friedliches Miteinander möglich sein. Das bedeutet zugleich, dass der Wohlstand mehr geteilt werden muss, als dies heute der Fall ist. Was auch nur recht und billig ist. Denn niemand wird ernsthaft bestreiten, dass Europas wirtschaftliche Prosperität und Stärke in den vergangenen Jahrzehnten auf Kosten vieler Entwicklungsländer gegangen ist. Deutschland gehört zu den attraktivsten Ländern der Welt.

Wahr ist aber auch: Die Republik hat wie andere Staaten Grenzen bei ihrer Aufnahmefähigkeit. Sie sind angesichts des Leistungsvermögens dieser Gesellschaft zwar noch nicht annähernd erreicht. Niemand sollte aber ignorieren, welche negativen Folgen eine ungesteuerte und nicht abgestimmte Flüchtlingspolitik auf die Lage der Städte und die Stimmung in der Bevölkerung haben kann. Hier kommt auch Europa ins Spiel. Das Flüchtlingsproblem ist ein europäisches Problem. Der gesamte Kontinent braucht deshalb ein humanes, gerechtes Flüchtlingskonzept, mit dem auch den Schleuserbanden entgegengewirkt werden kann. Sinnvoll ist, wenn für jedes Mitgliedsland – unter Bezug auf Faktoren wie Wirtschaftskraft, Einwohnerzahl oder Arbeitslosenquote – feste Quoten gelten. So will es jetzt die EU. Das durchzusetzen wird zwar „harte Arbeit“, wie Kanzlerin Merkel richtig sagt, ist aber angesichts der Dramen im Mittelmeer notwendig. Für Deutschland könnte das eventuell bedeuten, noch mehr Menschen helfen zu müssen als derzeit. Aber der Umgang mit dem zunehmenden Flüchtlingsstrom würde für alle in Europa planbarer werden. Und übrigens den Rechten hierzulande das Argument entreißen, Deutschland werde überfordert. Auch das wäre nicht das Schlechteste, so die Lausitzer Rundschau. +++ fuldainfo