DGB-Chef Hoffmann lobt Schulz-Vorstoß zu Arbeitslosengeld

Lindner: Schulz führt die SPD stramm nach links

Sozialleistung, Hartz

Berlin. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Reiner Hoffmann, hat die arbeitsmarktpolitischen Reformankündigungen des designierten SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz gelobt. „Der Ansatz, die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I zu verlängern, ist richtig“, sagte Hoffmann den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Die Schutzlücken müssen geschlossen werden“.

Hoffmann verwies darauf, dass Ältere immer noch schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt hätten. „Insbesondere sie müssen davor bewahrt werden, in Hartz IV zu rutschen“, sagte Hoffmann. Er lobte auch die Forderungen des designierten SPD-Kanzlerkandidaten zur Stärkung der betrieblichen Mitbestimmung. „Wenn Globalisierung und Digitalisierung auch die Arbeitswelt verändern, muss die Mitbestimmung entsprechend weiter entwickelt werden“, sagte der DGB-Chef. Dass Menschen, die einen Betriebsrat gründen wollten, nicht vor Kündigungen geschützt seien, müsse geändert werden: „Wer sich für andere Menschen einsetzen will, hat einen Anspruch auf Schutz.“ Das autorisierte Hoffmann-Zitat: „Martin Schulz hat zentrale Themen deutlich angesprochen – darunter die Forderungen, die die Gewerkschaften mit der Offensive Mitbestimmung stellen. Wenn Globalisierung und Digitalisierung auch die Arbeitswelt verändern, muss die Mitbestimmung entsprechend weiter entwickelt werden. Dass Menschen, die einen Betriebsrat gründen wollen, nicht vor Kündigungen geschützt sind, muss geändert werden: Wer sich für andere Menschen einsetzen will, hat einen Anspruch auf Schutz. Der Ansatz, die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I zu verlängern, ist richtig. Die Schutzlücken müssen geschlossen werden. Ältere haben noch immer schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Insbesondere sie müssen davor bewahrt werden, in Hartz IV zu rutschen.“

Arbeitgeber und Union warnen SPD vor „Rolle rückwärts“

Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) warnt die SPD davor, Teile der Agenda 2010 wieder zurückzudrehen. Gegenüber „Bild“ sagte BDA-Präsident Ingo Kramer: „Die Agenda 2010 hat nach Jahren hoher Arbeitslosigkeit Millionen Menschen Arbeit gesichert. Es wäre wirtschaftlich fahrlässig, das wieder zurückdrehen zu wollen.“ Zuvor hatte „Bild“ berichtet, SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz wolle die Bezugsdauer des Arbeitslosengelds wieder verlängern. Kritik kam auch aus der Union: Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) sagte der „Welt“: „Den Reformen des Arbeitsmarktes und der Sozialsysteme ist unter anderem zu verdanken, dass wir heute so gut dastehen und dass so viele Menschen einen Job haben wie nie zuvor“. Die Arbeitslosigkeit sei insgesamt halbiert worden. „Wir haben in Deutschland praktisch keine Jugendarbeitslosigkeit. Das ist soziale Politik!“ Diesen Erfolg gefährde Schulz, kritisierte Aigner. „Sein Vorhaben ist nicht sozial und nicht gerecht: Schulz riskiert, dass Menschen ihre Arbeit verlieren und Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig geschädigt wird.“ Carsten Linnemann, Vorsitzender der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung, kritisierte Schulz` Plan ebenfalls: „Die Agenda 2010 hat Deutschland vom kranken Mann Europas zur Wachstumslokomotive gemacht und dazu geführt, dass die Arbeitslosigkeit auf einem Tiefpunkt angelangt ist.“ Davon abzurücken, hieße, „an dem Ast zu sägen, auf dem wir sitzen“. Wer Einzelschicksale in den Mittelpunkt seiner Politik stellt, befeuere nicht nur Abstiegsängste, sondern gefährde alles, was in den letzten Jahren erreicht wurde, sagte Linnemann. „Denn irgendjemand wird für die neuen Wohltaten aufkommen müssen. Im Zweifel die hart arbeitende Bevölkerung, von der Herr Schulz immer so gern spricht.“

FDP-Chef Lindner: Schulz führt die SPD stramm nach links

FDP-Chef Christian Lindner hat die angekündigten Korrekturen des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz an der Agenda 2010 heftig kritisiert. „Martin Schulz marschiert stramm nach links. Mit der Agenda 2010 macht er jetzt den größten Reformerfolg sozialdemokratischer Politik der letzten Jahrzehnte kaputt“, sagte Lindner dem „Handelsblatt“. Dem deutschen Arbeitsmarkt gehe es, auch dank einiger Sondereffekte, gut. Wer jetzt meine, es stünde nun eine Ausweitung des Sozialstaats an, irre und gefährde das Fundament unserer guten Lage. „Worte wir Wettbewerbsfähigkeit, Lohnstückkosten und demographische Entwicklung hört man von Martin Schulz nicht. Der Kanzlerkandidat ohne Programm zeigt langsam sein wahres Gesicht als Sozialdemokrat aus dem letzten Jahrhundert“, sagte der FDP-Vorsitzende. Für Lindner ist in Zeiten von Globalisierung, demografischem Wandel und Digitalisierung eine Reformpolitik in Wahrheit notwendiger denn je. „Wer heute meint, nichts für unseren Wohlstand tun zu müssen, hat längst begonnen ihn zu verspielen“, sagte er. Deutschland brauche mehr Investitionen in Bildung und Weiterbildung, mehr Flexibilität am Arbeitsmarkt und bei den Arbeitszeiten und weniger Bürokratie. „Wir brauchen eine Debatte darüber, was unser Land für die Zukunft stark macht – und nicht eine weitere Rolle rückwärts, wie sie die SPD bei der Rente mit 63 schon vollzogen hat“, so Lindner.

Kipping: Schulz schlägt nur „kosmetische Korrekturen“ der Agenda 2010 vor

Linken-Chefin Katja Kipping hat die Ankündigung von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz, Teile der Agenda 2010 korrigieren zu wollen, kritisiert. „Martin Schulz schlägt lediglich kosmetische Korrekturen der unsozialen Agenda 2010 vor“, sagte Kipping der „Welt“. „Die Verlängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes ist noch keine Überwindung von Hartz IV. Diese beginnt mit der Abschaffung des Sanktionsregimes und der Einführung einer sanktionsfreien Mindestsicherung in Höhe von 1.050 Euro.“ Schulz hat unter anderem angeregt, die Bezugsdauer von Arbeitslosengeld I zu verlängern. Außerdem sollten Befristungen im Job künftig nur noch bei sachlichen Gründen möglich sein und der Kündigungsschutz für Beschäftigte, die Betriebsratswahlen organisieren, solle ausgebaut werden. +++