Der erste deutsche Patient mit dem neuartigen Coronavirus 2019-nCoV hat sich vor seiner Erkrankung selbst nicht in China aufgehalten. Stattdessen habe er sich offenbar bei einem chinesischen Gast seiner Firma im Landkreis Starnberg angesteckt, teilten die Behörden am Dienstagvormittag in München mit. Bei dem Patienten handelt es sich demnach um einen 33 Jahre alten Mann. Er hatte am vergangenen Dienstag an einer Schulung in seiner Firma teilgenommen, bei der auch eine aus Shanghai stammende Chinesin anwesend war. Diese hatte kurz vor ihrer Reise nach Deutschland Besuch aus der Region Wuhan gehabt. Der deutsche Patient soll nach dem Auftreten von Symptomen dennoch am Montag zur Arbeit erschienen sein.
Die aktuelle Coronavirus-Epidemie hatte ihren Anfang in der chinesischen Millionenstadt Wuhan, der Hauptstadt der Provinz Hubei, genommen. Die Zahl der Todesfälle durch das neue Virus stieg in der Volksrepublik auch zu Wochenbeginn weiter an. Bis Montagabend seien 106 Menschen dem Virus zum Opfer gefallen, teilten die chinesischen Behörden am Dienstag mit. Die Zahl der Infizierten betrage nun 4.515. Auch in der restlichen Welt breitete sich die Krankheit weiter aus. In Frankreich, Singapur, Vietnam, Südkorea, Thailand, Taiwan, Japan, Nepal, Malaysia, Australien, Kambodscha, Sri Lanka und den USA wurden bereits Infizierte festgestellt.
Patient hatte Kontakt mit 40 Personen
Der erste deutsche Coronavirus-Patient hatte in den letzten Tagen Kontakt mit rund 40 Personen. Das teilte das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) am Dienstag mit. Der Mann wohne im Landkreis Landsberg und arbeite im Landkreis Starnberg, sagte Andreas Zapf, Präsident des Landesamtes vor Journalisten. Da der Patient wohl mindestens ein Kind in einem Kindergarten habe, sei auch dieser in die aktuellen Maßnahmen einbezogen, deutete er an. Eine Schließung von Einrichtungen stehe aber derzeit "nicht zur Debatte". Der Automobilzulieferer Webasto bestätigte unterdessen, dass der am Coronavirus Erkrankte ein Mitarbeiter der Unternehmenszentrale in Stockdorf sei. Offenbar hatte sich der Mann bei einer Schulung in einer Kleingruppe bei einer Frau angesteckt, die von Sonntag bis Donnerstag letzter Woche in Deutschland war. Der Kontakt sei "schon enger" gewesen, hieß es. Die Frau habe erst auf dem Rückflug erste Symptome bemerkt und sei später dann positiv auf das Virus getestet worden. "Den beiden Kollegen geht es den Umständen entsprechend gut. Sie sind beide stationär in ärztlicher Behandlung. Wir sind mit ihnen in Kontakt", sagte Webasto-Chef Holger Engelmann am Dienstag. Der Automobilzulieferer hat seinen Mitarbeitern alle Reisen nach und von China für mindestens die kommenden zwei Wochen abgesagt. Die Mitarbeiter am Standort Stockdorf können diese Woche "im Homeoffice" arbeiten, so Webasto. Das Unternehmen gehört zu den weltweit 100 größten Zulieferern der Automobilindustrie. Die Gruppe hat 2018 einen Umsatz von 3,4 Milliarden Euro erwirtschaftet und beschäftigt mehr als 13.000 Mitarbeiter an 50 Standorten rund um den Globus.
Bericht: Bundeswehr-Maschine soll Deutsche aus China holen
Angesichts der anhaltenden Ausbreitung des Coronavirus hat die Bundesregierung offenbar entschieden, eine A310-Maschine des Bundeswehr nach China zu senden, um deutsche Staatsbürger aus den Gefahren-Zonen auszufliegen. Die Maschine soll im Laufe des Dienstags von Köln nach Shanghai fliegen, berichtet die "Bild" unter Berufung auf eigene Informationen. Dort soll sie demnach spätestens am Mittwoch eintreffen. Geplant sei, dass das Flugzeug in der PAX-Version eingesetzt werde. Dabei handelt es sich um eine reine Passagiermaschine, ohne darin integrierte Intensiv-Betten. Mittels medizinischer Schnelltests vor Ort soll sichergestellt werden, dass kein Träger des Coronavirus an Bord der Maschine gehen wird. Das Coronavirus war in der chinesischen Provinz Wuhan erstmals aufgetreten. Die Millionenstadt wurde von den chinesischen Behörden abgeriegelt, in anderen Städten in der Provinz Hubei wird ähnlich verfahren.
SPD-Gesundheitsexperte fürchtet Pflege-Engpass
Nach der ersten Infektion eines Deutschen mit dem neuartigen Coronavirus warnt der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach vor einem Pflege-Engpass. Wenn massenhaft Fälle hinzukämen, "würden wir das Problem bekommen, dass wir viel zu wenige Pflegekräfte haben", sagte Lauterbach den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Von einer solchen Situation sei man aktuell aber noch "sehr weit entfernt." Der SPD-Politiker lobte, dass Deutschland aus der SARS-Epedemie Anfang der 2000er-Jahre "sehr viel gelernt" habe. "Die Abstimmung zwischen den Landesgesundheitsämtern, Bundesgesundheitsministerium und Robert-Koch-Institut ist deutlich verbessert worden", sagte Lauterbach. Allerdings sei er überzeugt, dass es nicht bei dem einen Fall in Deutschland bleiben werde. "Die Gefahr für die Mehrheit der Bevölkerung ist zum Glück sehr überschaubar. Das kann sich noch ändern, aber es ist keine Panik angesagt", so der SPD-Gesundheitspolitiker weiter. Vom Erw erb eines Mundschutzes riet er ab: Dies mache "schlicht keinen Sinn", so Lauterbach. Zudem kritisierte er Chinas Umgang mit dem Virus. Die Massenabsperrung ganzer Städte sei "medizinisch nicht wirklich sinnvoll", so der SPD-Politiker. In Deutschland "würden wir das nicht machen", sagte Lauterbach den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. +++

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