Deutsche Bank befürchtet Rezession wegen US-Zöllen

Nicht sofort mit Gegenmaßnahmen um sich werfen

Christian Sewing, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank, sieht angesichts der US-Zölle erhebliche Belastungen auf die Weltwirtschaft zukommen. Eine Rezession in Deutschland hält er nun für wahrscheinlicher.

"Die angekündigten Zölle fallen insgesamt erheblich schärfer aus, als die Märkte das erwartet hatten", sagte Sewing der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Der durchschnittliche Zollsatz der Vereinigten Staaten steigt damit nach Berechnung unserer Volkswirte auf 28 Prozent, das ist ein Niveau, wie wir es etwa um das Jahr 1900 gesehen haben."

Wenn es dabei bleibe, werde das die Handelsströme und die Wirtschaftsentwicklung erst einmal erheblich belasten, so Sewig. "Nicht zuletzt in den USA selbst, wo eine Rezession in diesem Jahr nun wahrscheinlicher geworden ist. Dasselbe gilt allerdings auch für Deutschland."

Der Deutsche-Bank-Chef empfahl, nicht sofort mit Gegenmaßnahmen um sich zu werfen. "Es gilt, erst einmal Emotionen herauszunehmen und sich zu fragen: Welche Optionen haben wir? Unser Ziel in Europa muss es sein, in Verhandlungen zu kommen - das hat die EU-Kommission immer wieder deutlich gemacht, und die US-Regierung hat diese Tür nach meinem Verständnis ja noch offen gelassen", sagte er. "Wir sollten auf jeden Fall weiter im Gespräch bleiben, auch wenn wir uns darauf einstellen müssen, dass das transatlantische Verhältnis konfrontativer wird, als wir das bisher kannten."

Von der künftigen Bundesregierung erwartet er "strukturelle Reformen". "Wir müssen es zum Beispiel schaffen, dass sich Arbeit in Deutschland wieder lohnt, wir bei den Energiepreisen wettbewerbsfähig sind und die Unternehmenssteuern reformiert werden. Derzeit gehören wir zu den OECD-Ländern mit den höchsten Steuern für Unternehmen", sagte Sewing.

Der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Bank bekräftigte seinen Willen, das Kreditinstitut zur führenden Bank in Europa zu machen. "Deutschland ist nun mal die größte Volkswirtschaft in Europa, dann ist unser Anspruch auch, die führende Bank in Europa zu sein", sagte er. "Wir wissen, dass wir das nicht sofort erreichen können, aber in der Zukunft schon." +++

Kommentar dazu: Protektionismus: Ein Eigentor für die USA?
Die Ankündigung protektionistischer Maßnahmen durch die USA könnte weitreichende Konsequenzen haben – für die Weltwirtschaft, aber vor allem für die USA selbst. Während kurzfristig der heimische Markt geschützt werden soll, zeigen historische Beispiele, dass sich Protektionismus oft als Bumerang erweist.

Die USA riskieren, ihre Rolle als zentraler Wirtschaftsakteur zu schwächen. Andere Länder könnten sich stärker untereinander vernetzen, eigene Handelsabkommen schließen und neue Märkte erschließen. Der globale Handel würde sich neu strukturieren – möglicherweise mit langfristigen Nachteilen für die USA. Besonders problematisch ist die drohende Schwächung des US-Dollars als Leitwährung, wenn vermehrt in Euro oder Yuan gehandelt wird.

Unternehmen könnten sich zudem nach alternativen Produktionsstandorten umsehen. Länder mit attraktiven wirtschaftlichen Bedingungen – etwa Indien oder Vietnam – könnten davon profitieren. Auch technologisch könnten andere Regionen aufholen, wenn die USA Innovationen durch Exportbeschränkungen selbst einschränken.

Für die amerikanischen Verbraucher dürften höhere Preise eine spürbare Folge sein. Steigende Importzölle würden Waren verteuern und die Inflation antreiben. Gleichzeitig könnten US-Unternehmen, die auf internationale Lieferketten angewiesen sind, durch höhere Produktionskosten unter Druck geraten.

Letztlich stehen die USA vor einem wirtschaftlichen Dilemma: Während sie versuchen, den eigenen Markt zu schützen, könnten sie sich global isolieren und wirtschaftlich an Bedeutung verlieren. Die Weltwirtschaft wird sich anpassen – ob mit oder ohne die USA. +++ norbert hettler


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