Der RAF-Terror – mehr Fragen als Antworten

Der Terror der Roten Armee Fraktion und seine Folgen standen im Blickpunkt des Vortragabends auf Point Alpha. Foto: privat

Das Leben im Untergrund gilt als spektakulär, geradezu filmreif. Doch die Realität ist eine andere. Den brutalen und blutigen Terror der Roten Armee Fraktion (RAF) und dessen Folgen nahm der Historiker Robert Wolff bei seinem informativen Vortrag in der Gedenkstätte Point Alpha in den Fokus. Die Geschehnisse von der „Mai-Offensive“ bis zum „Deutschen Herbst“ waren für (West-)Deutschland eine harte Belastungsprobe. Noch heute treibt das Thema die Menschen um, Prozesse laufen und es gibt immer noch mehr Fragen als Antworten. Zu Beginn der Veranstaltung hatte Benedikt Stock, Geschäftsführender Vorstand der Point Alpha Stiftung, das Publikum und den Referenten begrüßt und der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung (HLZ) für die Kooperation gedankt.

Die RAF teilte sich in drei „Generationen“ auf, wobei die „erste Generation“ 1970 mit der Befreiung von Andreas Baader begann, während die „zweite Generation“ vor allem die Freipressung von später inhaftierten Gründungsmitgliedern zum Ziel hatte und die „dritte Generation“ sich schließlich auf gezielte Morde an Repräsentanten aus Wirtschaft und Politik konzentrierte. Die Aufarbeitung der Taten ist nicht abgeschlossen. Die Aufklärungsquote ist gering. Die Täter sind häufig unbekannt oder flüchtig. Mehrere Mitglieder der RAF tauchten in den 1980er Jahren in der DDR unter. „Ziel der Gruppe war es, die politische und soziale Grundordnung zu verändern, die ganze Welt in eine revolutionäre Phase zu führen, allerdings ohne selbst genau einschätzen zu können, was in dem Prozess passiert oder am Ende stehen soll“, erklärte Wolff den Zuhörern im Haus auf der Grenze. Dabei nahm er auch die Entstehung, die Motivation, die Verknüpfung mit anderen extremistischen Zellen im In- und Ausland sowie die Rolle des Verfassungsschutzes in den Blick.

Bereits vor 27 Jahren löste sich die RAF auf, dennoch feierten Behörden die Verhaftung von Ex-Mitglied Daniela Klette in 2024 als großen Erfolg. „Gefühlt 50 Anfragen für Interviews innerhalb von drei Tagen hatte ich in diesem Moment“, erzählt der Referent. Ein Podcast seines Arbeitgebers, der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung, zur „RAF in Hessen“ habe die Schallmauer von 100.000 Hörern durchbrochen, die Medien produzieren Schlagzeilen und er selbst berate das ZDF, das derzeit eine sechsteilige Dokumentation „50 Jahre Deutscher Herbst“ vorbereite. „Wenn was über die RAF auf den Markt kommt, wird das ein Schlager. Das Thema brennt.“

Zahlreiche Romane und insbesondere Filme wie „Der Baader Meinhof Komplex“

beschäftigen sich breitenwirksam mit dem Thema. Aber welches Bild einer vermeintlichen Wirklichkeit zeichnen diese Medien über die RAF? Um ihren Terror zu legitimieren, verbreiteten ihre Mitglieder Mythen von Isolationsfolter, bewaffneten Kampf und staatlichem Mord im Kampf gegen Imperialismus und Kapitalismus. „Nein, das sind keine Heldengeschichten oder coole Typen, wie es die Bilder suggerieren. Das sind mehrfache Mörder“, bringt es der Referent auf den Punkt und warnt vor einer Verklärung.

35 Menschen wurden getötet und viele weitere wurden verletzt. „Mehr als die Täter müssen die Opfer in den Mittelpunkt gerückt werden“, sagt Wolff und fordert für alle Geschädigten politischer Gewalt einen zentralen Ort zum Gedenken und für politische Bildung sowie in diesem Zusammenhang die Freigabe noch verschlossener Akten. „Hinterbliebene, Polizisten oder Rettungssanitäter – die Geschädigten aller politischer Gewalttaten leiden bis heute unter den Folgen von Attentaten. Und auch entsprechende Entschädigung sieht er als Problem in Deutschland an. Viele Orte in Hessen sind eng mit der Geschichte des Terrorismus verbunden, ohne dass dies heute sichtbar ist. „Die Forschung steht nicht am Anfang, aber es gibt noch viel zu tun, um Aufklärung zu leisten für das kollektive Gedächtnis. Vielleicht werden die Opfer vernachlässigt, weil sie immer wieder deutlich machen, dass die Demokratie verletzbar ist.“ +++ pm


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