Der „Essbare Garten“ des Vereins „Tann Aktiv“ basiert auf Prinzip der Permakultur

Lehm stampfen und Äpfel mampfen

Stockbrot am Lagerfeuer: Im Essbaren Garten entsteht zudem ein kleines Fachwerkhaus. Foto: Sandra Limpert

Über dem Lagerfeuer karamellisierte Marshmallows und duftendes Stockbrot – was es in den Ferien im „Essbaren Garten“ in Tann zu naschen gab, hätte man dort nicht unbedingt erwartet. Aber bei dem Projekt des Vereins „Tann Aktiv“ geht es nicht in erster Linie um Obst- oder Gemüseanbau, sondern um das Miteinander von Pflanzen, Tieren und Menschen. „Wer ein Beet anlegen möchte, kann dies gerne tun“, erläutert Jasmin Hartwig vom Vorstand des Vereins, die für das Gartenprojekt zuständig ist. „Allerdings muss er damit rechnen, dass er seine Ernte nicht allein genießt. Aber dafür hat er hoffentlich Hilfe beim Gießen und Unkraut jäten.“

Im Garten wird Integration großgeschrieben. Nicht nur, dass „Unkräuter“ wie Brennnessel oder Giersch als essbare Kräuter stehenbleiben und für Insekten ein „Hotel“ gebaut wurde, sondern auch alle Menschen – egal ob Jung oder Alt, Einheimische, Zugezogene oder Geflüchtete, mit oder ohne Behinderung, Gärtner oder Genießer – sind willkommen. Besonders verlockend ist ein Besuch, wenn die Früchte der acht Obstbäume und der Beerensträucher reif sind. Das etwa 700 Quadratmeter große Grundstück, das der Verein für zehn Jahre kostenfrei von der Stadt Tann gepachtet hat, liegt zwischen dem Kindergarten am Kalkofen und Seniorenwohnungen in der Annastraße. Von beiden Seiten gelangt man hinein, doch der Haupteingang befindet sich auf der Wiese zwischen den beiden Straßen, dem „Schneckenweg“. „Der Zugang wird barrierefrei gestaltet. Auch die geplante Toilette soll mit Rollstuhl oder Rollator zugänglich sein“, führt Hartwig aus. Acht „Tann Aktiv“-Mitglieder gehören zur „Rhön-Gardening“-Gruppe, die sich neben dem Essbaren Garten auch um die Pflege des Gartens im Museumsdorf kümmert. Die Initiative, den essbaren Garten permakulturell zu gestalten, geht auf Vorstandsmitglied Detlef Schömig und seine Frau Jane zurück. Die beiden sind vor sieben Jahren aus Schwaben in die Rhön gezogen, wo sie in Sinswinden ein denkmalgeschütztes Anwesen erworben haben, das sie nach und nach restaurieren und mit einem Permakultur-Waldgarten umgeben.

Permakulturell gestaltete Lebensräume sind Systeme, in denen Menschen, Tiere und Pflanzen so zusammenleben, dass die Systeme zeitlich unbegrenzt funktionieren. „Das geht, indem man die Natur beobachtet und dann mit ihr und nicht gegen sie arbeitet“, erklärt Schömeg. Auch ethische Leitlinien, wie das für alle Menschen angestrebte Recht auf Zugang zu den Lebensgrundlagen, gehören zur Idee. Die neuen Obstbäume und Büsche integrieren sich in die verschiedenen Schichten des Gartens, wo bereits hohe Laubbäume und Haselnusssträucher standen. Bei der Neubepflanzung wurden die Hobbygärtner von Janet Emig vom Verein „Natur und Lebensraum Rhön“ beraten. Das Gras wird nur ein- bis zweimal im Jahr mit Sensen gemäht, damit Insekten und Schmetterlinge Nahrung finden. Zudem ist in diesem Frühjahr das Holzgerüst für ein kleines Fachwerkhaus zur Unterbringung der Gartengeräte aufgestellt worden. Solche Investitionen sind dank der Deutschen Postcode Lotterie möglich: Mit 20.000 Euro unterstützte diese das Projekt im vergangenen und mit 30.000 Euro in diesem Jahr. Ein wesentliches Anliegen von „Tann Aktiv“ ist die Vernetzung Tanner Vereine und sozialer Gruppen. So wurde eine Dachbegrünung des Gartenhäuschens in Kooperation mit dem AWO-Familienzentrum Tann als Ferienaktion durchgeführt. Auch zu dem Lagerfeuerabend hatte die AWO eingeladen. Im Herbst wird das Gartenhaus ausgefacht. Die Säcke mit Lehmbrocken aus einem Güntherser Abrisshaus stehen längst bereit. Wer Interesse hat, unter fachmännischer Anleitung Lehm zu stampfen und zu verarbeiten, ist willkommen. Moro, ein 20-jähriger Flüchtling aus Gambia, möchte – wie schon beim Bau des Gartenzauns – ebenfalls wieder mit anpacken. „Es ist richtig schön, den Garten so belebt zu sehen“, freute sich Jasmin Hartwig während des Lagerfeuerabends. Sie wünscht sich weitere Veranstaltungen dort, beispielsweise Lesungen oder kleine Konzerte. +++