Debatte um Erbschaften in neuem Licht

Neue DIW-Studie

Berlin. Etwa 40 Prozent der Deutschen haben praktisch kein Vermögen – sie vererben also nichts. Aber sie zahlen, sofern sie arbeiten, laufend Steuern und tragen so dazu bei, die Gesellschaft am Laufen zu halten. Pro Jahr erben hingegen rund 1200 Deutsche fünf Millionen Euro oder mehr. Leistungslos, nur, weil sie Kinder reicher Eltern sind. Dafür zahlen viele von ihnen, so wie das Erbschaftsrecht heute gestrickt ist, nichts oder nur sehr wenig an den Fiskus. Sofern das Erbe aus Betrieben besteht, die fortgeführt werden, kann man das sogar noch verstehen.

Doch selbst dann ist der neue Firmenbesitzer oft sofort so reich, dass es angemessen wäre, wenn er etwas von seinem privaten „Lottogewinn“ abgeben würde. Jedenfalls müsste man das genau prüfen. Erst recht gilt das, wenn es sich um nichtproduktives Vermögen handelt, das trickreich in Firmen versteckt wird. 2016 hatte das Bundesverfassungsgericht hier schon eine Reform erzwungen, denn die Ungleichbehandlung war allzu offensichtlich. Doch die Neuregelung enthält noch immer so viele Ausweichmöglichkeiten, dass von einer echten Verbesserung nicht die Rede sein kann. Die Union hat in ihrem Wahlprogramm nun über diese Gruppe der reichen Erben trotzdem einen großen Schutzschirm gelegt: Keine Erhöhung der Erbschaftsteuer, lautet ihre generelle Position. Die SPD will ihn für die Superreichen hingegen lockern. Zu Recht. Die aktuelle Studie des Berliner DIW wirft ein neues Licht auf diese Wahlkampffrage. Denn sie besagt, dass Erbschaften künftig noch viel größer sein werden als bisher angenommen. 400 Milliarden Euro statt 300 Milliarden jährlich. Wenn es aber dabei bleibt, dass weiterhin nur 5,5 Milliarden Euro jährlich beim Finanzamt landen – das ist eine Steuerbelastung von gerade mal 1,375 Prozent – wird dieser Umstand die Ungleichheit in Deutschland drastisch verstärken.

Dann werden immer mehr Leute schon reich sein, kaum dass sie geboren sind. Ohne jede Leistung. Und das in einer Gesellschaft, die Leistung von jedem einfordert. Die Toten sollen es den Lebenden geben. Wohl wahr. Aber nicht nur ihren eigenen Kindern, sondern auch der Zukunft des Landes, in dem sie reich geworden sind. Für die Bildung zum Beispiel. Eine Reform ist bei den sehr hohen Erbschaften notwendig. Bei normalen Vermögen, dem berühmten Häuschen für die eigenen Kinder, sind die derzeitigen Freibeträge hingegen angemessen und sollten nicht verändert werden. Freilich könnte man bei der Gelegenheit darüber nachdenken, nichteheliche Partner eines Verstorbenen besserzustellen. Derzeit werden sie bei Erbschaft und Schenkung wie Familienfremde behandelt und haben nur sehr geringe Freibeträge. Auch das ist ungerecht, so die Lausitzer Rundschau. +++