Debatte um Billigfleisch und Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie

SPD-Agrarpolitiker für Anhebung von Hartz IV und Mindestlohn

Um Billigfleisch und Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie ist eine sozialpolitische Debatte entbrannt. „Wenn uns diese Pandemie etwas deutlich gemacht hat, dann dass wir die Grenzen eines unverschämten und ungezügelten Marktes mindestens in der Ernährungswirtschaft längst überschritten haben“, sagte der agrarpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Rainer Spiering, der „Welt“. Er plädiere deshalb „für eine angemessene Anpassung der Hartz-IV-Sätze, für einen konsequenten Ausstieg aus dem Niedriglohnsektor mit einem angemessenen Mindestlohn von rund 14,50 Euro und für die Schaffung mehr sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze“.

Diese Maßnahmen würden für mehr Kaufkraft und eine Stärkung des Sozial- und Gesundheitssystems sorgen, so der SPD-Politiker weiter. Bei der Debatte über Standards im Tier- und Arbeitsschutz müsse berücksichtigt werden, „wer sich Fleisch dann noch wird leisten können und wo die Haltung und Schlachtung dann noch stattfinden kann“, sagte Pascal Kober, sozialpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. Gekniffen würden nicht die Wähler der Grünen, „sondern die, die knapp oberhalb der Grundsicherung verdienen“, so der FDP-Politiker weiter. Grünen-Chef Robert Habeck hatte zuvor einen Mindestpreis für tierische Produkte gefordert. „Ich will keine soziale Spaltung über das Schnitzel“, kommentierte dies Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Linken-Bundestagsfraktion. Darauf reagierte nun der sozialpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion Sven Lehmann. „Wer Billig-Fleisch jetzt allen Ernstes zu der sozialen Frage macht, der will in Wahrheit schlicht an der Massentierhaltung festhalten“, sagte Lehmann der „Welt“. Ein Ende der Ausbeutung von Tieren, angemessene Preise für Lebensmittel und konkrete Politik gegen Armut müssten zusammengehen, so der Grünen-Politiker weiter.

Der CDU-Sozialpolitiker Peter Weiß antwortete auf die Frage nach sozialpolitischen Konsequenzen bei höheren Fleischpreisen, etwa für Hartz-IV-Bezieher und Geringverdiener: „Von allen Ernährungswissenschaftlern wird uns Deutschen gesagt, dass etwas weniger Fleischkonsum insgesamt gesünder wäre. Jeder ist frei, was er isst. Aber den Ratschlägen für gesunde Ernährung zu folgen, ist nicht falsch.“ Die AfD wies die Forderung nach Mindestpreisen zurück. „Ein Preisdiktat beim Fleisch ist abzulehnen“, sagte René Springer, sozialpolitischer Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion. In der Coronakrise sei es vordringlich, dass die Unterbringung von Arbeitskräften in Massenunterkünften beendet wird und den Arbeitskräften „endlich bessere Löhne“ gezahlt werden, sagte Linken-Chefin Katja Kipping der „Welt“. Höhere Fleischpreise alleine garantierten nicht, „dass davon etwas bei den Arbeitskräften und den Tieren ankommt.“ +++