Dagdelen: Ende der „Willkürherrschaft“ in Türkei nicht zu erwarten

Amnesty: Türkei muss Menschenrechten wieder Geltung verschaffen

Türkei

Berlin. Linksfraktionsvize Sevim Dagdelen sieht durch das Ende des Ausnahmezustands in der Türkei keinerlei Fortschritt. „Ein Ende der Willkürherrschaft in der Türkei ist nicht zu erwarten. Der Ausnahmezustand ist ab jetzt Normalzustand. Nichts wird besser, vieles schlechter“, sagte Dagdelen der „Rheinischen Post“. Sie warnte, die Bundesregierung dürfe nicht „dem Umbau der Türkei zum islamistischen Unterdrückungsstaat“ mit Normalisierung oder gar Intensivierung der Beziehungen begegnen.

Staatspräsident Erdogan könne weiter per Dekret herrschen, die Notstandsdekrete der vergangenen zwei Jahre blieben in Kraft. „Schon jetzt sehen neue Gesetzesvorschläge weitere Einschränkungen von Grundrechten auf Jahre vor“, kritisierte Dagdelen. Für die inhaftierten Journalisten, Abgeordneten und Oppositionellen bleibe alles beim Alten. „Es steht zu erwarten, dass auch weiterhin jedes Jahr Tausende türkische Staatsbürger nach Deutschland flüchten werden“, sagte die Linken-Politikerin. „Notwendig ist ein Stopp der Rüstungsexporte an Erdogan und ein Ende der Finanz- und Wirtschaftshilfen. Die Verhandlungen über einen EU-Beitritt müssen offiziell ausgesetzt werden.“

Amnesty: Türkei muss Menschenrechten wieder Geltung verschaffen

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat die türkische Regierung aufgefordert, Menschenrechten nach dem Ende des Ausnahmezustands wieder Geltung zu verschaffen. Das Ende des Ausnahmezustands sei ein „Schritt in die richtige Richtung“, müsse aber durch dringend notwendige Maßnahmen begleitet werden, sagte Amnesty-Vize-Europa-Direktor Fotis Filippou. Ansonsten bleibe es „eine kosmetische Geste“. Während des Ausnahmezustandes seien die Regierungsmacht konsolidiert, kritische Stimmen zum Verstummen gebracht und Grundrechte beschnitten worden. Viele der in den vergangenen zwei Jahren eingeführten Maßnahmen blieben auch nach dem Ende des Ausnahmezustands bestehen, warnte Filippou. Der Ausnahmezustand in der Türkei war in der Nacht zum Donnerstag ausgelaufen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte ihn nach dem Putschversuch im Juli 2016 ausgerufen. Anschließend war er immer wieder verlängert worden. Während des Ausnahmezustands wurden mehrere Grundrechte eingeschränkt. Zahlreiche Menschen wurden verhaftet oder aus dem Staatsdienst entlassen. +++