Chanukka-Feier in der Jüdischen Gemeinde

Wir feiern das Licht!

In diesem Jahr fallen das jüdische Lichterfest Chanukka und das christliche Weihnachten zusammen, was äußerst selten vorkommt. In den letzten 100 Jahren kam das Ereignis nur vier Mal vor, und erst im Jahr 2035 wird es wieder so weit sein. Chanukka 2024 beginnt nach dem jüdischen Kalender am Vorabend des 25. Kislev. Für das Jahr 2024 bedeutet das, dass es am Abend des 25. Dezember beginnt und am 02. Januar endet. Aus diesem Grund hatte die Jüdische Gemeinde beschlossen, die traditionelle Einladung zum Lichterfest nicht mit dem Entzünden der ersten, sondern der fünften Kerze zu feiern, um so nah wie möglich an der Mitte des Festes zu sein und die tiefe Verbindung und Gemeinschaft stärker zu erleben.

Trotz der Kälte waren viele Mitglieder und Freunde der Gemeinde zusammengekommen. Sie wollten gemeinsam das Licht, die Hoffnung und die Freude feiern, die Chanukka symbolisiert. Roman Melamed, der angesehene Vorbeter der Jüdischen Gemeinde, überblickte kurz die historischen Hintergründe des Festes: Im Jahr 167 v. Chr. war es den Juden unter der charismatischen Führung von Judas Makkabäus gelungen, die drückende griechische Fremdherrschaft abzuschütteln. Diese heldenhafte Leistung führte zur Errichtung eines unabhängigen jüdischen Staates und erlaubte die feierliche Wiedereinweihung des heiligen Tempels. Dieser Triumph der Unterdrückten über ihre mächtigen Besatzer verlieh dem Fest seine spezielle Bedeutung. Und genau das heißt Chanukka: Fest der Tempelweihe. Der Begriff „Chanukka“ kommt aus dem Hebräischen und bedeutet „Einweihung“. „Die Juden waren eigentlich das unterlegene Heer, aber sie haben den Sieg davongetragen“, erklärte Melamed mit Stolz. Vielleicht war die Freude auch deshalb besonders groß und tief empfunden. Beim Entzünden der Kerzen an der Chanukkia – das ist ein spezieller neunzehnarmiger Leuchter, der an Chanukka verwendet wird – rezitierte Roman Melamed die traditionellen Segenssprüche. Diese Segenssprüche rufen Dankbarkeit und Freude über das Wunder von Chanukka hervor. Gemeinsam stimmten alle Teilnehmer das Lied „Hava narima“ an, dessen Melodie aus Händels Oratorium „Judas Maccabäus“ stammt. Das Lied „See, the con’quering hero comes“ entwickelte sich mit dem 1820 von Friedrich Heinrich Ranke geschriebenen Text „Tochter Zion, freue Dich“ schnell zu einem beliebten Weihnachts- und Klassik-Hit, ist jedoch ursprünglich auch ein Chanukka-Lied. Der Einfluss der Musik zeigt, wie Kulturen sich über Jahrhunderte beeinflussen und bereichern können.

Um der Kälte zu trotzen, bot die Gemeinde heißen, aromatisch gewürzten Wein und schmackhaften Saft an. Dazu genossen die Teilnehmer die köstlichen Sufganiot, das sind traditionell in Öl gebackene Kräppel, die insbesondere in der jüdischen Küche bekannt sind. Dieser Brauch hat eine tiefe symbolische Bedeutung. Warum Öl? Nach der erfolgreichen Rückeroberung sollte zur feierlichen Einweihung des Tempels die Menora entzündet werden. Eine Menora ist ein neunarmiger Kerzenständer, der im Judentum eine wichtige Rolle spielt. Es fand sich jedoch nur noch ein Krug mit koscherem Öl. Koscher bedeutet, dass ein Essen oder ein Gegenstand rituell rein und für den Gebrauch geeignet ist. Das wenige Öl reichte eigentlich nur für einen Tag. Doch das Wunder von Chanukka war, dass dieses Öl auf wundersame Weise für acht Tage reichte. So lange, bis man wieder neues, reines koscheres Öl hatte herstellen können. Deshalb spielt in Öl Gebackenes an Chanukka eine große Rolle und erinnert an das göttliche Wunder.

Vielleicht war nicht allen klar, warum auch Geld in Form von Schokolade verteilt wurde. Es ist ein guter Brauch, dass Kinder an Chanukka Münzen erhalten, das sogenannte „Chanukka-Gelt“. Das Wort „Gelt“ stammt aus dem Jiddischen und bedeutet Geld. Woher genau der Brauch stammt, ist bis heute unklar. Im 17. Jahrhundert begannen Eltern, ihren Kindern Münzen zu geben. Diese sollten sie an ihre Lehrer verteilen, um Dankbarkeit und Anerkennung zu zeigen. In den 1920er Jahren entwickelte sich die Tradition der Schokoladen-Chanukka-Münzen als schmackhafte und freudvolle Alternative. Warum Geld schenken? Einerseits sollen Kinder früh lernen, Wohltätigkeit auszuüben und ein Gefühl für Altruismus entwickeln. Andererseits soll Geld Kindern auch ein Gefühl von Unabhängigkeit und Selbstbestimmung geben. Und – wie Roman Melamed zu Beginn der Feier betonte – feiert man an Chanukka, dass die Juden sich erfolgreich von einem unterdrückenden Regime befreiten und ihre Freiheit zurückerlangten, was auch ein Zeichen von Stärke und Überlebenswillen ist.

Die kleine, aber bedeutungsvolle Feier im Hof der Jüdischen Gemeinde fand ihren Abschluss mit guten Gesprächen in freudiger Atmosphäre, herzlichen Umarmungen und Segenswünschen für ein neues Jahr voller Hoffnung und Frieden. Die Gäste dankten mit „Toda raba“, was auf Hebräisch „Vielen Dank“ bedeutet, all jenen, die diese festliche Feier voller Liebe und Gemeinschaft ermöglicht hatten. Die Feier zeigte, wie wichtig Zusammenhalt und Verständnis in der heutigen Welt sind. +++ pm/jh

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