CDU-Wirtschaftsrat: Europawahl sollte CDU zum Denken anregen

Bouffier nicht unser Anspruch

Mit deutlicher Kritik an der Union reagiert der CDU-Wirtschaftsrat auf die Ergebnisse des Wahlsonntags. „Die Große Koalition hat bei dieser Wahl nach der Bundestagswahl den zweiten Denkzettel erhalten. Erstmals können Union und SPD bei einer bundesweiten Wahl nicht mal mehr die Hälfte der Wähler gewinnen. Das muss auch der CDU sehr zu denken geben. Man wird die Legislaturperiode nicht einfach mit diesem Trott weiterlaufen lassen können“, sagte Wolfgang Steiger, Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrates, der „Bild“.

Schuld daran sei auch die profillose Wahlkampf-Kampagne, so Steiger: „Im Wahlkampf wurde nicht deutlich genug: Immer größere Transferleistungen in Europa und keinerlei Sinn für Wachstum und Innovation, durch allein die Krise in vielen Mitgliedstaaten überhaupt bewältigt werden kann. Das wurde leider von der CDU zu wenig herausgearbeitet. Insofern muss die CDU endlich wieder beginnen, inhaltliche Wahlkämpfe zu führen. Dann kann sie auch einem Blogger wieder substantieller antworten, was dringend nötig gewesen wäre.“ Gleichzeitig ging Steiger auch mit dem Koalitionspartner SPD hart ins Gericht. „Die teuren Versprechen und immer neue Geschenke auf Kosten der jungen Generation haben der SPD nicht nur nicht genützt, sondern sie auch Seriosität und Glaubwürdigkeit gekostet. Wenn Sozialdemokraten laufend links abbiegen, verlieren sie die Mitte. Die Enteignungsphantasien eines Kevin Kühnert haben zudem noch Wähler der Mitte vertrieben.“

Bouffier nicht unser Anspruch

Nach Einschätzung von CDU-Bundesvize und Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier hat die entscheidende Rolle bei der Europawahl das Thema Klimaschutz hat gespielt. „Das ist ein Thema, das klassischerweise nicht mit der CDU verbunden wird“, sagte er am Sonntagabend. Seine Partei müsse sich „intensiv Gedanken machen, wie unsere Antwort aussieht“. Die CDU ist laut Hochrechnungen mit rund 28 Prozent zwar stärkste Kraft geworden. „Aber das ist nicht unser Anspruch“, sagte Bouffier weiter.

JU-Chef Kuban verlangt Strategiewechsel

Der Vorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban, hat die CDU zu einem Strategiewechsel nach dem schlechten Ergebnis bei der Europawahl aufgefordert. „Die CDU hat heute das schlechteste Ergebnis ihrer Geschichte auf Bundes- und Europaebene eingefahren. Da kann es kein weiter so geben“, sagte Kuban der „Rheinischen Post“. Andere Parteien hätten die Themen gesetzt. Kuban kritisierte CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak wegen des Umgangs mit dem CDU-kritischen Video des Youtubers Rezo. „In den vergangenen Tagen sind schwere kommunikative Fehler gemacht. Das werden wir aufarbeiten müssen“, sagte Kuban.

Trend: Farages Brexit-Partei wird stärkste Kraft in Großbritannien

Bei der Europawahl in Großbritannien steht die erst im Januar neugegründete Brexit-Partei vor einem deutlichen Sieg. Laut erster Zahlen kommt die europafeindliche Partei von Nigel Farage auf über 30 Prozent. Zweitstärkste Kraft könnten aber überraschend auch die europafreundlichen Liberaldemokraten werden, die laut erster Zwischenergebnisse fast 20 Prozent erreichen und sich damit mehr als verdoppeln. Großer Verlierer sind die Konservativen von Premierministerin Theresa May, die unter zehn Prozent bleiben könnten und damit auch hinter Labour lägen. Die Arbeiterpartei verliert ebenfalls deutlich und landet laut erster Zahlen bei etwa 15 Prozent. Die Grünen können rund vier Prozentpunkte zulegen und kommen laut Trend auf elf Prozent. Die Wahlbeteiligung auf der Insel soll laut BBC-Prognose bei lediglich etwa 37 Prozent liegen.

Prognose: Front National gewinnt Europawahl in Frankreich

Bei der Europawahl in Frankreich ist die Front National offenbar wieder stärkste Kraft geworden. Laut Hochrechnung von 23 Uhr kommt die Partei von Marine Le Pen auf 23,4 Prozent der Stimmen und liegt damit rund ein Prozent vor „En Marche“ von Präsident Emmanuel Macron, die zwar kräftig zulegen aber sich vermutlich mit dem zweiten Platz begnügen muss. Die französischen Grünen liegen bei etwa 13 Prozent, rund vier Prozent mehr als vor fünf Jahren. Großer Verlierer sind die Republikaner, die nur noch etwa acht Prozent erreichen. Bei der Europawahl 2014 waren „Les Républicains“, damals noch unter anderem Namen, mit über 20 Prozent zweitstärkste Kraft geworden.