SPD-Spitze erwartet grünes Licht für Ceta
In der SPD-Spitze wird mit einem positiven Votum des Parteikonvents am Montag zum europäisch-kanadischen Freihandelsabkommen Ceta gerechnet, berichtet die "Welt am Sonntag" unter Berufung auf SPD-Führungspolitiker. Der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel erhält derweil von führenden Sozialdemokraten aus Bund und Ländern Rückendeckung für seine Position. Die Bereitschaft der kanadischen Regierung zu rechtsverbindlichen Klarstellungen bei Ceta und die Haltung führender Gewerkschaftsfunktionäre "nimmt den internen Kritikern Wind aus den Segeln", heißt es innerhalb der SPD-Spitze. Das klare Votum des Parteivorstandes bei einer Gegenstimme liefere weitere Argumente. Groß sei der Widerstand nur noch in den SPD-Landesverbänden Bayern und Berlin sowie im Bezirk Hessen-Süd. Es gebe aber "keinen kanalisierten Widerstand", ist in der SPD-Führung zu hören.
Mit einem ablehnenden Votum des Konventes sei daher nicht zu rechnen. Ungewiss ist, ob die vom SPD-Bezirk Hannover verlangten "Präzisierungen" allesamt übernommen werden. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann erwartet ein eindeutiges Votum seiner Partei zugunsten von Ceta. "Ich rechne damit, dass sich der Parteikonvent mit klarer Mehrheit dafür aussprechen wird", sagte er der "Welt am Sonntag". Die SPD habe "erfolgreich für Verbesserungen gekämpft", sagte Oppermann: "Dem Einsatz von Sigmar Gabriel und vielen anderen in der SPD - auch Ceta-Kritikern - ist es zu verdanken, dass Ceta ein sehr gutes, wegweisendes Freihandelsabkommen werden kann." Noch in den letzten Tagen habe Gabriel erreicht, "dass die kanadische Regierung zu rechtsverbindlichen Präzisierungen in den Bereichen bereit ist, die auch den Gewerkschaften wichtig sind: Investitionsschutz, Arbeitnehmerrechte und öffentliche Dienstleistungen. Wir wollen Globalisierung fair gestalten." Oppermann fügte hinzu, bei dem Parteikonvent am Montag "muss es um eine Sachfrage und um nichts anderes".
Die SPD sei "die einzige Partei, die sich ernsthaft mit CETA auseinandersetzt. Alle anderen haben sich schon lange - dafür oder dagegen - festgelegt, ohne sich wirklich mit den Inhalten und den neuen Entwicklungen beschäftigt zu haben." Der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) würdigte ebenso Gabriels Verhandlungserfolge, verlangte aber auch "weitere Klarstellungen". Der Ceta-Vertragstext weise "entscheidende Verbesserungen gegenüber den ursprünglichen Überlegungen" auf, sagte Weil der "Welt am Sonntag". Ceta werde "mit Abstand dasjenige Handelsabkommen sein, das dem Gedanken des fairen Welthandels vergleichsweise am nächsten kommt". Weil sagte weiter: "Das ist vor allem das Ergebnis von Interventionen der deutschen Seite, insbesondere von Sigmar Gabriel. Bedenken gegen Ceta innerhalb und außerhalb der SPD sind erkennbar aufgegriffen worden - ein Erfolg, den die Kritiker nicht geringschätzen sollten." Trotz dieser positiven Gesamtwürdigung seien "an der einen oder anderen Stelle weitere Klarstellungen notwendig", verlangte Weil. Er nannte in diesem Kontext "beispielsweise die Unabhängigkeit richterlicher Entscheidungen und auch die Maßstäbe für diese Entscheidungen".
Sichergestellt werden müsse, "dass die vereinbarten Sozial- und Umweltstandards durchgesetzt werden können, notfalls mit Sanktionen". In allen Bereichen der Daseinsvorsorge müsse es weiter "umfassende Gestaltungsmöglichkeiten für die Kommunen geben". Wie Gabriel verwies Weil auf das parlamentarische Verfahren, das eine Zustimmung des EU-Handelsministerrates voraussetzt. "All dies zu gewährleisten, ist jetzt Sache der Parlamente auf europäischer Ebene und in den Einzelstaaten", sagte Weil: "Bevor das Europäische Parlament über die vorläufige Anwendbarkeit befindet, ist sicher noch einmal ein umfassendes Konsultationsverfahren geboten. Gerade Sozialdemokraten sollten diesen demokratischen Prozess jetzt unterstützen." +++

Was die TTIP-Verhandlungen betrifft wäre allein die Tatsache, dass sich die USA aufgrund ihrer NSA-Aktivitäten einen unfairen Verhandlungsvorteil bei den Freihandelsabkommen (TTIP, TISA, ...) verschafft hatte, schon Grund genug, diese Verhandlungen erst mal auf Eis zu legen. Darüberhinaus sollte bekannt sein, dass die USA die meisten der internationalen Arbeits-, Umwelt- und Arbeitsschutzabkommen bis heute nicht ratifiziert hat, diese also offensichtlich zur Disposition stehen würden. Ganz abgesehen von nicht harmonisierbaren Regulierungsansätzen, z.B. bei chemischen Stoffen, zwischen der EU und den USA!
Auch Lammert (CDU) hatte Recht mit seiner ablehnenden Haltung ebenso wie Ramsauer (CSU) bei der Verteidigung von Gabriels TTIP-Politik. Und die Kanzlerin liegt mit ihrem Pro-TTIP/CETA-Kurs wieder mal daneben! Ihre kürzliche, wenn auch bescheidene, Selbstkritik zu ihrer Flüchtlingspolitik wäre auch bei ihrer TTIP-Politik angebracht. Letzteres gilt auch für Kauder (CDU), der Gabriel bzgl. TTIP mangelnden Weitblick vorgeworfen hat. Offensichtlich fehlt der Union hier in Anbetracht ihres Schlingerkurses der Durchblick!
Ja, mittlerweile wendet sich selbst die künftige Führung der USA (Clinton, Trump) von globalen Handelsvereinbarungen wie TTIP ab!
Verkehrte Welt?
http://youtu.be/QqoSPmtOYc8
Und im übrigen: nach der Wahl ist vor der Wahl:
http://youtu.be/0zSclA_zqK4
Und was sagen unsere Bundestagsabgeordneten dazu?
http://youtu.be/QGOx8I0COYg
PS: 1. Was die angebliche Transparenz anbelangt: Bisher hat die EU nur einige ihrer eigenen Verhandlungsangebote ins Internet gestellt, nicht aber die Angebote der Amerikaner und gemeinsame Texte, die den Stand der Gespräche zusammenfassen (Dank an Greenpeace!).
Die Bundestagsabgeordneten dürfen mittlerweile - mit unzumutbaren Einschränkungen - die Texte im Wirtschaftsministerium einsehen. Und dabei kam u.a. heraus: die EU-Kommission vernebelte den Verhandlungsstand bei kritischen Punkten wie z.B. den Schiedsgerichten zum Investorenschutz!
Ein (T)Tip an die MdBs: Fragt doch mal beim BND nach! Oder lest die geheimen Auszüge in der SZ. Noch Fragen?
2. Was die SPD und Gabriel anbelangt, so eiern diese bei dem Thema TTIP etc. herum. Seehofer hat die Schiedsgerichte zum Investorenschutz unter Vorbehalt gestellt: "nicht tragbar". Das hätte ich so von Gabriel erwartet! Stattdessen: mal uneingeschränkt dafür, mal rote Linien, mal keine privaten Schiedsgerichte; mal Handelsgerichtshöfe ... was gilt denn jetzt? Für oder gegen Paralleljustiz? Für oder gegen eine undemokratische regulatorische Kooperation? Für oder gegen das bewährte, verbraucherfreundliche Vorsorgeprinzip?
3. Deutschland ist auch ohne TTIP Exportweltmeister geworden!
4 Wer traut den Europäern zu, ein konsistentes, die europäischen Interessen berücksichtigendes, verbindliches Vertragswerk auszuhandeln, wo doch bisher offensichtlich nicht einmal konsistente und verbindliche EU-interne Regelungen z.B. in der Flüchtlingsfrage, bei der Staatsveschuldungsfrage, geschweige denn eine europäische Verfassung zustandegekommen sind?
5. Und wer traut den Zusagen der Politik, wenn es um die Beteiligung der nationalen Parlamente geht? Hat doch die EU-Kommission beim Glyphosat-Thema allen die weitere Zulassung nicht befürwortenden Abstimmungen (vier!) zum Trotz die Zulassung verlängert, ohne dass z.B. die deutsche Regierung dies verhindert hätte! Und bei Ceta ist ja auch schon von einem "vorläufigen Inkrafttreten" die Rede! Demokratische Entscheidungsprozesse lassen grüßen!
Und unsere Regierung führt uns "hinter die Fichte", wenn sie sich hinter die Entscheidungen der EU versteckt, obwohl sie durchaus einschreiten könnte!
6. Solange insbesondere die europäischen Institutionen nach wie vor dem, wie selbst der in dieser Frage offensichtlich geläuterte Seehofer mittlerweile erkennt, "neoliberalen Irrweg" folgen, sollten sämtliche Aktivitäten, die diesen Irrweg weiter verfolgen, gestoppt werden!
7. Und solange der EUGH in der Frage der deutschen Mitbestimmung nicht entschieden hat, ob diese zu den EU-Regelungen passt, sollten die Errungenschaften der deutschen Arbeitnehmer, Verbraucher, Naturschützer,... nicht weiter verscherbelt werden!