CDU-Innenexperte: 2015 darf sich nicht wiederholen

Städtetag begrüßt Kompromiss zur Aufnahme von Flüchtlingen

Der CDU-Bundestagsabgeordnete und Innenexperte Armin Schuster hat vor dem Hintergrund der Koalitionseinigung darauf, rund 400 Familien mit rund 1.500 Menschen von der griechischen Insel Lesbos nach Deutschland zu holen, vor einer Wiederholung des Jahres 2015 gewarnt. „Für die Union hat Priorität, dass sich eine Situation wie 2015 nicht wiederholen darf und wir unsere europäischen Partner nicht vor den Kopf stoßen“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Das könnte für ein Gemeinsames Europäisches Asylsystem ansonsten fatale Folgen haben.“

Die Lösung könne also nicht der politische Wettkampf um die höchste Aufnahmezahl sein, sondern Griechenland durch einen sinnvollen Aufnahmemechanismus in einer humanitären Notlage zu entlasten. Deshalb sollten speziell die 408 Familien mit ihren Kindern von allen fünf griechischen Inseln aufgenommen werden, die ein geordnetes Asylverfahren bereits durchlaufen hätten und deren Schutzanspru  ch als Flüchtlinge anerkannt worden sei. „Mit diesem Schritt setzen CDU/CSU ihren Weg einer Balance zwischen Humanität und Ordnung konsequent fort“, so der CDU-Politiker. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte, sagte dem RND hingegen: „1.500 sind natürlich besser als nichts. Das ist aber trotzdem für eines der reichsten Länder der Europäischen Union inakzeptabel.“ Hier müsse es ganz klar darum gehen, so viel wie möglich zu helfen, eine Koalition der Willigen zu schmieden und selbst aktiv anzufangen. „Wenn man das Elend der Kinder sieht, dann muss so viel wie möglich gemacht werden“, so Korte.

Saar-Ministerpräsident: Flüchtlingshilfe darf kein Alleingang sein

Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) hat es begrüßt, mehr als 1.500 Flüchtlinge von den griechischen Inseln in Deutschland aufzunehmen. „Es ist wichtig, mehr Menschen aufzunehmen, als bisher angekündigt. Deutschland wird unabhängig davon, wie viele Menschen andere EU-Staaten aufnehmen, seinen Anteil leisten, die Bereitschaft dazu ist da“, sagte Hans der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Deutschland könne gerne vorangehen. „Es darf aber kein Alleingang sein.“ Denn Deutschland allein könne in Europa das Migrationsproblem nicht lösen, es brauche eine „gemeinsame europäische Kraftanstrengung“. Moria sei eine „europäische Tragödie“, und man müsse daraus lernen, dass Europa solidarischer handeln müsse, sagte der saarländische Landeschef. Man könne aber auch nicht darauf warten, dass sich alle 27 EU-Staaten beteiligen. „Ich bin damit einverstanden, wenn es eine abgestimmte Lösung in der Europäischen Union gibt, etwa mit anderen Ländern wie  Frankreich. Wenn Länder sich komplett verweigern, müssen wir im Nachgang darüber reden, wie wir solches unsolidarisches Verhalten sanktionieren können“, sagte Hans. Der CDU-Politiker sprach sich dafür aus, an der bisherigen Verteilung der Flüchtlinge auf die Bundesländer festzuhalten und nicht auf diejenigen Kommunen zurückzugreifen, die bereits Bereitschaft zur Aufnahme signalisiert haben. „Auch wenn ich davon ausgehe, dass der Bund für die Kosten der Unterkunft aufkommt, ist es auch eine Frage der gerechten Lastenverteilung.“ Hans bezeichnete es als „unwürdig“, wenn SPD-Chefin Saskia Esken Ultimaten für die Entscheidung über weitere Hilfen stelle. „Wir sehen jeden Tag die Bilder von Kindern auf der Straße. Das können wir nicht hinnehmen. Ich bin aber dagegen, dass hier jetzt parteipolitisch taktiert wird und eine Partei der anderen Ultimaten stellt“. Esken hatte eine Entscheidung binnen 48 Stunden verlangt.

Städtetag begrüßt Kompromiss zur Aufnahme von Flüchtlingen

Der Präsident des Deutschen Städtetages, Burkhard Jung (SPD), hat den Kompromiss der Regierungskoalition zur Aufnahme von Flüchtlingen begrüßt. „Ich bin froh, dass sich Deutschland nach dem Brand in Moria dafür entschieden hat, allein mutig voranzugehen. Auf die schon lange stockende Reform des europäischen Asylsystems zu warten, wäre ein Fehler gewesen“, sagte der Leipziger Oberbürgermeister den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Doch müsse diese Reform endlich gelingen, fügte der SPD-Politiker hinzu. „Wir brauchen eine dauerhafte und nachhaltige Lösung in Europa zum Umgang mit Flüchtlingen.“ Viele Städte in Deutschland würden gerne geflüchtete Familien aufnehmen, sagte Jung – und nannte Kriterien für die Verteilung. „Wir rechnen nun damit, dass die aus Griechenland zu uns kommenden Flüchtlinge nach dem üblichen Verfahren über den Königsteiner Schlüssel auf die Länder verteilt werden“, so der Städtetagspräsident. „Anschließend sollten besonders die Städte berücksichtigt werden, die ihre Bereitschaft zur Aufnahme erklärt haben.“ Im Königsteiner Schlüssel ist festgelegt, wie die einzelnen Länder der Bundesrepublik Deutschland an gemeinsamen Finanzierungen zu beteiligen sind. Der Anteil, den ein Land danach tragen muss, richtet sich zu zwei Dritteln nach dem Steueraufkommen und zu einem Drittel nach der Bevölkerungszahl.

Lambsdorff: Koalition muss Soforthilfe leisten

Die FDP im Bundestag wirft der großen Koalition vor, sich in der Debatte um die Aufnahme notleidender Migranten aus Griechenland auf Zahlen zu versteifen. Der Vize-Fraktionsvorsitzende der Liberalen und Europa-Politiker, Alexander Graf Lambsdorff, sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: „Die Bundesregierung sollte sich nicht an Zahlen festhalten, sondern sofort humanitäre Hilfe leisten. Jetzt müssen vor allem Kinder und andere besonders Schutzbedürftige schnellstmöglich aus der unerträglichen Situation auf Lesbos herausgeholt werden.“ Gleichzeitig müsse Deutschland gemeinsam mit den EU-Partnern Lösungen entwickeln, „wie bereits anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte gerecht innerhalb Europas verteilt werden und gleichzeitig die Verfahren auf den Inseln effizienter gestaltet werden können“. Lambsdorff kritisierte, die Ereignisse im zerstörten Flüchtlingscamp Moria zeigten zugleich, dass die Bundesregierung auf der Suche nach einer geordneten europäischen Migrationspolitik „weiterhin im Tiefschlaf ist und davon nur ablenken will, indem sie einfach erklärt, 1.500 Notfälle aufzunehmen.“ Niemand wisse, wie die Koalition auf diese Zahl kommt, seriöse Politik gehe anders, monierte Lambsdorff. Gerade Deutschland unter der Führung der Unionsparteien habe jahrelang eine gemeinsame EU-Asylpolitik blockiert. Lambsdorff schlug vor, dass EU-Länder, die keine Migranten aufnehmen wollen, einen finanziellen Beitrag zur Bewältigung der Situation leisten. „Wenn Länder wie Polen oder Ungarn sich einer Lösung verschließen, müssen sie sich an den Kosten der anderen Mitgliedstaaten beteiligen“, forderte Lambsdorff. Das sei „nicht optimal, aber es wäre ein Einstieg in ein gemeinsames System“. +++