
Der Widerstand in der SPD gegen den Koalitionsvertrag mit der Union stößt in der CDU auf scharfe Kritik. „Ich gehe davon aus, dass es sich hier um ein Strohfeuer handelt“, sagte der Hamburger CDU-Bundestagsabgeordnete Christoph Ploß dem „Handelsblatt“ mit Blick auf die Ablehnung der Jusos. „Sollte die SPD den Koalitionsvertrag ablehnen, hätten wir eine veritable Staatskrise in Deutschland.“ Das werde die Mehrheit der Sozialdemokraten nicht wollen.
Der CDU-Innenpolitiker Alexander Throm verteidigte den im Koalitionsvertrag vereinbarten schärferen Migrationskurs: „Das ist auch dringend notwendig, um die gegenwärtige Überforderung unserer Gesellschaft zu beenden“, sagte Throm. „Ich hoffe und erwarte, dass die Mehrheit der SPD-Mitglieder um ihre Verantwortung zur Bildung einer neuen Regierung aus der Mitte heraus weiß.“ Der Juso-Bundesvorsitzende Philipp Türmer hatte zuvor erklärt, in Bereichen wie Asyl und Migration sowie Arbeit und Soziales gehe der Vertrag den falschen Weg. Der SPD-Wirtschaftspolitiker Sebastian Roloff sagte, er könne viele inhaltliche Positionen der Kritiker „gut“ nachvollziehen. „Die Mitglieder der SPD müssen abwägen, ob das Gesamtbild schlüssig ist und ob es genug sozialdemokratische Inhalte, insbesondere mit Blick auf das Wahlergebnis gibt“, sagte er. Dabei stelle sich aber auch die Frage der Alternativen zu einer schwarz-roten Koalition.
Koalitionsvertrag: Klingbeil wirbt für Zustimmung der SPD-Basis
SPD-Chef Lars Klingbeil hat für eine Zustimmung der Parteibasis zum Koalitionsvertrag mit der Union geworben. „Es steht verdammt viel auf dem Spiel“, sagte Klingbeil am Montag bei der Dialogkonferenz in Hannover. Der Parteichef verwies auf die verschiedenen Krisen und Unsicherheiten in der aktuellen Weltlage – nämlich den Ukrainekrieg und den Zollkonflikt des US-Präsidenten Donald Trump mit fast allen anderen Staaten. „Deshalb geht es darum, ob wir es schaffen, eine stabile Regierung aufzustellen“, fügte Klingbeil hinzu. „Wir ducken uns nicht weg“, sagte er. „Wir tragen Verantwortung.“ Weiter argumentierte der SPD-Chef für eine Zustimmung zum Koalitionsvertrag mit Lob von Gewerkschaften und Betriebsräten für die Verhandlungsergebnisse. Als Beispiele für SPD-Verhandlungsergebnisse zählte er unter anderem das Sondervermögen für Infrastrukturinvestitionen, den möglichen Anstieg des Mindestlohns sowie stabile Renten auf. Die SPD beginnt am Dienstag ihre Befragung der gut 358.000 Mitglieder über das Koalitionspapier. Das Abstimmungsverfahren dauert zwei Wochen und endet mit Ablauf des 29. April. Die CSU hat bereits letzte Woche die Vereinbarung gebilligt. Bei der Schwesterpartei CDU soll satzungsgemäß ein Kleiner Parteitag über die geplante Koalition entscheiden. Als Termin steht dabei der 28. April im Raum. Am 6. Mai soll dann CDU-Chef Friedrich Merz zum Kanzler gewählt werden.
SoVD appelliert an SPD-Zustimmung zu Koalitionsvertrag
Der Sozialverband Deutschland (SoVD) hat an die SPD-Mitglieder appelliert, dem Koalitionsvertrag von Union und SPD zuzustimmen. „Die Koalition in spe muss jetzt zeigen, dass sie Verantwortung übernimmt, Vertrauen verdient und ins Arbeiten kommt. Das gelingt nur mit breiter Unterstützung für den Koalitionsvertrag, der wichtige Signale enthält und den wir deswegen befürworten“, sagte die SoVD-Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier den Zeitungen der Mediengruppe Bayern. Zugleich warnte sie die Union davor, den Finanzierungsvorbehalt zu nutzen, um zentrale soziale Vorhaben zu verwässern oder zu streichen: „Bei den angekündigten steuerlichen Entlastungen für kleine und mittlere Einkommen, Verbesserungen beim Elterngeld, der Stabilisierung des Rentenniveaus oder dem Mindestlohn von 15 Euro geht es um konkrete Unterstützung für Menschen, die auf jeden Euro achten müssen. Dass nun die Finanzierung fast aller Projekte im Koalitionsvertrag infrage gestellt wird, trägt nicht zur Vertrauensbildung in die Politik bei.“ +++
Hinterlasse jetzt einen Kommentar