Bundesverwaltungsgericht erlaubt Kükentöten übergangsweise

Der Kläger betreibt eine Brüterei

Das Töten von männlichen Küken bleibt übergangsweise erlaubt. Das entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Donnerstag. Gemäß Paragraf 1 Satz 2 des Tierschutzgesetzes darf niemand einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen. Da voraussichtlich in Kürze Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei zur Verfügung stünden, beruhe eine Fortsetzung der bisherigen Praxis des Tötens der männlichen Küken bis dahin noch auf einem vernünftigen Grund, hieß es zur Begründung des Urteils.

Das wirtschaftliche Interesse an speziell auf eine hohe Legeleistung gezüchteten Hennen sei aber für sich genommen kein vernünftiger Grund nach dem Tierschutzgesetz für das Töten der männlichen Küken aus diesen Zuchtlinien. Vernünftig im Sinne dieser Regelung sei ein Grund, wenn das Verhalten gegenüber dem Tier einem schutzwürdigen Interesse diene, das unter den konkreten Umständen schwerer wiege als das Interesse am Schutz des Tieres. „Im Lichte des im Jahr 2002 in das Grundgesetz aufgenommenen Staatsziels Tierschutz beruht das Töten der männlichen Küken für sich betrachtet nach heutigen Wertvorstellungen nicht mehr auf einem vernünftigen Grund“, so das Bundesverwaltungsgericht. Die Belange des Tierschutzes wiegten „schwerer als das wirtschaftliche Interesse der Brutbetriebe, aus Zuchtlinien mit hoher Legeleistung nur weibliche Küken zu erhalten. Anders als Schlachttiere werden die männlichen Küken zum frühestmöglichen Zeitpunkt getötet“, hieß es weiter. Ihre „Nutzlosigkeit“ stehe von vornherein fest. Zweck der Erzeugung sowohl der weiblichen als auch der männlichen Küken aus Zuchtlinien mit hoher Legeleistung sei „allein die Aufzucht von Legehennen“. Dem Leben eines männlichen Kükens werde damit „jeder Eigenwert abgesprochen. Das ist nicht vereinbar mit dem Grundgedanken des Tierschutzgesetzes, für einen Ausgleich zwischen dem Tierschutz und menschlichen Nutzungsinteressen zu sorgen“, so das Bundesverwaltungsgericht.

Der Kläger betreibt eine Brüterei. Die dort ausgebrüteten Eier stammen aus Zuchtlinien, die auf eine hohe Legeleistung ausgerichtet sind. Für die Mast sind Tiere aus diesen Zuchtlinien wenig geeignet. Deshalb werden die männlichen Küken kurz nach dem Schlüpfen getötet. Das betraf in Deutschland im Jahr 2012 etwa 45 Millionen Küken. Der Beklagte untersagte diese langjährige Praxis, weil die Tötung der männlichen Küken ohne vernünftigen Grund erfolge und daher gegen Paragraf 1 Satz 2 des Tierschutzgesetzes verstoße. Die Vorinstanzen hatten den gegen die Untersagungsverfügungen gerichteten Klagen stattgegeben. Bei der gebotenen Abwägung käme den Nutzungsinteressen, die für die Zulässigkeit der Tötung sprächen, derzeit ein höheres Gewicht zu, als gegenläufigen ethischen Gesichtspunkten. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Entscheidung nur im Ergebnis bestätigt. +++