Bundesverfassungsgericht erhöht Rundfunkbeitrag

FDP sieht Landtage nach Rundfunkgebühren-Urteil entmachtet

Das Bundesverfassungsgericht erhöht den Rundfunkbeitrag um 86 Cent pro Wohnung und Monat. Sachsen-Anhalt habe durch das Unterlassen seiner Zustimmung zum Ersten Medienänderungsstaatsvertrag die Rundfunkfreiheit der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten aus Artikel 5 des Grundgesetzes verletzt, urteilten die Karlsruher Richter. Die Erhöhung tritt rückwirkend zum 20. Juli in Kraft. ARD, ZDF und Deutschlandradio waren vor das Bundesverfassungsgericht gezogen, nachdem Sachsen-Anhalt die Abstimmung, bei der es faktisch um eine Erhöhung der Rundfunkgebühren ging, Ende letzten Jahres abgesagt hatte. Zuvor hatte sich abgezeichnet, dass es im Landesparlament keine Mehrheit geben wird. Notwendig wäre aber ein positives Votum für den neuen Staatsvertrag in allen Bundesländern gewesen.

FDP sieht Landtage nach Rundfunkgebühren-Urteil entmachtet
Die FDP-Bundestagsfraktion sieht im Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Rundfunkgebühr eine Schwächung der Landesparlamente. Es falle auf, dass die Entscheidung die Landtage „ein Stück weit entmachtet und die Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, der KEF, massiv stärkt“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion Marco Buschmann dem „Spiegel“. Ein Abweichen von KEF-Empfehlungen sei kaum noch möglich. Ob das die Akzeptanz des Systems dauerhaft stärke, bleibe abzuwarten. Vermutlich habe Karlsruhe aber einfach „den Gordischen Knoten durchschlagen“ wollen. Das Bundesverfassungsgericht hatte zugunsten der Sender des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entschieden, dass die Erhöhung der Rundfunkgebühr nicht von einem einzelnen Bundesland verhindert werden kann. „Im gegenwärtigen System der Rundfunkfinanzierung ist eine Abweichung von der Bedarfsfeststellung der KEF nur durch alle Län der einvernehmlich möglich“, heißt es im Urteil. Der Landtag von Sachsen-Anhalt hatte als einziges von 16 Landesparlamenten im vergangenen Jahr nicht für die von der KEF vorgeschlagenen Erhöhung der Rundfunkgebühr gestimmt und die Beitragsanhebung zum 1. Januar verhindert. Diese tritt nun jedoch durch das Urteil in Kraft.

Grüne begrüßen Erhöhung des Rundfunkbeitrags
Die Grünen haben das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Rundfunkbeitrag begrüßt. „Das ist ein sehr guter Tag für unsere Demokratie, für die Rundfunkfreiheit und für die Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks“, sagte Tabea Rößner, Sprecherin für Verbraucherschutz der Grünen-Bundestagsfraktion, der „Welt“. Gleichzeitig sei das Urteil „eine Klatsche für die CDU in Sachsen-Anhalt“. Bemerkenswert sei, dass das Bundesverfassungsgericht klargestellt habe, „dass ein Land allein durch Nichtzustimmung aus der solidarischen Gemeinschaft der Länder nicht ausbrechen darf“. Eine Reform der Öffentlich-Rechtlichen hält Rößner dennoch für notwendig: „Wenn neue Formate geschaffen werden, müssen auch Altangebote auf den Prüfstand.“ Dazu brauche man eine breite gesellschaftliche Debatte darüber, was der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der veränderten Medienwelt für den freiheitlichen Meinungsbildungsprozess leisten müsse – am besten flankiert von einer Sachverständigen-Kommission. Dieser Aufgabe hätten sich die Ministerpräsidenten der Länder verweigert, kritisierte Rößner. „Das ist ein Versäumnis. Die Diskussion muss gerade auch in den Länderparlamenten stattfinden.“ Das dürfe man aber nicht mit der Debatte um die Finanzierung vermischen. „Denn die Länder müssen die funktionsgerechte Finanzierung des aktuellen Programmauftrags gewährleisten“, so Rößner. In der Landtagsfraktion der CDU von Sachsen-Anhalt, die sich in der Vergangenheit gegen eine Erhöhung der Rundfunkgebühr gesperrt hatte, reagierte der medienpolitische Sprecher Markus Kurze verhalten auf die Entscheidung aus Karlsruhe. „Ich habe Respekt vor der Entscheidung“, sagte Kurze der „Welt“. „Dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk wird aber eine öffentliche Debatte um Größe, Auftrag und Struktur im 21. Jahrhundert nicht erspart bleiben, denn das sind wir unseren Beitragszahlern schuldig.“ +++