Bundespolizei: 905 Schutzsuchende kamen 2016 nicht aus sicherem Staat

11.700 Verdächtige durch Schleierfahndung gefasst

Berlin. Die Bundespolizei hat im Jahr 2016 insgesamt 905 Schutzsuchende erfasst, die nicht aus einem sicheren Dritt- oder Herkunftsstaat eingetroffen sind. „Im Jahr 2016 wurden durch die Bundespolizei an deutschen Flughäfen insgesamt 903 Asylsuchende festgestellt, die nicht über einen sicheren Drittstaat beziehungsweise sicheren Herkunftsstaat nach Deutschland eingereist sind“, teilte die Behörde der „Welt am Sonntag“ mit.

An den deutschen Seehäfen seien im gesamten Jahr außerdem zwei Asylsuchende von der Bundespolizei festgestellt worden, die nicht über einen sicheren Dritt- oder Herkunftsstaat einreisten. Nur für Asylsuchende, die nicht über sichere Drittstaaten einreisen, wäre Deutschland zwingend zuständig, wenn die Vorgaben des Grundgesetzes und der Dublin-Verordnung vollständig umgesetzt würden. Seit der Grundgesetzänderung 1993 wurde der Artikel 16a „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“ ergänzt: „Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist.“ Als solche sogenannten sicheren Drittstaaten gelten inzwischen alle Nachbarländer Deutschlands. Nach den Dublin-Regeln muss jeder Asylbewerber seinen Antrag dort stellen, wo er erstmals europäischen Boden betrat. Weiterreisende Migranten dürfen in die zuständigen Ersteinreisestaaten zurückgeführt werden.

Halbjahresbilanz: 11.700 Verdächtige durch Schleierfahndung gefasst

Durch Schleierfahndung sind der Bundespolizei in den vergangenen sechs Monaten 11.700 polizeilich gesuchte Personen ins Netz gegangen. Das berichtet die „Bild am Sonntag“ unter Berufung auf Sicherheitskreise. Insgesamt wurden in rund 900.000 Fällen die Personalien überprüft und dabei 31.000 Straftaten festgestellt. Seitdem es an deutschen Grenzen keine Kontrollen mehr gibt, setzen Bundespolizei und die Länder – außer Berlin und Bremen – auf die Schleierfahndung. Dabei werden in Grenznähe stichprobenartig Kontrollen durchgeführt. Bayerns Innenminister Joachim Hermann (CSU) fordert, die Schleierfahndung auszuweiten: „Es sind immer noch zu viele Kriminelle auf deutschen Straßen unterwegs“, sagte Herrmann der „Bild am Sonntag“. Das würden die sogenannten Aufgriffszahlen der Fahnder belegen. „Wir brauchen deshalb dringend noch mehr Schleierfahndung in ganz Deutschland, um Kriminellen noch besser das Handwerk zu legen.“ Das beträfe nicht nur die Schleierfahndung in den Grenzregionen, sondern auch auf wichtigen Verkehrswegen wie Autobahnen und im Umfeld von Flughäfen, Bahnhöfen und Rastanlagen. In Bayern sind entlang der österreichischen und der tschechischen Grenze rund 600 Polizeibeamtinnen und -beamte im Kontrolleinsatz.

Flüchtlingskommissar glaubt nicht an Zusammenarbeit mit Nordafrika

EU-Flüchtlingskommissar Dimitris Avramopoulos hat sich skeptisch über Pläne geäußert, Flüchtlinge bereits in Nordafrika auf eine mögliche Aufnahme in der EU hin zu prüfen. „Die Bearbeitung von Asylanträgen ist komplex – rechtlich, diplomatisch und auch praktisch“, sagte Avramopoulos den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Wir helfen Migranten, indem wir die Staaten Nordafrikas unterstützen, eigene Asylsysteme zu entwickeln und gut funktionierende Empfangszentren zu gründen.“ Mit den EU-Mitgliedstaaten arbeite Brüssel an der Neuansiedlung von Migranten mit Anspruch auf internationalen Schutz in Europa. „Dabei unterstützen wir die Mitgliedstaaten finanziell, für 2018 haben wir 377 Millionen Euro beiseitegelegt.“ Um in Libyen aktiv zu werden, blieben die Bedingungen schwierig, bis das Land stabilisiert sei, sagte Avramopoulos. „Dafür müssen wir alle Kräfte einsetzen und auch mit den Nachbarländern Libyens arbeiten.“ Zuvor hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel deutlich gemacht, dass sie den französischen Plan zur Prüfung von Flüchtlingen in libyschen Lagern unterstützt. Die heutige Flüchtlingssituation sei mit der Krise 2015 nicht zu vergleichen, sagte Avramopoulos. „Dank unserer Zusammenarbeit mit der Türkei ist die Zahl der Menschen, die in Griechenland ankommen, um 98 Prozent zurückgegangen“, berichtete er. „Jetzt sehen wir auch, dass in Italien im letzten Monat nur noch halb so viele Menschen angekommen sind wie im Juli 2016.“ Trotz dieser neuen positiven Trends dürfe die Aufmerksamkeit nicht nachlassen, mahnte der Kommissar. „Wir müssen stets bereit sein, neuen Migrationsbewegungen zu begegnen.“ +++