Bundesländer zeigen sich bei Flut-Wiederaufbauhilfe solidarisch

Experten äußern Bedenken gegen Wiederaufbau in Hochwasser-Gebieten

Die übrigen Bundesländer sind bereit, sich an Wiederaufbauhilfen für die Flutregionen zu beteiligen, machen sich aber auch für dauerhafte Lösungen für Katastrophenfälle und eine bessere Krisenvorsorge stark. Dies zeigt eine Erhebung des „Handelsblatts“. Aus dem Finanzministerium in Magdeburg heißt es, eine Unterstützung sei schon deshalb keine Frage, weil Bund und Länder Sachsen-Anhalt bei den schweren Elbe-Hochwassern 2002 und 2013 enorm unterstützt hätten. „Ohne diese Solidarität im Bundesstaat hätten wir die Folgen der Katastrophen nicht bewältigen können.“

Sachsen und das Saarland äußerten sich ähnlich. Hessen zeigte sich ebenfalls solidarisch, wies aber darauf hin, dass die Finanzlage der Länder durch die Folgen der Corona-Pandemie bereits erheblich angespannt sei: „Die Länder erwarten vom Bund einen Vorschlag, der dieser Lage Rechnung trägt und eine Überforderung der Landesfinanzen vermeidet“, hieß es aus dem Finanzministerium in Wiesbaden. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) sicherte die Unterstützung seines Bundeslandes zu. Darüber hinaus brauche es aber endlich ein gesamtstaatliches Bekenntnis zu einem System eines verpflichtenden Ausgleichs von Elementarschäden. „Hier müssen alle Schultern einbezogen werden, um große Lasten besser tragen zu können.“ Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) regte neben einem Wiederaufbaufonds einen zweiten Fonds für Klimaschutz an, der ebenfalls hälftig von Bund und Ländern finanziert werden solle. „Wir müssen beim Klimaschutz mit schnellen und wirksamen Maßnahmen vorankommen und dürfen auch im Interesse unserer Kinder und Enkelkinder nicht noch mehr Zeit verlieren.“ Aufgrund des Klimawandels bestehe Bedarf „an einer grundsätzlichen Lösung für unvorhersehbare Ereignisse“, teilte die Finanzverwaltung in Berlin auf Anfrage mit. So werde etwa darüber zu reden sein, welcher Anteil der gesamtstaatlichen Zusatzeinnahmen aus der CO2-Bepreis  ung für präventive Maßnahmen ausgegeben werden müsse. Außerdem sollte ein Teil der Einnahmen für Notfälle zurückgelegt werden.

Experten äußern Bedenken gegen Wiederaufbau in Hochwasser-Gebieten

Angesichts der Gefahr, dass viele der von der Flut schwer getroffenen Orte künftig erneut in Hochwassergefahr geraten könnten, entwickelt sich eine Diskussion über den Sinn des Wiederaufbaus. Das berichtet die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“. „Es kann durchaus möglich sein, dass in Zukunft in bestimmten Lagen keine Baugebiete mehr neu ausgewiesen werden können, weil eine aktuelle Gefährdungseinschätzung besondere Gefahren feststellt“, sagte Thomas Kufen (CDU), stellvertretender Vorsitzender des Städtetages NRW und Oberbürgermeister von Essen, der WAZ. „Es könnten beispielsweise auch mehr Überflutungsflächen gebraucht werden, die nicht bebaut werden dürfen. Die jetzt betroffenen Ortschaften werden dann anders aussehen als vor der Überflutung“, so Kufen. Der Landschaftsplaner Dietwald Gruehn von der TU Dortmund fordert Konsequenzen für Neubaugebiete: „Sie können eine Schwachstelle im System darstellen, vor allem dann, wenn sie in nicht geeigneten Lagen, zum Beispiel überschwemmungsgefährdeten Gebieten ausgewiesen werden.“ Künftige Baugebiete sollten nur noch auf geeigneten Standorten entstehen. Und sie müssten – nach dem Prinzip einer Schwammstadt – Wasser durchlassen und speichern können. NRW-Bauministerin Ina Scharrenbach (CDU) stellt die kritische Infrastruktur auf den Prüfstand: „Es sind Ortschaften betroffen, die seit Jahrhunderten diese Lage am Wasser haben“, sagte sie der Zeitung. „Wir werden uns mit den Städten und Gemeinden insbesondere die Lage der kritischen Infrastruktur – Rathäuser, Feuerwehren, Rettungsdienste, Polizei, Stromversorgung – beim Wiederaufbau ansehen“, so die Ministerin. Hier könne es sinnvoll sein, zu Veränderungen zu kommen. „Das bedeutet aber, dass wir endlich ein schnelleres Planungsrecht über den Bund brauchen.“ Beim Hochwasserschutz gebe es grundsätzlich drei Möglichkeiten, sagte Christian Albert, Professor für Umweltanalyse und -planung an der Ruhr-Uni Bochum: Den Schutz ve  rbessern – etwa durch Deiche oder Flutmauern, die Siedlungsstruktur anpassungsfähig gegenüber Hochwasser gestalten, oder auch bestimmte Gebiete nicht erneut zu bebauen. Die „goldene Lösung“ gebe es dabei allerdings nicht, je nach Lage und Ort müsse geprüft werden, welche technischen und auch naturbasierten Maßnahmen sinnvoll und umsetzbar sind, so Albert. +++