Brand diskutierte in der RMS mit Schülern

Fulda. Der Bundestagsabgeordnete Michael Brand stellte sich in einer Begegnung, die in den Räumlichkeiten der Richard-Müller-Schule stattfand, den Fragen der Schülerinnen und Schüler. Sogar inzwischen ausgeschulte Abiturientinnen und Abiturienten ließen es sich nicht nehmen, zusammen mit einer Steuerfachklasse eine politische Lehrstunde zu erleben.

Engagiert und leidenschaftlich berichtete der Bundestagesabgeordnete, der u. a. Mitglied des Verteidigungsausschusses und stellvertretendes Mitglied im Haushaltsausschuss ist, von seinem Alltag als Politiker, der sich dem Land und der Region verpflichtet fühlt. Er habe die Erfahrung gemacht, dass insbesondere Abgeordnete mit Direktmandat in ihren konkreten Entscheidungen freier handelten, weil sie nicht „verkrampft nach ihrer Absicherung auf Landeslisten der Parteien“ schauten. Beispiel sei hier zum Beispiel die seinerzeitige Abstimmung über den ESM, hier hatten ausschließlich direktgewählte Abgeordnete diesen Euro-Mechanismus abgelehnt. Er verstehe das Parlament als „Auftraggeber der Regierung und nicht als deren Vollzugsorgan“. So sei es wichtig, dass das Parlament seine Rechte „immer wieder verteidigt – wie aktuell bei der Euro-Rettung“. Als direkt gewählter Abgeordneter sei er in erster Linie „seiner Heimatscholle verpflichtet und für jeden ansprechbar, unabhängig von Parteizugehörigkeiten“.

Natürlich versuchten Fraktionsführungen in Berlin, ihre Mitglieder auf Linie zu bringen, aber letztendlich müsse sich ein Abgeordneter „klar vor Augen halten, dass er nach bestem Wissen und Gewissen entscheiden muss“. Dies gelte insbesondere bei ethisch hoch brisanten Fragen wie der Suizidbeihilfe. Verzweifelten Menschen sollte man die Verzweiflung nehmen, nicht das Leben, so das Plädoyer des Initiators eines fraktionsübergreifenden Gesetzentwurfes im Bundestag, der sich für einen starken Ausbau der Hilfe wie der „segensreichen Palliativmedizin und der Hospizbewegung“ engagiert. Brand sprach auch sehr persönlich von der „gewaltigen Verantwortung“ eines Abgeordneten bei Themen wie Euro, Energiewende oder Flüchtlingsfragen.

Noch nie hätten Mitglieder des Bundestages in so kurzer Zeit über so hohe Summen und über so weitreichende Konsequenzen entscheiden müssen. Insbesondere bei Eurofragen sei der Druck auf den einzelnen Abgeordneten sehr hoch. „Mit meiner Ablehnung des ESM gegen die große Mehrheit des Parlaments habe ich es mir nicht leicht gemacht“, so der Abgeordnete. „Den Druck habe ich gespürt, aber bloßes Abnicken ist nicht meine Sache, denn es geht hier um ziemlich viel.“ Bei allen Entscheidungen zur Bekämpfung der Schuldenkrise habe er „bis vor der Abstimmung sehr mit sich gerungen“. Bei einigen Entscheidungen blieben denn auch Zweifel, ob man sich denn richtig entschieden habe. „Das weiß man oft erst hinterher. Dass wir in Deutschland aber im Gegensatz zu vielen anderen stärker aus der Krise herausgekommen sind, ist doch ein guter Beleg dafür, dass auch die politischen Entscheidungen der letzten 6 bis 8 Jahre sehr richtig waren“, so Brand.

In strittigen Fragen setze er stark auf den Dialog mit den Betroffenen. Diese zu Beteiligten zu machen und sie beispielsweise in Entscheidungen einzubinden, sei ihm ein Anliegen. Dies gelte z. B. auch bei großen Infrastruktur-Projekten. Als Beispiele nannte er hier die SuedLink-Stromtrasse. Hier sei aber genau das nicht gelungen und das sei einer der Gründe, warum es in der Region so viel Widerstand gebe, den er teile und deshalb für Veränderungen kämpfe. Die Bürger mit einbinden wolle er bei der Planung und Realisierung des für Osthessen so wichtigen Ausbaus der ICE-Trasse Fulda-Frankfurt, was derzeit ein Nadelöhr im bundesrepublikanischen Schienenverkehr sei. Hier sei es gelungen, den Ausbau wieder auf die Tagesordnung zu setzen. „Das wir in der letzten Wahlperiode die Zusage des Bundes erreichen konnten, so dass der Bund erstmal die Vorplanungen finanziert und mittlerweile ein Dialogforum regelmäßig zusammenkommt, ist ein wichtiger Meilenstein und macht mich auch ein wenig stolz.“ Jetzt gehe es um Fragen der Streckenführung, die natürlich im Detail nicht jedem gefiele. Hier gelte das „wertvolle Eichhörnchen-Prinzip“, nämlich alles, was sich am Weg befinde, mitzunehmen, und möglichst viele zu überzeugen.

Der Lückschluss der A 66 sei auch schon vor über 4 Jahrzehnten von dem damaligen Oberbürgermeister Alfred Dregger gefordert worden und habe nach hartem Kampf sehr lange auf die Realisierung warten müssen. „Aber eines kann man daraus lernen: Wer nicht hartnäckig dran bleibt, kommt erst gar nicht zum Ziel.“ Im Rahmen seiner Arbeit als Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe beschäftige er sich auch ausführlich mit den Krisenherden dieser Welt. „Vieles ist aus den Fugen geraten, die Welt blutet aus vielen Wunden und die Folgen treffen uns unmittelbar.“ Hier nannte er insbesondere die Ukraine, Libyen, Syrien, den IS und natürlich auch deren direkte Auswirkungen auf uns – die Flüchtlinge.

Besuch der Integrationsklassen, „Klasse, was hier geleistet wird!“

Nachdem die Schülerinnen und Schüler von Michael Brand nach dieser sehr informativen Fragestunde verabschiedet worden waren, wollte er noch Einblick nehmen in die Integrationsklassen, also in die Klassen, in denen junge ausländische Schülerinnen und Schüler (meist Flüchtlinge) hauptsächlich mit der deutschen Sprache und Kultur an der Richard-Müller-Schule vertraut gemacht werden. Die Schulleiterin, Claudia Hümmler-Hille, und ihr Stellvertreter, Horst Pfau, erläuterten dem Bundestagsabgeordneten ihr Konzept einer schulischen Willkommenskultur, das es den Jugendlichen, oftmals unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, ermögliche, hier anzukommen.

Sie sollten in die Lage versetzt werden, sich schulisch oder ausbildungsmäßig weiter zu qualifizieren, um hier die Voraussetzungen für ein selbstbestimmtes und erfülltes Leben zu erhalten. „Wir, die unterrichtenden Lehrerinnen und Lehrer, wollen, dass jede Schülerin, jeder Schüler hier einen Anschluss findet, entweder eine weiterführende Schule besucht oder eine Berufsausbildung beginnt.“ Gerade diese Klientel sei sehr fleißig und willig und die hiesigen Betriebe hätten im Interesse der Zukunftsfähigkeit der Region großes Interesse an ihnen. So gesehen könnte das eine Win-Win Situation für alle werden, ja die Region Fulda könne hier einen Standortvorteil erringen. „Das ist klasse, was hier geleistet wird“, zeigte sich Brand beeindruckt. „Die Sprache ist der Schlüssel zum Erfolg. Und die Richard-Müller-Schule hat sich dem Thema viel früher als andere angenommen. Das zahlt sich für alle aus“, betonte Brand, der sich die Zeit nahm mit Schülern aus Eritrea, Somalia, Afghanistan und Pakistan auch über Themen jenseits des Unterrichts zu sprechen.

Michael Brand äußerte sich sehr aufgeschlossen auch dem Interesse der Wirtschaft an gut ausgebildeten ausländischen Kräften gegenüber, bemerkte zugleich, dass bei der Entscheidung über eine Aufnahme nicht nur Fragen der Nützlichkeit eine Rolle spielen dürften. „Diejenigen, die an Leib und Leben bedroht sind, brauchen unsere Unterstützung – und hier tun wir eine Menge“, so Brand, der zugleich eine bessere Lastenverteilung in Europa forderte. Diejenigen, die in Deutschland bleiben, sollten besser integriert werden, davon könne man in Deutschland in vielerlei Hinsicht profitieren. Diejenigen, die keinen Anspruch haben, sollten schneller wieder in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden.

Der Bund habe deshalb beschlossen, angesichts der großen Herausforderungen 2000 zusätzliche Mitarbeiter beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge einzustellen, um Asylanträge aus sogenannten sicheren Herkunftsländern schneller zu bearbeiten. „Wir müssen uns bei der Hilfe auf die Menschen konzentrieren, die um ihr Leben fürchten.“ Europa und Deutschland bleiben nach Brands Ansicht ein „Magnet der Zuflucht“. Klar sei aber auch, dass wir nicht alle Probleme alleine in Deutschland und Europa lösen können. Die Bekämpfung der Fluchtursachen sei hierbei von herausragender Bedeutung. Mit der Versicherung, dass man gerade in Fragen der Flüchtlinge, die die Region – wie die gesamte Republik – gerade sehr beschäftigten, im Gespräch bleiben wolle, verabschiedet sich Michael Brand von der gastgebenden Richard-Müller-Schule. +++ fuldainfo

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