Bouffier: „Ich hoffe, die Türkei begibt sich nicht auf den Weg in eine Präsidialdiktatur“

Gesprächsfaden nicht abreißen lassen

Volker Bouffier (CDU)

Wiesbaden. Der Hessische Ministerpräsident Volker Bouffier bedauert, dass sich beim Verfassungsreferendum in der Türkei offensichtlich die Befürworter des Präsidialsystems durchgesetzt haben. „Nach allem was wir aktuell wissen, ist der Volksentscheid über das Verfassungsreferendum äußerst knapp verlaufen. Das offizielle Ergebnis und die Berichte der neutralen OSZE-Wahlbeobachter liegen indes noch nicht vor. Sollte es allerdings bei der Zustimmung zum Referendum bleiben, erfüllt mich die Entwicklung in der Türkei mit großer Sorge. Ich habe mir ein anderes Ergebnis gewünscht: ein klares Bekenntnis zur parlamentarischen Demokratie. Ich hoffe, dass sich das Land mit der Einführung der Präsidialherrschaft nicht auf den Weg in eine Diktatur begibt. In den vergangenen Wochen und Monaten haben wir einen beklemmenden Wandel der Worte, der Werte und der politischen Kultur beobachtet, den wir nicht gutheißen“, sagte der Regierungschef.

Das Ergebnis zeige auch, dass die Türkei tief gespalten sei, weil nahezu die Hälfte der Wahlberechtigten sich gegen die Einführung der Präsidialdiktatur entschieden habe. Auch um deren Willen sei es wichtig, den Dialog und den Gesprächsfaden nicht abreißen zu lassen. Bouffier betonte weiter, dass unter diesen Bedingungen eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der Europäischen Union nicht in Frage komme. „Besonders die von Präsident Recep Tayyip Erdogan angekündigte Wiedereinführung der Todesstrafe ist mit den Werten der EU unvereinbar.“

Der Hessische Ministerpräsident zeigte sich zudem besorgt über die Abstimmungsergebnisse der Türken in Deutschland. „Ich finde es befremdlich, dass die vielen freiheitsentziehenden Maßnahmen, wie die Verhaftung von Abgeordneten und Journalisten, so auch die Inhaftierung des aus Flörsheim stammenden Deniz Yücel, bei vielen hier lebenden türkischstämmigen Mitbürgern offensichtlich keine Rolle gespielt haben. Sie genießen alle demokratischen-parlamentarischen Rechte unseres Staates, schränken diese mit ihrem Wahlverhalten aber gleichzeitig in der Türkei ein. Umso mehr gilt es, sich nun noch mehr um unsere türkischstämmigen Mitbürgerinnen und Mitbürger zu kümmern, um sie von den freiheitlichen Werten einer parlamentarischen Demokratie zu überzeugen“, sagte Ministerpräsident Bouffier. +++