Bischöfe streiten über nationale Missbrauchs-Synode

Grütters und Thierse kritisieren katholische Bischöfe

Unter den katholischen Bischöfen ist offenbar Streit über die Konsequenzen aus dem Missbrauchsskandal entbrannt. Nach Informationen der „Zeit“-Beilage „Christ & Welt“ konnten sich die 27 deutschen Bistumschefs auf einem internen Treffen in Würzburg nicht auf eine gemeinsame Strategie verständigen. Wie aus einem nicht-öffentlichen Konzeptpapier hervorgeht, schlug eine Gruppe von Bischöfen eine nationale Synode als Reaktion auf die Missbrauchskrise vor.

Dabei sollten offenbar Laien, Theologen, externe Experten und Bischöfe über Fragen wie die Zukunft des Zölibats, die katholische Sexualmoral und den Schutz vor kirchlichem Machtmissbrauch diskutieren. Nach Informationen von „Christ & Welt“ stieß das Konzept bei konservativen Bischöfen auf Widerstand. Verfasser des Papiers, das der Redaktion nach eigenen Angaben vorliegt, sind der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf, der Essener Bistumschef Franz-Josef Overbeck, Karl-Heinz Wiesemann aus Speyer und Stefan Os ter aus Passau. Sie schreiben: „Die Kirche befindet sich in einer existenziellen Krise, die vom Missbrauchsskandal nicht ausgelöst ist, hierin wohl aber einen Brennpunkt findet.“ Weiter heißt es: „Leben und Reden fallen in der Kirche weit auseinander.“ Wenn die Initiative für eine „synodale Veranstaltung“ jetzt von den Bischöfen selbst ausgehe, sei dies sicher „ein breit wahrnehmbares und starkes Signal“. Der Co-Autor Bischof Peter Kohlgraf sagte auf Nachfrage, er glaube, dass das Ende des Weges noch nicht erreicht sei. „Allen Bischöfen ist bewusst, dass wir als Kirche nicht so weitermachen können wie bisher“, betont der Mainzer Bistumschef. „Die Zeiten, da Bischöfe schalten und walten konnten, wie sie wollten, sind definitiv vorbei.“ Es sei allen klar, dass die Kirche verlorenes Vertrauen zurückgewinnen müsse. „Differenzen gibt es nur über die Frage, wie das gehen soll.“

Grütters und Thierse kritisieren katholische Bischöfe

Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Monika Grütters (CDU), und Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) kritisieren die katholischen Bischöfe. „Um künftig glaubwürdig zu sein, muss meine Kirche sich endlich öffnen für eine fundamentale Erneuerung“, fordert die Kulturstaatsministerin in der aktuellen Ausgabe der Wochenzeitung „Die Zeit“. Die Katholikin fordert die deutschen Bischöfe auf, an den Ursachen des Missbrauchsskandals zu rühren: „Wenn ein Fundament Risse bekommt, kann man das Haus nicht mit Reparaturen an der Fassade retten, sondern muss die Grundfesten erneuern.“ Zur dringend nötigen Erneuerung gehörten, so Grütters, die Zulassung von Frauen zu Weiheämtern und die Aufhebung des Pflichtzölibats. Wolfgang Thierse geht in seiner Kritik an der katholischen Kirche noch weiter. In der „Zeit“ schreibt er: „Denn viele deutsche Bischöfe sehen offenbar die Dringlichkeit der Missbrauchsaufklärung und der daraus folgenden not wendigen Kirchenreformen noch immer nicht ein. Beides geht viel zu langsam voran. Leider!“ Weiter kritisiert Thierse eine „unaufrichtige und undeutliche Linie der Bischöfe“ im Missbrauchsskandal. „Die Deutsche Bischofskonferenz ist beim Thema Missbrauch zerstritten – und weniger mutig, als der Papst es erlaubt.“ An den Vorsitzenden der Bischofskonferenz richtet der katholische Politiker die Frage: „Aber wo bleiben die unmittelbaren Konsequenzen des vielfachen sexuellen Missbrauchs und seiner Vertuschung?“ Thierse fordert: „Schluss mit Vertuschungen, personelle Konsequenzen, Übergabe von Missbrauchsfällen an die staatliche Justiz, echte Gewaltenteilung auch in der Kirche, also unabhängige Gerichtsbarkeit.“ Und: „das klerikale Sonderbewusstsein muss weg.“ Hintergrund des Vorstoßes der beiden Politiker ist ein offener Brief von neun Katholiken an den Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx. Ende Februar versammelt der Papst die Bischöfe der Welt zu einem Krisengipfel über Missbrauch. +++