Biden hatte „kurzes aber gutes Gespräch“ mit Trump nach Attentat

Derweil laufen die Ermittlungen weiter auf Hochtouren

US-Präsident Joe Biden

US-Präsident Joe Biden hat nach dem Attentat auf seinen Konkurrenten Donald Trump mit seinem Amtsvorgänger gesprochen. Es sei ein „kurzes, aber gutes Gespräch“ gewesen, sagte Biden am Sonntagnachmittag (Ortszeit) in Washington.

Er sei „aufrichtig dankbar“, dass es Trump gut gehe und er sich erhole, fügte der Demokrat hinzu. „Ein Attentat steht im Widerspruch zu allem, wofür wir als Nation stehen – zu allem“, so Biden weiter. „Das ist nicht das, was wir als Nation sind. Das ist nicht Amerika, und wir können so etwas nicht zulassen. Einheit ist das am schwersten zu erreichende Ziel von allen, aber nichts ist im Moment wichtiger als das.“

Derweil laufen die Ermittlungen weiter auf Hochtouren. US-Medienberichten zufolge wurde im Auto des Attentäters auch Sprengstoff gefunden. Demnach sei der Wagen in der Nähe des Tatorts sichergestellt worden. Auch in seinem Haus sollen sich Materialien für den Bau von Bomben befunden haben.

Bei dem Vorfall wurden am Samstagabend ein Teilnehmer der Wahlkampfveranstaltung getötet und Trump sowie noch mindestens zwei weitere Personen verletzt, die sich beide noch in kritischem Zustand befinden sollen. Trump soll es nach Angaben seines Wahlkampfteams „gut“ gehen, er wurde bei dem Anschlag am rechten Ohr getroffen. Die Behörden gehen davon aus, dass es derzeit keine Bedrohungslage mehr gibt.

International wurde viel Bestürzung und Anteilnahme für den Ex-Präsidenten geäußert. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bezeichnete die Tat als „verabscheuungswürdig“. CDU-Chef Friedrich Merz zeigte sich am Sonntag im ARD-Sommerinterview entsetzt: „Aber es zeigt eben auch, in welchem Zustand Amerika ist, wie tief gespalten dieses Land ist.“ Merz vermutet, dass das Geschehen sich auf das Ergebnis der Präsidentschaftswahl im November auswirken wird.

Mit Blick auf Deutschland sagte er: „Ich will es nicht hoffen, dass es sich zuspitzt und das so etwas geschieht wie heute Nacht in Amerika. Aber es ist nicht ausgeschlossen – und gerade deshalb müssen wir ein wenig Acht geben auf die Art der Auseinandersetzung, wie wir sie führen.“ Die Auseinandersetzungen im Deutschen Bundestag, auch mit der AfD, würden immer verletzender, immer persönlicher – das sei nicht gut für die Demokratie in Deutschland, so Merz.

Unterdessen gibt es in den USA auch Fragen zum Sicherheitskonzept. Der Täter hatte offenbar ein Sturmgewehr vom Typ AR-15 verwendet, mit dem Ziele aus größerer Entfernung getroffen werden können. Abgegeben wurden die Schüsse von einem Dach aus, wobei der Schütze wohl 130 bis 140 Meter von Trump entfernt war. Wie der Mann offenbar von den Sicherheitskräften unbemerkt auf das Dach klettern konnte, wird wohl Gegenstand der Ermittlungen sein. Für den anstehenden Parteitag der Republikaner kündigte US-Präsident Biden eine Überprüfung der Sicherheitsmaßnahmen an. Trump will noch am Sonntag zu der Veranstaltung reisen.

Derweil gibt es auch Schuldzuweisungen vonseiten der Republikaner. So machte US-Senator J.D. Vance, der als Vizepräsidentenkandidat von Trump im Gespräch ist, die Kampagne von Amtsinhaber mitverantwortlich. „Die zentrale Prämisse der Biden-Kampagne besteht darin, dass Präsident Donald Trump ein autoritärer Faschist sei, der um jeden Preis gestoppt werden müsse“, schrieb Vance bei Twitter. „Diese Rhetorik führte direkt zum Attentat auf Präsident Trump.“  +++

Kommentar hierzu

Das Bild von Donald Trump, das ihn nach einem Attentat zeigt, könnte tatsächlich enorme Auswirkungen auf die Wählerschaft haben. Die schnelle Reaktion der Republikaner, die Demokraten zu beschuldigen, zeigt, wie wichtig die Kontrolle über die Narrative in den sozialen Medien ist.

Bilder haben eine enorme Macht in der politischen Kommunikation. Das Bild von Trump mit erhobener Faust könnte als Symbol der Stärke und Widerstandskraft interpretiert werden, während Bilder von Biden, die Gebrechlichkeit zeigen, als Schwäche ausgelegt werden könnten. Diese visuelle Kommunikation kann tief in die Emotionen der Wähler eindringen und ihre Entscheidungen beeinflussen.

Trump hat es immer wieder verstanden, sich als Opfer eines Systems darzustellen, das gegen ihn arbeitet. Dieses Attentat und das Bild könnten diese Rolle noch weiter verstärken und ihm zusätzliche Sympathien in der Bevölkerung einbringen.

Die Demokraten stehen vor der Herausforderung, angemessen auf diese Ereignisse zu reagieren. Ein möglicher Rückzug von Biden zugunsten von Kamala Harris könnte als strategischer Schachzug interpretiert werden, um das Narrativ zu ändern und möglicherweise frischen Wind in den Wahlkampf zu bringen. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob dies die gewünschte Wirkung erzielen würde.

Die Polarisierung in den USA könnte durch diese Ereignisse weiter zunehmen. Wähler könnten sich noch stärker in ihren Lagern verfestigen, was den Wahlkampf weiter anheizt. Die Entscheidung, wie mit solchen dramatischen Ereignissen umgegangen wird, könnte tatsächlich entscheidend für den Ausgang der Wahl sein.

Die Art und Weise, wie Politiker auf Gewalt und dramatische Ereignisse reagieren, kann langfristige Auswirkungen auf die politische Kultur eines Landes haben. Es ist wichtig zu beobachten, wie sowohl Republikaner als auch Demokraten diese Situation nutzen oder darauf reagieren, um Rückschlüsse auf zukünftige politische Dynamiken zu ziehen.

Die Bilder und die Reaktionen darauf könnten den Wahlkampf maßgeblich beeinflussen. Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich die Situation weiterentwickelt und welche strategischen Entscheidungen von beiden Seiten getroffen werden. +++ n. hettler

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