Berufsorientierung direkt auf der Baustelle – Woide informierte sich vor Ort

125 Teilnehmer bei der Praktikumswoche

Landrat Bernd Woide (rechts) traf Ben Becker (Zweiter von rechts) als Praktikant bei Müller+Bug-Geschäftsführer Jürgen Bug (links) und dem Auszubildenden Nafid Afzalé, der sich nach einer abgeschlossenen Einzelhandelslehre für das Handwerk entschieden hat. Fotos: Sebastian Mannert

Das Projekt Praktikumswoche war ein toller Erfolg: 125 Schülerinnen und Schüler haben in den Sommerferien innerhalb einer Woche die Arbeitsmöglichkeiten in bis zu fünf heimischen Unternehmen kennengelernt. „Das war eine sehr gute Gelegenheit mich in verschiedenen Bereichen auszuprobieren“, sagt dazu Ben Becker. Den 16 Jahre alten Wigbertschüler traf Landrat Bernd Woide bei seinem Besuch auf einer Baustelle des Dachdeckerbetriebes Müller + Bug, der mehreren Praktikanten Einblicke gewährt hat. „Der Landkreis möchte mithelfen, vor allem auch das Handwerk bei seiner Nachwuchssuche zu unterstützen“, sagte Bernd Woide: „Die Arbeitswelt verändert sich stetig, aber das Internet wird auch künftig kein Dach decken können.“

Das Projekt Praktikumswoche sollte angesichts des coronabedingten Wegfalls der klassischen Betriebspraktika und Berufsbildungsmessen Jugendlichen eine neue Alternative zur beruflichen Orientierung bieten. 60 Betriebe erklärten sich bereit, bei dem Angebot „Fünf Unternehmen in fünf Tagen“ mitzumachen. Dafür dankte Landrat Woide ausdrücklich: „Es ist wichtig, jungen Menschen zu zeigen, wie attraktiv das Handwerk ist und dass im Endeffekt wirklich jeder das Handwerk braucht. Ein Haus lässt sich eben nicht virtuell errichten.“ Dennoch stehe die handwerkliche Ausbildung in starkem Wettbewerb zum Studium. „Dabei ist die beste Werbung, dass eine Ausbildung im Handwerk einen qualifizierten und sicheren Arbeitsplatz bietet. Aber das ist nicht jedem präsent“, sagte der Landrat. Daran knüpfte auch Jürgen Bug an. Der Geschäftsführer von Müller + Bug sieht Projekte wie die Praktikumswoche als gute Gelegenheit, für das Berufsbild Werbung zu machen: „Unsere Tätigkeit, unser Können ist so vielseitig. Wenn wir das den jungen Menschen vermitteln können, ist das für ihre Berufswahl vielleicht ein entscheidendes Argument“, sagte der Geschäftsführer auch in seiner Funktion als Obermeister der Innung. Es sei aktuell nicht einfach, genügend Auszubildende zu finden. Und weil viele gar kein oder nur ein sehr veraltetes Bild von Handwerksberufen hätten, seien Praktika und Schnuppertage so effektiv. So sieht das auch Ben Becker, der von der Praktikumswoche auch durch Instagram erfahren hat: „Ich fand das interessant und wollte einfach mal schauen, was da geboten wird“, sagt der 16-Jährige, der sich zufrieden über seine Woche äußerte: „Ich konnte richtig mithelfen. Das hat mich sehr gereizt, und ich habe wirklich viele Eindrücke und Kenntnisse gewonnen.“ Zur Seite stand ihm dabei unter anderem Navid Afzalé, der im zweiten Jahr der Dachdeckerausbildung ist, und ein gutes Beispiel dafür, dass Handwerk auch auf den zweiten Blick begeistern kann. Der 22-Jährige hat bereits eine Lehre als Einzelhandelskaufmann abgeschlossen. „Aber ich habe gemerkt, dass ich einen Beruf suchte, wo ich anpacken kann und außerdem einen sicheren Arbeitsplatz fürs Leben habe“, sagte er.

76 verschiedene Berufsbilder boten die Betriebe während der Praktikumswoche an. Darunter war auch das Bauunternehmen Kammerdiener Peegut, wo sich der 15-jährige Till Heumüller an der Baustelle der Bäckerei Happ in Neuhof umgesehen und mitgeholfen hat. „Ich bin mir noch nicht sicher, was ich schulisch machen werde, ob ich eine Ausbildung anstrebe oder erst Abitur. Und deshalb möchte ich mir anschauen, was ich für Möglichkeiten habe, welche Berufe für mich in Frage kommen würden. Deswegen habe ich mich bei der Praktikumswoche angemeldet“, sagte der junge Mann, der das Marianum besucht. „Ein Gefühl dafür zu bekommen, was eigentlich hinter den Berufen steckt, wie sie sich über die Jahre entwickelt haben – das ist ein wichtiger Schritt für junge Menschen, um sich für ihre Zukunft besser entscheiden zu können“, sagte Bernd Woide. „In der Tat haben wir Handwerker viel mehr zu bieten, als gemeinhin so angenommen wird“, sagte Geschäftsführer Dr. Christoph Schetter. „Allein wenn man die Ausbildung betrachtet. Dieses Können, das man erwirbt, das bleibt. Das nimmt einem niemand mehr. Wer Maurer ist, der verlernt das nicht“, sagte er und ergänzte: „Wir stellen auch immer wieder fest, wie erfüllend es für viele ist, zu sehen, was sie mit ihrer Arbeit schaffen können und geschaffen haben.“ Das bestätigte auch Manuel Erb, der als Vorarbeiter auf der Baustelle tätig ist: „Es ist ein selbstständiges Arbeiten, man ist im Freien, das Team ist gut, die Aufgaben sind vielfältig, und man sieht, was man gemacht hat – ich mache das gern.“ +++ pm

Info und Hintergrund
Interessenten war es möglich, sich online für Praktikumstage in den Sommerferien zu bewerben und dabei diverse berufliche Interessen anzugeben. Es gab mehrere Hundert Kontakte, 125 junge Frauen und Männer nahmen insgesamt an diesem Projekt teil. 60 heimische Unternehmen aus Industrie, Handel, Verwaltung, der Pflege und dem Handwerk boten in der Summe 76 verschiedene Praktikumsstellen/Berufsbilder online an – an unterschiedlichen Tagen über die gesamten Ferien hinweg.
Im vergangenen Jahr war mit einer ähnlichen Aktion, den #navidays, Pionierarbeit geleistet worden. Mehr als 300 Bewerberinnen und Bewerber konnten in einem Schuljahr an 30 beteiligte Unternehmen für Tagespraktika vermittelt werden. „Ich bin froh, dass die Aktion nun unter dem Namen Praktikumswoche Fulda weitergeführt wurde und in die neue Berufsorientierungsplattform eingebunden ist“, sagt Julian Bolz, Projektmanager der Azubi Region Fulda.

Unter www.berufsorientierung-fulda.de finden Schülerinnen und Schüler an einem Ort alles Wissenswerte sowie Aktionen und Kontakte rund um die berufliche Orientierung. Partner der Aktion sind neben dem Landkreis, der Stadt und der Region Fulda GmbH auch die Bundesagentur für Arbeit Bad-Hersfeld – Fulda, das Staatliche Schulamt für den Landkreis Fulda, die Industrie- und Handelskammer Fulda sowie die Kreishandwerkerschaft Fulda.

„Ich glaube, dass die Praktikumswoche Fulda ein wichtiges Angebot genau zur richtigen Zeit ist, um unsere heimische Wirtschaft auf der Suche nach Nachwuchskräften zu stärken und den jungen Menschen ein Stück praktische Orientierung zu bieten“, erklärt Landrat Bernd Woide, der die Aktion gemeinsam mit Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld unterstützt. „Hier kommt zusammen, was zusammengehört: die Idee eines innovativen Startups aus Fulda, die neue Plattform zur Berufsorientierung für die Region und ein breites Netzwerk aus heimischen Betrieben, Schulen und Institutionen“, fügt Wingenfeld hinzu.