Bericht: Dämpfer für freiwillige Plastiktüten-Lösung des Handels

Umweltverbände und Wissenschaftler dringen auf Einschränkungen

Plastiktüten

Berlin. Die geplante Selbstverpflichtung der deutschen Wirtschaft zum Zurückdrängen von umweltschädlichen Plastiktüten hat einen Rückschlag erlitten. Bäcker, Apotheker und Tankstellenbetreiber werden sich voraussichtlich nicht an der vom Handelsverband Deutschland (HDE) angestrebten Einführung von Tüten-Gebühren beteiligen, wie eine Umfrage der „Welt“ ergab. „Wir haben uns dagegen entschieden, weil wir diese Form für unsere Mitglieder nicht als zielführend erachten“, sagte Daniel Schneider, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks.

Zum einen könne der Verband aus rechtlichen Gründen keine Verpflichtungen für die gut 12.000 selbstständigen Bäcker eingehen, zum anderen würden neue Dokumentationspflichten viele kleine Betriebe überfordern. Auch die Spitzenorganisation der Apotheker, die Bundesvereinigung der Deutschen Apothekerverbände (ABDA), zeigte sich reserviert. Man befürworte Gebühren im Prinzip, könne den Landesvereinigungen aber keine Vorschriften machen, sagte eine Sprecherin. Außerdem würden in den gut 20.200 Apotheken in Deutschland meist nur kleine Plastikbehälter oder Papiertütchen verwendet. Auch der Zentralverband des Tankstellengewerbes bleibt zurückhaltend. Man sei noch nicht angesprochen worden, sagte Geschäftsführer Jürgen Ziegner. In den Tankstellenshops würden kaum Tüten benutzt. Der HDE wollte ursprünglich bis 1. April eine freiwillige Lösung mit dem Bundesumweltministerium erreichen und damit einer gesetzlichen Reduzierungspflicht zuvorkommen. Nach einer EU-Richtlinie müssen die Mitgliedsstaaten die Zahl der durchschnittlich verwendeten Kunststoffbeutel bis 2025 auf 40 Stück jährlich senken.

Derzeit sind es in Deutschland 71. Zahlreiche große Filialketten, darunter C&A, Media Markt und Karstadt, verlangen inzwischen Preise zwischen zehn und 50 Cent je Tüte. Allerdings beteiligen sich nicht alle großen Handelsunternehmen. Zudem entfallen auf den vom HDE vertretenen Handel im engeren Sinne nur 70 Prozent der in Deutschland verteilten Plastiktüten. Das Bundesumweltministerium verhält sich deshalb abwartend. „Wir haben noch nicht unterschrieben“, sagte ein Sprecher der „Welt“. Allerdings bleibe eine freiwillige Lösung auch nach dem 1. April möglich. Dies sei kein verpflichtendes Datum. Umweltverbände und Wissenschaftler dringen auf Einschränkungen, weil der Kunststoff zunehmend die Meere verschmutzt und als Mikroplastik in die Nahrungskette gelangen kann. +++ fuldainfo