Barley will Insolvenzrecht „fortentwickeln“

Viele Chefs betreiben Management by Kontoauszug

Katarina Barley (SPD)

Berlin. Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) hat eine Reform des Insolvenzrechts angekündigt. „Durch eine frühzeitige Einleitung von Sanierungsmaßnahmen erhalten Unternehmensleiter oft größere Gestaltungsmöglichkeiten“, sagte Barley dem „Handelsblatt“. Sie werde den deutschen Rechtsrahmen im Lichte europäischer Vorgaben aus der geplanten EU-Restrukturierungsrichtlinie fortentwickeln. „Zu einer guten Unternehmensführung gehört auch eine ehrliche Analyse und eine verantwortungsvolle Planung“, sagte Barley.

So könnten Fehlentwicklungen frühzeitig entdeckt und ihnen entgegengewirkt werden. Brüssel plant derzeit ein vorinsolvenzliches Sanierungsverfahren. In diesem Zuge könnte allerdings der hierzulande geltende Tatbestand der Überschuldung aufgeweicht werden. „Eine Lockerung der Insolvenzantragspflichten wird dazu führen, dass Insolvenzanträge noch später als bisher gestellt werden“, warnte der Vorsitzende des Verbandes der Insolvenzverwalter (VID), Christoph Niering. Leidtragende wären Gläubiger und Arbeitnehmer.

Laut einer Studie des Deutschen Instituts für angewandtes Insolvenzrecht (DIAI), über die das Blatt berichtet, erkennen Manager zu spät, dass der eigene Betrieb wirtschaftlich in Schieflage gerät. Demnach hätte im vergangenen Jahr jede dritte Unternehmenspleite in Deutschland abgewendet werden können, wenn das Management rechtzeitig den Insolvenzschutz beantragt hätte. So wären 5.600 Firmen zu retten gewesen. „Viele Chefs betreiben Management by Kontoauszug und übersehen die mittelfristigen Warnsignale“, sagte DIAI-Vorstand Hans Haarmeyer der Zeitung. „90 Prozent der Insolvenzen kündigen sich mindestens ein Jahr im Voraus an.“ +++