
Die Deutsche Bahn will die Mindestlohn-Forderung der Eisenbahnergewerkschaft EVG erfüllen. Das teilte der Staatskonzern in der Nacht zu Freitag mit, nachdem am Abend die Gespräche mit der Gewerkschaft fortgesetzt wurden. Die Bahn habe der EVG dabei zugesagt, der von ihr Anfang Februar erhobenen Forderung nach Abbildung des gesetzlichen Mindestlohns zuzüglich Entgelterhöhung nachzukommen. Das bedeute, dass vom ersten Tag des Tarifabschlusses an alle Entgelttabellen 12 Euro ausweisen würden.
Auch sei klargestellt worden, dass es keine Begrenzung von 13 Euro gebe, da sich bereits das vorliegende Angebot auf 13,20 Euro belaufe. „Wir haben die Forderung zum Mindestlohn erfüllt, jetzt steht die EVG im Wort“, ließ sich DB-Personalvorstand Martin Seiler in der Nacht zitieren. Die EVG müsse nun ihre Zusage einhalten und den 50-stündigen Warnstreik absagen. Unterdessen machte Linksfraktionschef Dietmar Bartsch den Bahn-Vorstand und die Bundesregierung verantwortlich für den eskalierenden Tarifkonflikt bei dem Staatskonzern. „Astronomische Boni für das Management und Streik für die Kunden, weil der Bahnvorstand sich in einer Abwehrschlacht gegen die berechtigten Forderungen ihrer Mitarbeiter stellt. Das ist inakzeptabel“, sagte Bartsch dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Die Verantwortung für die angekündigten Streiktage trügen der Bahnvorstand und die Bundesregierung. „Bundeskanzler Scholz sollte Verkehrsminister Wissing anweisen, den Spuk bei der Deutschen Bahn zu beenden“, forderte Bartsch. „Die Beschäftigten brauchen deutliche Lohnzuwächse und die Kunden eine Bahn, die verlässlich fährt.“ Boni dürften nur dann fließen, wenn die Bahn sicher, sauber und pünktlich fahre und alle Beschäftigten auskömmlich verdienten.
Verkehrsstaatssekretär ruft im Bahntarifstreit zur Mäßigung auf
Verkehrsstaatssekretär Michael Theurer (FDP), der zugleich Beauftragter der Bundesregierung für den Schienenverkehr ist, hat die Parteien im Tarifsteit bei der Bahn zur Mäßigung aufgerufen. „Ich appelliere an die Tarifparteien, ein Verkehrschaos zu vermeiden“, sagte er dem „Tagesspiegel“. „Der Tarifkonflikt sollte nicht zulasten der Bevölkerung geführt werden.“ Nachdem die Eisenbahnergewerkschaft EVG einen großangelegten Warnstreik zwischen Sonntagabend um 22 Uhr und Dienstagabend um 24 Uhr angekündigt hatte, hat die Bahn am Donnerstag mitgeteilt, für denselben Zeitraum den Fernverkehr komplett einzustellen. Theurer sagte nun, alle Seiten seien „aufgefordert, sich entsprechend ihrer Verantwortung zu verhalten“. Um die Einschränkungen so gering wie möglich zu halten, müssten die Deutsche Bahn und die Verkehrsbetriebe vor Ort nun „frühzeitig geeignete Vorkehrungen“ treffen. „Infrastruktur ist zentral für die Funktionsfähigkeit unserer Volkswirtschaft“, sagte der FDP-Politiker. Noch deutlich kritischer gegenüber der Ankündigung der Gewerkschaft äußerte sich sein Parteifreund Reinhard Houben, der wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion ist: „Auch eine hohe Inflation und gestiegene Energiepreise rechtfertigen nicht die erhobenen Forderungen der EVG.“ Seiner Meinung nach könnten Tarifverhandlungen „nicht frei von jeder Verhältnismäßigkeit geführt werden“. Schließlich könne sich das Angebot der Bahn an ihre Beschäftigten „sehen lassen“, sagte Houben dem „Tagesspiegel“. „Umso weniger gerechtfertigt sind erneute Warnstreiks, die den Personen- und Güterverkehr über mehrere Tage lahmlegen und massive Auswirkungen auf ganz Europa haben.“ +++