Baerbock bekräftigt Dialogbereitschaft mit Russland

Ex-NATO-Generalsekretär warnt vor Inbetriebnahme von Nord Stream 2

Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat die Dialogbereitschaft mit Russland im Ukraine-Konflikt bekräftigt. Diplomatie sei der einzig gangbare Weg, „um die derzeitige hochgefährliche Situation zu entschärfen“, sagte sie am Montag bei ihrem Antrittsbesuch in Kiew. Man werde aber nicht ohne die Ukraine über die Ukraine reden. Die europäische Solidarität für „die Souveränität und die territoriale Integrität der Ukraine“ stehe nicht zur Debatte. Die Souveränität der Ukraine werde demnach niemals Verhandlungsgegenstand sein. Jede erneute Aggression hätte einen hohen Preis, sagte Baerbock in Richtung Russland. „Kein Land hat das Recht, anderen Ländern vorzuschreiben, in welche Richtung es gehen, welches Beziehungen es haben und welche Bündnisse es eingehen darf.“ Baerbock will sich in Kiew auch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj treffen. Für Dienstag ist dann in Moskau ein Gespräch mit ihrem russischen Amtskollegen Sergei Lawrow geplant.

Ex-NATO-Generalsekretär warnt vor Inbetriebnahme von Nord Stream 2

Der ehemalige NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sieht in der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 ein geopolitisches Projekt zum Schaden Europas. Sie solle „Europas Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen zementieren und die Ukraine und andere Staaten ihrer Transit-Einnahmen berauben“, sagte er dem „Stern“. Um eine Betriebsgenehmigung für die Pipeline zu erreichen, habe Russland seine Gaslieferungen nach Europa gedrosselt und die Gaspreise so in die Höhe getrieben. „Das ist Erpressung“, sagte Rasmussen. „Deutschland sollte die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 nicht genehmigen“ – ganz gleich, wie der aktuelle Konflikt um die Ukraine sich entwickle. Der Däne, in dessen Amtszeit als NATO-Generalsekretär (2009-2014) die Krim-Krise und die Abspaltung der Gebiete um Donezk und Luhansk in der Ostukraine fiel, kennt Russlands Präsidenten Wladimir Putin aus zahlreichen Begegnungen. Auf den gegenwärtigen russischen Truppenaufmarsch an der Grenze zur U kraine müsse die NATO entschieden reagieren, sagte er. Mit zusätzlichen Truppenstationierungen in den östlichen NATO-Staaten und weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine – auch aus Deutschland. „Im Umgang mit Diktatoren führt eine Politik der Beschwichtigung nicht zum Frieden, sondern zu Krieg und Konflikt.“ Hoffnung für einen entschiedeneren Kurs Deutschlands gegenüber Russland setzt Rasmussen in Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). „Ich verfolge sie mit großem Interesse“, so Rasmussen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) solle einen Kurswechsel im deutschen Verhältnis zu Russland einleiten, fordert der ehemalige NATO-Chef. „Tut er das nicht, wird diese neue deutsche Regierung eine Riesenenttäuschung für Europa.“ Die von der Regierung Merkel über Jahre gepflegte deutsche Sensibilität gegenüber Russland sei angesichts dessen zunehmend aggressiven Auftretens „fehl am Platz“.