Bad Hersfelder Festspiele: Ensemble von „Der Prozess“ startete Probenbeginn

Lou Zöllkau, Nicole Sydow und Günter Alt ergänzen Ensemble

„Seit über einem halben Jahr habe ich mich nun eingehend mit Kafkas Roman beschäftigt und mir immer wieder vorgestellt, welche Schauspieler zu den Figuren passen könnten. Wer würde besser ‚gegen den Strich besetzt‘ werden? Wer würde einer, nur auf wenigen Seiten skizzierten Neben-Figur genügend Tiefe verleihen können? Ich bin gespannt, die unterschiedlichen Persönlichkeiten endlich in einem Raum, auf einer Bühne zusammen zu erleben“, so der Intendant der Bad Hersfelder Festspiele Joern Hinkel zum Auftakt der Probensaison der 69. Bad Hersfelder Festspiele am Montag in Bad Hersfeld.

Gestartet war der erste Probentag in der Probenhalle am Kurpark mit der traditionellen Leseprobe. Freudestrahlend begrüßte Festspielintendant Joern Hinkel sein Ensemble, bestehend aus bekannten und renommierten Theater- und Filmschauspielern: Ronny Miersch, Ingrid Steeger, Dieter Laser, Markus Majowski, Thomas Maximilian Held, Thorsten Nindel, Jürgen Hartmann, Corinna Pohlmann, Mathias Schlung, Maria Radomski, Günter Alt, Nicole Sydow sowie Lou Zöllkau. Aufgrund von Terminen wird Marianne Sägebrecht erst am Mittwoch zu den Proben stoßen. Sechs Wochen lang werden die Schauspielerinnen und Schauspieler mit Regisseur Joern Hinkel nun seine Fassung des Stückes „Der Prozess“ nach dem gleichnamigen Roman von Franz Kafka proben. Mit dem Schauspiel werden die Festspiele am Freitag, den 5. Juli 2019, um 21:00 Uhr, eröffnet. Zur Premiere werden viele prominente Gäste erwartet.

Ronny Miersch wird im Prozess die Rolle des Josef K. verkörpern. Bereits während des Studiums spielte Ronny Miersch am Schauspielhaus Bochum und blieb bis 2014 als festes Ensemblemitglied. 2012 wurde er mit dem Bochumer Theaterpreis in der Sparte „Bester Nachwuchskünstler“ ausgezeichnet. Seit 2014 ist er als freier Schauspieler und Choreograph für „Bühnenkampf“ tätig. In dieser Zeit spielte er unter anderem am Staatstheater Augsburg den „Brick“ in „Die Katze auf dem heißen Blechdach“ (Regie: Matthias Fontheim), an der Komödie am Kurfürstendamm in „Der Raub der Sabinerinnen“ (Regie: Katharina Thalbach), am Theater Münster in „Ein Mann, zwei Chef und Floh im Ohr“ (Regie: Christian Brey), am Schauspielhaus Bochum in „Monty Python´s Spamlot, der Mann ohne Vergangenheit“ (Regie: Christian Brey) und „Verbrechen und Strafe“ (Regie: Jan Klata). Zuletzt war er als Merkl Franz in „Kasimir und Karoline“ (Regie: Frank Behnke) in Münster zu sehen. Außerdem spielt Ronny Miersch in verschiedenen Film- und Fernsehrollen, unter anderem im Tatort Köln.

Dieter Laser spielt in „Der Prozess“ den Advokaten Huld. Er spielte in 68. Deutschen und internationalen Film- und Fernsehproduktionen an der Seite von Weltstarts wie Jürgen Prochnow, Bruno Ganz, Burt Lancaster, Julie Christie, John Malkovich und Glenn Close. In Kiel geboren und in Hamburg aufgewachsen, arbeitete Dieter Laser zunächst als Statist am Deutschen Schauspielhaus Hamburg und wurde von Gustaf Gründgens, dem „König des Theaters“ entdeckt. Danach arbeitete er sieben Jahre lang mit Peter Stein an den Münchner Kammerspielen und am Schauspielhaus Zürich und war Mitbegründer der Berliner Schaubühne, in deren Direktorium er auch gewählt wurde. Für die Titelrolle in seinem ersten Kinofilm „John Gluckstadt“ erhielt Dieter Laser 1975 beim Bundesfilmpreis das „Filmband in Gold“. Es folgte 1976 eine weitere Nominierung zum Bundesfilmpreis für Bildreporter Werner Tötges in „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“. Auch für seine Rolle in dem Comedy-Horror-Thriller „The Human Centipede“ erhielt er mehrere Preise.

Markus Majowski kehrt nach Bad Hersfeld zurück und verkörpert Willem. Majowski wurde durch die Sat.1-Comedy-Serie „Die dreisten Drei“ bekannt, spielte aber auch sechs Jahre lang an der Seite von Ulrich Mühe in „Der letzte Zeuge“ (ZDF). Im Kino wandert er zum Beispiel als Cookie mit „Ottos sieben Zwergen“ durch den Wald. Und auch auf der Theaterbühne begeistert Markus Majowski mit Erfolgsstücken wie „Die 39 Stufen“ (2017/ Bad Hersfelder Festspiele) oder „Weihnachten auf dem Balkon“ (2018/ Theater am Dom, Köln). Franz wird in dem Stück von Thomas Maximilian Held gespielt. Ihn kennt das Publikum aus sieben Staffeln „Sechserpack“ und vielen anderen TV-Produktionen wie „Lena – Liebe meines Lebens“, „Helen Dorn“, „Heldt“ (ZDF), „Der letzte Bulle“ oder „Schillerstraße“ (mit Jürgen Vogel). Der in Köln geborene Österreicher war in Helmut Dietls „Late Show“ oder auch im Kinofilm „Miracle at St. Anna“ in der Regie von Spike Lee zu sehen. Am Theater spielte er unter anderem in „Zauberhafte Zeiten“ in Düsseldorf, „Messias“ in Gelsenkirchen oder 2018 mit Jürgen von der Lippe in dem Stück „Die wollen nur spielen“.

Thorsten Nindel lieben die Fernsehzuschauer spätestens seit seiner Rolle als Zorro in der „Lindenstraße“. Und sie kennen ihn aus Serien wie „Das Amt“ (RTL) oder „Rote Rosen“ (ARD) – auch hier spielte er Hauptrollen. Zu sehen war er auch in zahlreichen Folgen des „Tatort“ und des „Polizeiruf 110“ (ARD), er war Polizist in „Der Landarzt“, Kommissar im „Doppelten Einsatz“, Soldat in „Africa mon Amour“, Nazi in „Der Untergang der Gustloff“, aber auch Feuerwehrhauptmann in „Eine für Alle“ und ein russischer Mig-Pilot in „Ufos über Waterloo“. Der Schauspieler hat aber die Bühne nie richtig verlassen. So trat er mit Dirk Bach am Theater am Ku´damm in dem Zweipersonenstück „Klassentreffen“ oder gleich in drei Hauptrollen in den „Venezianischen Drillingen“ am Ernst Deutsch Theater auf. Festspielerfahrung sammelte er zum Beispiel bei den Salzburger Festspielen oder auch in Bad Segeberg. Im Prozess spielt Thorsten Nindel den Maler und Fotografen Titorelli. Jürgen Hartmann ist in dem Stück Josef K.s Vorgesetzter und ein Untersuchungsrichter auf der Bühne der Stiftsruine. Ihn kennt das breite Publikum aus zahlreichen Film- und Fernseh-Produktionen – unter anderem aus Filmen von Tom Tykwer, Dominik Graf, Matti Geschonneck, Friedemann Fromm und Uli Edel.

Seit 2007 spielt er im „Tatort Stuttgart“ die Rolle des Gerichtsmediziners Dr. Vogt. Gerade war er in einer Hauptrolle in dem Fernsehfilm „Big Manni“ in der Regie von Nikki Stein in der ARD zu sehen. Nach seinem Studium war er am Staatstheater Darmstadt engagiert. Für seine Rolle des Liliom in der Regie von Micahel Gruner wurde er 1966 zum „Schauspieler des Jahres“ nominiert. Es folgten mehrjährige Engagements am Nationaltheater Weimar, wo er u.a. „Tasso“, Ödipus“ sowie „Faust 1“ und „Faust 2“ am Theater Dortmund, am Theater Braunschweig, am Stadttheater Bern und an der Staatsoper Stuttgart spielte. 2009 / 2010 war er festes Ensemblemitglied am Schauspiel Essen und von 2010 bis 2018 am Schauspielhaus Bochum und war als Gast beim Pina Bausch Ensemble in Wuppertal zu sehen. 2014 / 2015 erhielt er eine Nominierung zum besten Schauspieler in NRW. Er unterrichtet an der Folkwang Hochschule und führt Regie.

Ingrid Steeger wird im Prozess im Sommer in der Stiftsruine in die Rolle der ehemaligen Nachtclub-Sängerin Gretchen Montag schlüpfen. Bekannt wurde sie durch Michael Pfleghars Kult-TV-Serie „Klimbim“, in der sie in der Rolle des Nummerngirls sowie der schrägen Göre Gaby zu sehen war. Die Serie wurde mit dem Adolf-Grimme-Preis ausgezeichnet. Unter der Regie von Michael Pfleghar dreht Ingrid Steeger auch die erfolgreichen Comedy-Serien „Zwei himmlische Töchter“ (1978) mit Iris Berben und „Susi“ (1980) mit Peer Augustinski. Danach war sie in vielen TV-Produktionen wie „Der Kommissar“, „Derrick“, „Bewegte Männer“ oder auch „Edel & Starck“ zu sehen. Auch in den Erfolgsmehrteilern „Wilder Westen inklusive“ und „Der große Bellheim“ von Dieter Wedel spielte sie Hauptrollen. Zugleich feiert sie bis heute deutschlandweite Bühnenerfolge.

Drei Publikumslieblinge kommen erneut nach Bad Hersfeld: Corinna Pohlmann spielt in dem Stück Joseph K.s. Verlobte, Felice Bürstner. Im Rahmen der Bad Hersfelder Festspiel war sie im letzten Jahr in „Peer Gynt“ – für diese Rolle sie mit dem „Hersfeld-Preis“ ausgezeichnet wurde – und in „Martin Luther – Der Anschlag“ (2017) als Teufelin zu sehen. Matthias Schlung hat die Besucherinnen und Besucher der Bad Hersfelder Festspiele in dem Musical „Titanic“ begeistert und wird nicht nur in „Der Prozess“, sondern auch in „Emil und die Detektive“ zu sehen sein. Vielen ist der gebürtige Göttinger aus dem Fernsehen bekannt, unter anderem aus „Die dreisten Drei“, „Happy Fridey“ (Sat.1) oder „Polizeiruf 110“ (ARD). Seine große Liebe gehört dem Theater, und er war an vielen deutschen Bühnen für ganz unterschiedliche Rollen engagiert. Er trat auch während der Nibelungenfestspiele in Worms und bei den Salzburger Festspielen auf. 2006 holte ihn Roman Polanski für seine Inszenierung von „Tanz der Vampire“ ans Theater des Westens in Berlin. Seitdem übernimmt er regelmäßig auch Musicalrollen. Günter Alt überzeugte bereits im letzten Jahr in „Shakespeare in Love“ und wird in diesem Sommer in „Der Prozess“ u.a. als Kaplan und natürlich auch wider in „Shakespeare in Love“ auftreten- Günter Alt war an vielen deutschen Bühnen engagiert und erhielt zweimal den Publikumspreis am Theater Oberhausen. Außerdem ist er in verschiedenen Film- und Fernsehproduktionen wie beispielsweise „Tatort Köln“ und Tatort Dortmund“, „Die Angst des Killers vor dem Schluss“ oder „Alarm für Cobra 11“ zu sehen.

Lou Zöllkau spielt in „Der Prozess“ Leni, die Gehilfin des Advokaten. Sie war seit 2011 am Theater Bonn, dem Schauspielhaus Bochum und am Schauspiel Köln engagiert und trat zum Beispiel auch in dem Kinofilm „Jetzt.Nicht.“ von Julia Keller auf. Maria Radomski wird in dem Stück unter anderem die Rolle der Aufseherin übernehmen. Nach ihrer Ausbildung engagierte sie das Staatstheater Darmstadt 2015 direkt als festest Ensemblemitglied. Dort spielte sie unter anderem die Amalia in „Die Räuber“, Elena in „Onkel Wanja“ und Clode in „Das Abschiedsdinner“. 2017 beschloss die junge Schauspielerin freiberuflich zu arbeiten und machte prompt auch die Fernsehbranche auf sich aufmerksam. So stand sie beispielsweise für die ZDF-Serie „Soko Leipzig“ vor der Kamera.
Nicole Sydow übernimmt in dem Stück die Rolle von Josef K.s Cousine. Sie trat in Bad Hersfeld bereits in Joern Hinkels Inszenierung von „Krabat“ auf, für diese das gesamte Ensemble mit dem „Hersfeld-Preis“ ausgezeichnet wurde. Seit 2017 ist sie auch während des Musicals-Sommers Fulda in diversen Rollen zu sehen. Entdeckt wurde sie in Worms als Mitglied der „Nibelungenhorde“ dem Jugendtheater der Wormser Festspiele.

Über das Stück: Kafkas Prozess, einer der ersten Psychothriller der Weltliteratur, sprüht vor komischen, absurden Situationen, ist manchmal tiefsinnig und traurig, aber genauso naiv und verspielt. „Dass Kafka ein begeisterter Kinogänger und Witze-Erzähler war, merkt man den slapstick-haften Szenerien hier ganz besonders an“, sagt Regisseur Joern Hinkel. „Kafka war ein regelmäßiger Besucher von Tanzlokalen, seine Erlebnisse aus dem Prager Nachtleben fließen auf jeden Fall in unserer Fassung mit ein“, betont Joern Hinkel. „Tagsüber irrt Josef K. durch die Instanzen der Gerichte, nachts versucht er, diesem Albtraum in Nachtclubs zu entfliehen. Es wird gesungen und getanzt, inspiriert durch die überbordende Swing-Musik der 20er Jahre. Ein Tanz auf dem Vulkan! Ich will versuchen, diese besondere Kafka´sche Mischung aus Poesie, Finsternis, Humor und Musik auf die Bühne zu bringen, mit einem ganz und gar außergewöhnlichen Schauspieler-Ensemble.“

Inhalt: Der Bankangestellte Josef K. wird am Morgen seines dreißigsten Geburtstages in seinem Schlafzimmer verhaftet. Die beiden Herren, die plötzlich im Auftrag des Gerichts neben seinem Bett stehen und ihm genüsslich sein Frühstück wegessen, nennen ihm keine Gründe dafür. Vergeblich versucht er herauszufinden, weshalb er angeklagt wurde. Auf seiner fieberhaften Suche irrt er durch ein mysteriöses Gerichtsgebäude, dessen Kanzleien sich auf den Dachböden heruntergekommener Mietskasernen befinden. Am Ende findet er sich in einer leeren Kathedrale wieder: Hier sucht er nach Klarheit, nach Erlösung, doch selbst der Kaplan arbeitet im Auftrag des Gerichts… +++ pm/ja