Autorin Boie nennt Leseschwäche und Lehrermangel „Katastrophe“

Die Kinderbuch-Autorin und frühere Gymnasiallehrerin Kirsten Boie hat es als „Katastrophe“ bezeichnet, dass ein Fünftel aller Grundschulabgänger in Deutschland nicht richtig lesen kann. Dies sei ein zunehmend gravierendes gesellschaftliches Problem, sagte sie in der HR-Info-Sendung „Das Interview“. Boie sprach im Rahmen der ARD-Themenwoche „Zukunft Bildung“ auch über die IGLU-Studie von 2017. Aus dieser geht hervor, dass ein Fünftel aller Zehnjährigen nicht „sinnentnehmend“ lesen kann. „Ein Kind, das nicht lesen kann, wird von der fünften Klasse an in keinem Fach mehr mitkommen“, fürchtet Boie. „Es wird vermutlich auch keinen Schulabschluss machen“ und folglich „keinen qualifizierten Beruf“ erlernen können. Bei der Lesefähigkeit gebe es gravierende Unterschiede zwischen „bevorzugten“ Gegenden und „Brennpunkt-Stadtteilen“, wo Eltern oft nicht imstande seien – etwa durch Nachhilfe oder Lesetraining mit ihren Kindern -, schulische Defizite auszugleichen . Laut IGLU-Studie ist Deutschland von 53 untersuchten OECD-Staaten jenes Land, in dem soziale Herkunft die größte Rolle für die Lesefähigkeit spielt. Dies sei „beschämend für ein so reiches Land, wie wir es sind, dass ich dafür überhaupt kein Verständnis haben kann“, so Boie. Laut einer aktuellen Studie fehlen bundesweit 26.000 Grundschullehrer bis 2025 – „eine Katastrophe“, so Boie. Nicht behoben, sondern eher verschärft werde der Missstand durch die wachsende Zahl an „Quereinsteigern“, denen die pädagogischen Mittel und Strategien fehlten, leseschwache Kinder erfolgreich zu fördern. Die zunehmend verbreitete Leseschwäche sei letztlich auch für unsere Demokratie „brandgefährlich“, denn „Menschen, die nicht lesen können, sind nicht in der Lage, sich mit komplexeren Argumentationen auseinanderzusetzen“, sagte die Autorin. +++