Die Autoindustrie sieht die Zukunft der Produktion in Deutschland in Gefahr. „Teilweise können Werke nur hierzulande gehalten werden, weil Geld an Standorten im Ausland verdient wird“, sagte Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. „Wir haben ein gravierendes Standortproblem.“
„Nur ein Prozent der mittelständischen Unternehmen unserer Industrie sieht sich in der Lage, die Investitionen in Deutschland zu erhöhen, ein klares Warnsignal.“ In den Griff zu bekommen sei das nur, wenn die Energie billiger werde, Rohstoffe gesichert würden und Bürokratie abgebaut werde. Stattdessen begebe sich die EU auf Sonderwege, wie mit dem Lieferkettengesetz, und türme neue Bürokratie-Hürden auf.
„Auch die Bundesregierung muss vom Reden ins Handeln kommen, sonst lässt sich die schleichende Deindustrialisierung nicht mehr stoppen, weil Deutschland bei den Produktionskosten nicht mithalten kann“, warnte Müller gegenüber der Zeitung. Berlin müsse deswegen deutlich mehr Druck auf Brüssel machen, Energiepartnerschaften mit Afrika, dem Nahen Osten und Lateinamerika sowie Handelsabkommen abzuschließen.
„Die EU hat rund 50 Freihandels- und andere Abkommen offen, über die aktuell verhandelt wird. Aber es hakt gerade bei den für die Automobilindustrie wichtigen Verträgen etwa mit Indien, mit Mexiko, mit Mercosur.“ Zu oft verliere sich die EU dabei im Klein-Klein oder ein Land blockiere alles aus Eigeninteresse. „Wenn wir die Industrie in Europa halten wollen, können wir uns diese Selbstlähmung nicht länger leisten.“
Auf schnelleren Ladesäulen-Ausbau gepocht
Der Verband der Automobilindustrie (VDA) ruft die Politik erneut zum schnelleren Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos auf. „Das Allerwichtigste, um die E-Mobilität hierzulande wieder in Schwung zu bringen, sind Ladesäulen, Ladesäulen, Ladesäulen und Netze, Netze, Netze“, sagte VDA-Präsidentin Hildegard Müller der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.
„Wir stellen diese Forderungen, weil wir wollen, dass die E-Mobilität gelingt.“ In gut einem Drittel aller Gemeinden gebe es noch keinen öffentlichen Ladepunkt und knapp drei Viertel aller Gemeinden hätten noch keinen Schnellladepunkt installiert. Vielerorts müsse ein E-Auto nach vier Stunden von der Säule – auch nachts – sonst würden Blockade-Gebühren fällig.
„Das ist doch aberwitzig“, sagte die Verbandspräsidentin. „Und noch ist die E-Mobilität nur eine Nische. Wenn die Infrastruktur nicht schneller und vorausschauend ausgebaut wird, droht Chaos, bevor die Zielmarke der Bundesregierung von 15 Millionen E-Autos auch nur annähernd erreicht sein wird“, so Müller. Schon jetzt halte sie es für schwer schaffbar, ausreichend Ladepunkte zu errichten, auch wegen der Stromnetze.
Und Spediteure, die Schnellladesäulen für ihre Strom-Lkw haben wollten, bekämen von ihren Netzbetreibern gesagt: Das schaffen wir in sechs oder acht Jahren. Die Intransparenz bei den Ladekosten bezeichnete die VDA-Präsidentin als „ein Dauer-Ärgernis“: „Das Bezahlsystem muss endlich vereinheitlicht und vereinfacht werden, sodass Nutzer an jedem Ladepunkt laden können.“
Was es zudem brauche, sei ein einheitliches System für die Abrechnung. „Und es muss ausreichen, einen einzelnen Stromvertrag für ein E-Auto abzuschließen, so wie es für eine Wohnung oder ein Haus auch funktioniert“, sagte Müller. „Da sind auch die Energieversorger gefragt, endlich nutzerfreundliche Lösungen anzubieten.“ +++