„Autofahren im Alter“ – Appell an die Eigenverantwortlichkeit

Lauterbach. Auf der vergangenen Sitzung des Kreis-Seniorenbeirats stand das Thema „Autofahren im Alter“ auf der Tagesordnung. Wann sollte aufs Autofahren verzichtet werden? Was ist nach einem Schlaganfall oder wenn die Sehkraft stark nachlässt? Wann ist jemand eigentlich zu sehr beeinträchtigt, um selbst am Steuer zu sitzen? Und: Wen kann ich bei solchen Fragen ansprechen? Erste Antworten gab bereits ein Infoblatt, das Monique Abel vom Pflegestützpunkt vorstellte und das zusammen mit der Fahrerlaubnisbehörde erarbeitet worden war. Zum rechtlichen Hintergrund und zu Unfallstatistiken referierten Spezialisten von Polizei und Fahrerlaubnisbehörde des Vogelsbergkreises.

Ein ganz zentraler Begriff ist die Eigenverantwortung: „Wer sich infolge körperlicher oder geistiger Beeinträchtigungen nicht sicher im Verkehr bewegen kann, darf am Verkehr nur teilnehmen, wenn Sorge getroffen ist, dass er andere nicht gefährdet“ und „Erweist sich jemand als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet zum Führen von Fahrzeugen (…), hat die Fahrerlaubnisbehörde ihm das Führen zu untersagen, zu beschränken oder die entsprechenden Auflagen anzuordnen“, heißt es in der Fahrerlaubnisverordnung.

„Das Fahrerlaubnisrecht spricht nur von Eignung – ein Höchstalter für die Verkehrsteilnahme ist dort nicht genannt“, erläuterte Uwe Kraft von der Fahrerlaubnisbehörde des Vogelsbergkreises. Körperliche und geistige Einschränkungen kommen bei jungen wie älteren Autofahrern vor – ob durch Medikamente verursacht oder durch eingeschränkte Beweglichkeit. „Die Fahrerlaubnisbehörde kommt in der Regel erst ins Spiel, wenn es irgendeine Auffälligkeit gibt oder schon ein Unfall passiert ist“, so Kraft weiter.

In solchen Fällen erfolgt dann eine Meldung durch die Polizei an die Fahrerlaubnisbehörde, die daraufhin prüfen muss, ob und welche Maßnahmen oder Untersuchungen anzuordnen sind. Dazu gehören zum Beispiel das ärztliche Gutachten eines Facharztes mit verkehrsmedizinischer Qualifikation oder ein medizinisch-psychologisches Gutachten einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle, gegebenenfalls auch noch eine anschließende Fahrverhaltensbeobachtung – alles zu Lasten des Führerscheininhabers, was erhebliche Kosten mit sich bringt.

„Je nachdem, was dann im Gutachten steht, können Einschränkungen wie beispielsweise das Wegnehmen von Führerscheinklassen gemacht werden, schlimmstenfalls muss die Fahrerlaubnis ganz entzogen werden“, so Kraft. Sein Tipp: Aus freien Stücken zu einem Gutachter gehen, wenn man sich über die eigene Fahrtüchtigkeit Gewissheit verschaffen möchte. „Davon erfährt die Führerscheinstelle nichts. Wenn aber erst etwas passiert ist und wir eine Meldung erhalten, müssen wir handeln und meistens wird das kostspielig.“

Bei 874 Unfällen in 2013 mit Beteiligung Älterer am Steuer (65 Jahre und älter) lag der Anteil der Verletzten bei einem Drittel. Nimmt man die Unfälle aller Altersgruppen zusammen, liegt der Anteil an Verletzten nur bei einem Viertel. „Bei Unfällen, an denen ältere Menschen beteiligt sind, sind diese auch zu 73 Prozent die Unfallverursacher“, berichtete Holger Roth von der Polizeidirektion Lauterbach. Auffällig sei auch, dass sich ältere Menschen öfter vom Unfallort entfernten – „offenbar aus Angst vor Konsequenzen oder aber auch aus dem Grund, dass sie den Unfall schlicht und einfach nicht bemerkt haben“.

Auf großes Interesse stieß das Angebot des Polizeipräsidiums Osthessen, das sich mit Training und Vorträgen zur Auffrischung des Verkehrswissens an Senioren richtet. Die Kreis-Seniorenvertreter stellten Überlegungen an, dieses Angebot in ihre jeweilige Kommune zu holen und machten sich Gedanken darüber, ob und wo man sinnvollerweise Angebote für Seh- und Reaktionstest machen sollte.

Noch ein paar interessante Fakten: Wenn jemand nicht mehr Autofahren will, muss er seinen Führerschein nicht abgeben (derzeit gibt es 117.000 Führerscheine im Kreis, weit mehr als Einwohner) – einfach nicht mehr ans Steuer setzen genügt. Unbegrenzt gültige Führerscheine wird es zukünftig nicht mehr geben: Die seit Januar 2014 ausgestellten EU-Führerscheine besitzen nur noch 15 Jahre Gültigkeit, alle anderen noch existierenden Führerscheine werden 2033 ungültig.

Um die Arbeit der Landesseniorenvertretung ging es in einem weiteren Tagesordnungspunkt. Deren stellvertretende Vorsitzende Renate Klingelhöfer berichtete von Tagungen, Fortbildungsveranstaltungen und vielfältigen Informationen, die die örtlichen Seniorenvertretungen unterstützen sollen. Auf Vorschlag des Vorsitzenden Landrat Manfred Görig beschloss der Beirat einstimmig den Beitritt zur Landesseniorenvertretung Hessen e.V.. fuldainfo