Auto-Gipfel: Merz will Autos mit CO2-Ausstoß auch nach 2035 zulassen

Greenpeace pocht auf zügigen Umstieg auf E-Mobilität

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Nach dem sogenannten Automobildialog im Bundeskanzleramt hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) angekündigt, dass er sich dafür einsetzen wolle, dass auch nach 2035 noch Autos mit CO2-Ausstoß zugelassen werden. "2035 darf es keinen harten Schnitt geben", sagte er in der Pressekonferenz im Anschluss an das Treffen mit Branchenvertretern.

Bislang sehen die "Flottengrenzwerte" der Europäischen Union vor, dass die alle in der EU zugelassenen Neuwagen eines Herstellers aktuell durchschnittlich 93,6 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Der zulässige CO2-Ausstoß soll bis 2035 schrittweise auf null Gramm pro Kilometer abgesenkt werden. Merz hält dies für unrealistisch. Er zitierte einen großen Hersteller, der angebe, dass bis zum Jahr 2035 für die Elektromobilität nur etwa 50 Prozent Marktdurchdringung im Pkw-Bereich möglich sei.

Der Kanzler pochte auf mehr Flexibilität. "Das bedeutet im Klartext, dass ich die Automobilindustrie und die Zulieferer in Deutschland ermutigen möchte, in allen denkbaren Antriebstechnologien weiter zu forschen und zu entwickeln und dafür zu sorgen, dass sie auf unterschiedlichste Weise das Thema Klimaneutralität gemeinsam erreichen", sagte er. Verbrenner können nur dann im Betrieb klimaneutral sein, wenn sie mit synthetischen oder biogenen Kraftstoffen betrieben werden, die vollständig mit erneuerbarer Energie hergestellt und aus CO2 hergestellt wurden, das zuvor aufwendig aus der Luft gewonnen wurde. "Der Weg zur Elektromobilität ist eröffnet, er wird die zentrale Antriebstechnologie der nächsten Jahre - voraussichtlich - sein", sagte Merz. "Dieser Weg wird konsequent weitergegangen."

Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) ergänzte, man stelle den Umstieg auf E-Mobilität und die Klimaziele nicht in Frage. Dennoch zeigte er sich offen für eine Lockerung der deutschen Position in Brüssel, etwa bei Plug-in-Hybriden und sogenannten Range Extendern, also zusätzlichen Aggregate in einem Elektrofahrzeug, die die Reichweite erhöhen. "Wir müssen außerdem unser Knowhow sichern und auf Zukunftstechnologien setzen", erklärte er. "Dazu gehören neue Antriebsformen und Batterietechnologie `made in Germany`."

Hildegard Müller, Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie begrüßte, dass die Bundesregierung den Handlungsbedarf bei den Flottengrenzwerten erkannt habe. "Die Herausforderungen der CO2-Flottenregulierung sind vor allem in Brüssel entstanden und deshalb braucht es auch Brüsseler Lösungen", sagte sie. "Um diese zu finden ist eine starke und geeinte Stimme Deutschlands von entscheidender Bedeutung."

Christiane Benner, Vorsitzende der IG Metall, lobte den Gipfel. Es sei klar geworden, "dass wir unsere Stimme erheben müssen Richtung Brüssel, aber auch hier einstimmig in Berlin, denn der Arbeitsplatzabbau in der Automobilbranche geht weiter". Man brauche flexiblere Regelungen in Brüssel. "Aber wir brauchen vor allem jetzt mehr Unterstützung für die Elektromobilität: Stichworte Ladesäulen, Strompreise, Kaufanreize, Bezahlbarkeit. Und das sind die Punkte, da brauchen wir definitiv einen `Push`, denn die meisten Automobil-Arbeitsplätze der Zukunft hängen daran"

Greenpeace pocht auf zügigen Umstieg auf E-Mobilität

Während des sogenannten "Autogipfels" am Donnerstag haben Umweltschutzaktivisten von Greenpeace mit zehn Elektroautos vor dem Kanzleramt für einen zügigen Umstieg auf E-Mobilität protestiert. "Jetzt am klaren Umstiegsplan von Verbrennern auf E-Autos zu rütteln, wäre fatal", erklärte Greenpeace-Verkehrsexpertin Marion Tiemann. "Auf einem toten Pferd gewinnt man kein Rennen."

Die EU-Ziele machten E-Autos schnell erschwinglich, Klimaziele blieben erreichbar und die deutsche Autoindustrie auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig, so Tiemann. "Statt vor der Verbrenner-Lobby einzuknicken, ist es die Verantwortung der Bundesregierung, der Branche mit einem verlässlichen Rahmen Planungssicherheit zu geben. Dieses ständige Hick-Hack ist das Gegenteil davon."

Nach Berechnungen von Greenpeace werden E-Autos im laufenden Jahr 2025 bis Jahresende über 5 Millionen Tonnen CO2 vermeiden. Insgesamt könnten von 2016 bis 2030 fast 100 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden, so die Umweltschützer. Diese Mengen basierten auf der Annahme aus dem Projektionsbericht der Bundesregierung, dass bis 2030 rund 8,7 Millionen E-Autos in Deutschland fahren. Der Elektro-Aufschwung verbessere dabei nicht nur die deutsche Klimabilanz, sondern verringere auch die Abhängigkeit von Ölimporten.

Tiemann wehrte sich gegen das Argument von Industrievertretern, das sogenannte "Verbrenner-Aus" komme zu schnell. "Zehn Jahre sind genug Zeit für die deutsche Autoindustrie, wenn sie auf dem globalen Markt bestehen will", sagte sie. "Deshalb ist es gut, dass die Bundesregierung den Umstieg für kleine Einkommen mit Anreizen erleichtern will. Sie sollte diese Kaufanreize gegenfinanzieren, indem sie den Kauf neuer Verbrenner steuerlich unattraktiv macht." +++


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