Ausstellung: Siglinde Kallnbach – a performancelife

Ausstellung im Naturmuseum Tann/Rhön

Die aus Neustädtges bei Tann/Rhön gebürtige Künstlerin Siglinde Kallnbach widmet die Ausstellung ihrem Vater Willy Kallnbach, der vor der Gemeindereform in den 1970er Jahren Bürgermeister von Habel war. Die Ausstellung ist als Retrospektive angelegt und bietet einen Überblick über das Kunstschaffen in einem Zeitraum von 35 Jahren, heißt es in der Pressemitteilung. Vor allem in den 1980er und 1990er Jahren ist die Werkentwicklung durch längere Studien- und Arbeitsaufenthalte in Neuseeland, Australien, Sri Lanka und Japan stark beeinflusst, weist aber zugleich immer wieder deutliche Rückbezüge zu jenem geografischen und sozio-kulturellen Kosmos ihrer Herkunft auf. So führte Siglinde Kallnbach eine interaktive Trilogie in Kleinsassen/Hessen durch; mit dem Prozesskunstwerk „Feuertor“ (1984) und den Aktionen „Verbindungen“ (1985) sowie „Feuerwehr/Feuerehr“ (1986). Indem sie die Bewohner des Ortes bat, etwas aus ihrem persönlichen Besitz zu diesem Projekt beizusteuern oder auch die örtliche Feuerwehrtruppe in ihre Aktion einbezog, nahm sie manches vorweg, was man heute gerne als interaktive oder „partizipative Kunst“ etikettiert.

Ihre ersten Performances hatte Siglinde Kallnbach bereits 1978 während eines „Academic Years“ an der Auckland University von Neuseeland und während eines Australien-Aufenthalts aufgeführt. Sie kam bei diesen Aufenthalten in Kontakt zur Kultur der Maori und der Aborigines. Auf ihren weiteren Reisen durch verschiedene asiatische Länder stieß sie immer wieder auf analoge mythologische und kulturgeschichtliche Bedeutungen des Feuers, so in Sri Lanka, wo sie ein Feuertanzmeister unterrichtete, und vor allem in Japan, wo sie am Feuerlauf der Yamabushi-Mönche teilnahm. Fortan arbeitete Kallnbach in vielen ihrer Performances mit Feuer. Aus der Asche schuf sie materialkünstlerische Objekte, so z.B. zwei transparente Skulpturen in Form einer Torso-Figur, deren Inneres mit Asche als Rückstand solcher Aktionen angefüllt war. Diese Skulpturen waren im Rahmen einer Gruppenausstellung über die vier Elemente im Jahr 2000 in der Bonner Bundeskunsthalle zu sehen.

Malerei, Zeichnung, Fotoarbeiten, Videokunst und Projektkunst bilden neben den Performances Schwerpunkte in Kallnbachs künstlerischem Gesamtwerk. Eine Auswahl aus verschiedenen Werkphasen ist Teil dieser Ausstellung. Seit den späten 1980er Jahren hat ihre Kunst auch einen politischen Charakter – ihre Aktionen wenden sich immer wieder gegen Gewalt in jeglicher Form, vor allem gegen die Übergriffe von Rechtsextremisten. Seit dem Jahr 2000 führt Siglinde Kallnbach ihr lebenslanges Kunstprojekt „a performancelife“ durch, sammelt dazu bei unterschiedlichen Gelegenheiten auf verschiedenen Bildträgern (Leinwänden, Textilien etc.) Unterschriften zur Bekundung von Solidarität und Empathie, in ersten Projektphasen für Krebspatienten, später für die Opfer terroristischer Anschläge. So konnte Siglinde Kallnbach für ihre Unterschriften u.a. auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und seine Gattin Elke Büdenbender gewinnen, ebenso Bundeskanzlerin Angela Merkel, des weiteren auch die OB’s von Köln Fritz Schramma, Jürgen Roters und Henriette Reker, viele andere Politiker, Prominente, Geistliche, Musiker, Künstler, und bei diversen Veranstaltungen desgleichen Besucher und Passanten.

Nach den Terroranschlägen der letzten Jahre in Paris, Nizza, Brüssel, Istanbul. London, Berlin, Christchurch/Neuseeland schickte die Künstlerin die beschrifteten Tableaux anschließend an die Bürgermeister der betroffenen Städte. Eine der jüngsten dieser Aktionen führte sie 2019 zum Gedenken an den ermordeten Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke durch. Als Gast zeigt Jürgen Raap kleinformatige Aquarelle, Acryl- und Ölbilder mit Rhönlandschaften. In anderen Bildern kombiniert er diese Landschaften mit surrealistisch-absurden Szenen, in die zum Teil auch Porträts der Künstlerin eingefügt sind, für die Raap Fotodokumente ihrer Performances als Vorlage nahm. +++ pm