Ausschussvorsitzender kritisiert Lindners Haushaltsstrategie

Verkehrsministerium lehnt Haushaltseinsparungen ab

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP)

Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Bundestag und ehemalige Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) hat es als „Fehler“ bezeichnet, dass Finanzminister Christian Lindner (FDP) keine Eckwerte für den Etat 2024 vorgelegt hat. „Jetzt verhandelt der Finanzminister mit jedem Minister um detaillierte Einzelpositionen, anstatt dass die Kabinettsmitglieder ihre Projekte erst einmal in einem bestimmten Rahmen planen müssen“, sagte Braun dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Wenn jeder weiß, was er kriegt, kann man es priorisieren. Es ist bemerkenswert, dass die Bundesregierung nicht in der Lage ist, sich auf so etwas Elementares zu einigen.“

Braun fügte hinzu: „Lindner macht jetzt Sisyphusarbeit. Das ist nicht zu schultern.“ Der Kabinettsbeschluss zum Haushalt müsse vor der Sommerpause vorliegen. „Das Haushaltsrecht ist das Königsrecht des Parlaments.“ Eine Verkürzung der parlamentarischen Beratung sei nicht akzeptabel. Den Umgang mit dem  100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr sieht Braun kritisch. „Die 100 Milliarden sind bestenfalls zu 30 Prozent unter Vertragsverhandlungen. Abgeflossen ist bislang so gut wie gar nichts.“ Er habe Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) so verstanden, dass nun jährlich das Ziel der Nato eingehalten werde, zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung auszugeben – „und nicht, dass lediglich die 100 Milliarden Euro dafür ausgegeben werden“, sagte Braun. „Die 100 Milliarden Euro sind reine Investitionsmittel.“ Damit die Investitionen einsatzfähig und nachhaltig seien, bedürfe es auch Personal, Wartung, Munition und Rückstellungen für Ersatzbeschaffungen zusätzlich. „Derzeit hat der Verteidigungsetat 50 Milliarden Euro. Zwei Prozent vom BIP wären 70 Milliarden Euro.“ Dass die große Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) das Nato-Ziel nicht eingehalten habe, habe auch an Scholz gelegen, so Braun. „Es war übrigens Olaf Scholz als Finanzminister, der mit wachs  weichen Formulierungen aus dem Zweiprozentziel 1,5 Prozent im Haushalt gemacht hat.“

Verkehrsministerium lehnt Haushaltseinsparungen ab

Bundesverkehrsminister Volker Wissing sieht trotz der Spar-Appelle von Finanzminister Christian Lindner (beide FDP) keine Möglichkeit für Abstriche bei Bauprojekten im Verkehrsbereich. „Ich leite das Ministerium, das in die Zukunft investiert, und was ich ausgeben will, ist gut angelegt, weil auf dieser Grundlage künftige Steuereinnahmen erwirtschaftet werden. Wenn im Verkehrsressort gespart wird, ist die Kasse künftig leerer“, sagte Wissing der „Welt am Sonntag“. Zwar werde man im Verkehrsministerium die „Haushaltstitel durchforsten und überlegen, wie wir durch Synergien oder Digitalisierung der Abläufe sparen können“, sagte der Verkehrsminister. „Es ist ein fundamentaler Unterschied, ob man an konsumtiven Ausgaben spart – darüber nachzudenken lohnt sich immer -, oder ob man an investiven Ausgaben spart.“ Hohe Verkehrsinvestitionen im nächsten Bundeshaushalt seien auch wegen der Bauindustrie erforderlich. „Der Haushalt 2024 muss das Signal aussenden  , dass die Investitionen auch längerfristig steigen, denn nur dann baut die Baubranche ihre Kapazitäten so aus, dass in den Folgejahren mehr Aufträge abgearbeitet werden können“, so Wissing.

Diese gelte besonders für das Eisenbahnnetz, wo ein „Investitionshochlauf“ erforderlich sei. Konkrete Haushaltszahlen für 2024 nannte der Verkehrsminister aber nicht: „Wie das nötige Geld im Haushalt verankert wird, können wir natürlich nur im Kontext des gesamten Bundeshaushalts entscheiden.“ Im Zusammenhang mit Straßenbau-Projekten kritisierte Wissing die Bundesländer, die auf die von der Bundesregierung ermöglichte Beschleunigung von Autobahn-Vorhaben verzichten wollen. „Eine notwendige Engpassbeseitigung zu verzögern, ist eine Verkehrspolitik, die sich rächen wird, weil sie durch die Behinderung der dringend nötigen Gütertransporte erhebliche wirtschaftliche Schäden verursacht und damit auch Auswirkungen auf unsere Arbeitsplätze hat.“ Zuletzt hatten die Verkehrsminister der Grünen in Hessen  und Baden-Württemberg, Tarek Al-Wazir und Winfried Hermann, die Ablehnung der Planungsbeschleunigung bei einigen der von Wissing in ihren Bundesländern geplanten Autobahn-Projekte angekündigt. Dazu sagte der FDP-Politiker, dass sich die Länder nun entscheiden müssten, ob sie die Planungsbeschleunigung wollten „oder ob sie an jenen Stellen den Dauerstau organisieren möchten“. Gebaut würden jene Projekte jedoch „auf jeden Fall, ohne Planungsbeschleunigung werden sie aber langsamer verwirklicht“, sagte Wissing der „Welt am Sonntag“. +++