Augenklinik: Regionale Ärzte besorgt über Pläne des Klinikums Fulda

GNO ist verunsichert über die Entwicklung im Klinikum Fulda

Wie verschiedene Medien berichteten, plant das Klinikum Fulda die Eröffnung einer Augenklinik als neue Hauptabteilung. Nach Aussage des Vorstandes wird diese Abteilung ausschließlich für die stationäre Behandlung eingerichtet, ambulante Untersuchungen und Operationen sollen nicht durchgeführt werden. Geplant seien ca. 1.000 stationäre Behandlungen pro Jahr.

Mancher Patient hat sich gefreut dies zu lesen. Eine wohnortnahe Versorgung klingt zunächst einmal bequem. Allerdings gibt es bei einer solchen Neugründung eine Vielzahl unterschiedlicher Aspekte. Zunächst der Kosten-Nutzen-Aspekt: Im Jahr 2016 gab es (so die Informationen, die den Augenärzten vorliegen) im Versorgungsgebiet Fulda-Hersfeld 1.216 Fälle stationärer Augenversorgung, sämtlich versorgt in der Augenklinik Bad Hersfeld. Das Klinikum Fulda gibt an 1.000 Fälle pro Jahr zu benötigen, um wirtschaftlich arbeiten zu können. Diese können folglich nur zu Lasten der Augenklinik Bad Hersfeld erbracht werden. Zwei direkt benachbarte öffentliche Kliniken konkurrieren also um Fälle, nur eine wird überleben können. Die Zeche zahlt der Steuerzahler!

Die gesamte Planung geht nach bisheriger Kenntnis der niedergelassenen Ärzte von Zahlen aus, welche von den Investoren vorgelegt wurden. Diese basieren jedoch auf den Ergebnissen einer Klinik in Wiesbaden, einem Ballungsgebiet mit mehreren Millionen Einwohnern. Diese Zahlen sind auf Osthessen nicht übertragbar. Wurde eine eigene Bedarfsanalyse für unsere Region erstellt

Laut Informationen der niedergelassenen Ärzte werden Finanzinvestoren Betreiber der neuen Klinik sein, die seit vielen Jahren über diverse Gesellschaften in der Augenheilkunde tätig sind. „Wir haben gehört, dass bisher keine dieser Gesellschaften langfristig betrieben wurde. Die Firmenbeteiligungen sind nach wenigen Jahren an größere Fondsgesellschaften weiterverkauft worden. Eine Investoren-Firma an einer Augenklinik in einer gemeinnützen AG ist ein Widerspruch an sich“, so der Fuldaer Augenarzt Daniel Handzel.

„Eine rein stationäre Augenklinik ist unserer Erkenntnis nach in Fulda wirtschaftlich nicht machbar. Maximal 40 Netzhautablösungen ereignen sich statistisch im Versorgungsgebiet pro Jahr, schwere Augenverletzungen sind in Zeiten eines hochentwickelten Arbeitsschutzes eine Rarität“. Damit sind die geplanten 1.000 Behandlungen im Jahr nicht zu erreichen, ein wenigstens kostendeckender Betrieb nicht möglich. Dazu Dr. Dirk Pohlmann: „In den letzten Jahren elf Jahren wurde auch von den wechselnden Vorständen des Klinikums mit der fehlenden Rentabilität einer Augenklinik argumentiert, was hat sich jetzt geändert?“

Auch nach medizinischen Gesichtspunkten ist es unwahrscheinlich, dass eine relativ kleine Klinik die speziellen Aufträge, welche den Grund einer Überweisung darstellen, erfüllen kann. Selbst Universitätskliniken spezialisieren sich längst auf verschiedene Schwerpunkte der Augenheilkunde, um hier ein hohes Versorgungsniveau anbieten zu können. „Nur nach diesen Gesichtspunkten wählen wir die Kliniken aus, welche wir unseren Patienten in den seltenen Fällen einer Überweisung empfehlen. Es geht immer um die qualitativ beste Klinik für diesen 1 Eingriff und nicht die, die am bequemsten zu erreichende“, beschreibt Augenarzt Dr. Alexander Heuring die Situation.

Vor dem bisherigen rein renditeorientierten Geschäftshintergrund der Investoren und der geringen Fallzahlen, welche von den Augenärzten in Fulda erwartet werden, stellt sich die Frage nach dem eigentlichen Ziel der Investoren: Da die Augenärzte der Region der Ansicht sind, dass dem zukünftigen Augenklinik-Betreiber der vorhandene Operations-Bedarf in Fulda nicht zur Erwirtschaftung einer Rendite ausreichen kann, wird – so die Befürchtung des GNO (Gesundheitsnetz Osthessen eG –das regionale Ärztenetz der Region Osthessen) – eine Verlagerung der Aktivität in die ambulante Medizin notwendig werden. Bereits der Name der Betreiber-Firma der augenklinischen Hauptabteilung („MVZ-Verwaltungs- GmbH“) deutet daraufhin, dass die eigentliche Absicht der Betrieb einer ambulanten Einrichtung, eines MVZ (Medizinischem Versorgungszentrum), ist. Wäre dies so, dann sehen sich die niedergelassenen Augenärzte auf einmal im Wettbewerb mit staatlich finanzierten und subventionierten Einrichtungen – allein der Bau des OP-Bereiches wurde vom Land Hessen mit mehreren Millionen Euro ermöglicht. Die Investoren selbst bleiben aus unklaren Gründen bis heute im Hintergrund, auf Nachfrage der Presse wollte der Vorstand des Klinikums die bisher nicht bestätigen. Wozu diese Geheimhaltung einer vorgeblich so guten Entwicklung? Geht es dann noch um wirkliche Patientenversorgung oder eher um wirtschaftliche Rentabilität des privaten Betreibers? Unser Gesundheitssystem hat nur ein begrenztes Budget; ob es von volkswirtschaftlichem Interesse sein sollte, die Rendite von privaten Investoren zu steigern, so dass in anderen Bereichen weniger Geld zur Verfügung steht, ist fraglich.

Natürlich müssen die niedergelassenen Augenarzt-Operateure sich die Frage gefallen lassen, ob die Kritik an der Augenklinik nur aus Angst vor einem Konkurrenten gestellt wird. Selbstverständlich haben die niedergelassenen Ärzte auch Angst um ihre Existenz. Sie haben für die Versorgung der Patienten in Fulda in eigene Operationssäle privates Geld investiert. Anders als bei öffentlichen Einrichtungen wie das Klinikum Fulda bekommen sie keine Förderungen vom Land dafür.

Die Gesundheitsnetz Osthessen eG (GNO) ist verunsichert über die Entwicklung im Klinikum Fulda. Jahrelang wurde von der Stadt Fulda befürwortet, das Klinikum nicht zu privatisieren. Jetzt wird die erste Hauptabteilung des Klinikums von privaten Investoren betrieben – werden andere folgen? Werden nicht lukrative Hauptabteilungen die der Versorgung dienen als nächstes geschlossen oder auch privatisiert? Es stehen drängende Fragen im Raum. Die Gesundheitsnetz Osthessen eG bedauert, dass die offene Kommunikation des Klinikums mit den niedergelassenen Ärzten immer weniger stattfindet. Noch vor drei Jahren hätte diese mittlerweile öffentliche Diskussion sicher durch eine gemeinsame Lösung vermieden werden können. „Wir hoffen, dass sich dies nun wieder ändert und die sehr gute sektorenübergreifende Versorgung unserer Patienten, die durch gemeinsame Netzwerke, wie das Rheumanetz Osthessen, die Zusammenarbeit bei krebskranken Patienten (ASV) und das Herzinsuffizienz Netz hervorgebracht hat, wieder aktiviert wird“, meint Dr. Christoph Müller, Vorstand der Gesundheitsnetz Osthessen eG. +++ pm