Asylsystem: Habeck begrüßt Einigung auf EU-Krisenverordnung

Robert Habeck (Grüne)

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) begrüßt die Einigung der EU-Staaten zur Migration. "Auf europäischer Ebene brauchen wir das gemeinsame Asylsystem, um besser steuern zu können", sagte Habeck dem "Spiegel". "Es ist deshalb gut, dass es nun eine Verständigung bei der europäischen Krisenverordnung gibt. Das bedeutet auch, dass die, die nicht bleiben dürfen, gehen müssen." Das gehe am besten über freiwillige Ausreise, aber "auch die Rückführung gehört dazu", so der Grünen-Politiker.

Problematisch sei dabei, dass viele Staaten sich weigerten, Menschen zurückzunehmen. "Also muss es Rückführungsabkommen geben, sie sind der Schlüssel", sagte der Wirtschaftsminister. Er hoffe sehr, dass der Migrationsbeauftragte da "bald weiterkommt". Der FDP-Politiker Joachim Stamp ist seit Februar 2023 Sonderbevollmächtigter der Bundesregierung für Migrationsabkommen. Habeck gesteht ein, dass Rückführungen "schwierige, oft harte Entscheidungen mit sich" brächten. "Das ist uns klar. Es sind Menschen, keine Zahlen", sagte er. Die Not, das Elend, das die Männer, Frauen, Kinder überwinden wollten, könne sich kaum jemand von uns vorstellen. "Aber diese Herleitung vom Einzelfall kann nicht Politik ersetzen. Politik muss eine Steuerbarkeit und Akzeptanz in der Gesellschaft herstellen", so Habeck. Deshalb plädierte er für eine Migrationspolitik, die der Realität angemessen sei. "Wenn jetzt immer von Belastungsgrenze gesprochen wird, muss man entlasten", sagte der Grünen-Politiker. Die Kommunen müssten unterstützt werden, nicht nur finanziell oder bei der Unterbringung. "Um die Ausländerbehörden zu entlasten, werden wir deshalb zum Beispiel die Aufenthaltserlaubnisse für Ukrainer pauschal verlängern, sobald das EU-rechtlich geht", erklärte Habeck. "Populismus, wie wir ihn aber gerade bei Friedrich Merz beobachten konnten, ist da ein ganz gefährliches Gift. Da wir schon so viel über Grenzen sprechen: Wir sollten die Grenze des Anstands wahren."

Verantwortung für Aufstieg der AfD zurückgewiesen

Habeck (Grüne) warnt vor einer wachsenden Polarisierung und dem Aufstieg der AfD, aber weist die persönliche Verantwortung dafür zurück. "Ich warne davor zu glauben, dass unser Land ein solches Phänomen nicht mehr hätte, wenn es von einer anderen Koalition regiert würde, die die Dinge wieder aussitzt", sagte Habeck dem "Spiegel". "Es gibt einen politischen Mechanismus des rechten Populismus. Die Populisten nutzen die Probleme, die eine Gesellschaft umtreiben, um eine vermeintliche Lösungsunfähigkeit der Regierung zur Schau zu stellen. Sie nutzen dafür beliebige Angriffspunkte", sagte Habeck. "Man muss aus Schuldzuweisung und Feindschaft heraustreten", so der Wirtschaftsminister. "Ich muss auch die Interessen derjenigen im Blick behalten, die nicht meiner Meinung sind - oder gar AfD wählen. Deshalb denke ich, dass ich helfen kann, diese Republik zusammenzuhalten." Der bulgarische Politologe Ivan Krastev sieht eine Ursache für den schwindenden Zuspruch Habecks und dessen Partei in einem mangelnden Willen der Deutschen zur Veränderung. "Die Grünen sind eine Partei, die den Status quo infrage stellt. Deutschland aber verteidigt den Status quo, die Deutschen wollen ihren Lebensstil partout nicht ändern", sagte Krastev dem "Spiegel". Das erschwere das Verhältnis der Deutschen zu den Grünen. Krastev fragte, ob Deutschland wirklich gewappnet ist für das, was sehr bald kommen könne, wenn sich schon bei kleineren Veränderungen so viel Widerwille zeige. "Stellen Sie sich vor, Donald Trump gewinnt die US-Wahl. Stellen Sie sich vor, das Verhältnis zwischen den USA und China verschärft sich noch", sagte Krastev. "Deutschland ist seiner inneren Verfasstheit nach auf solche Schocks nicht vorbereitet." +++


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