
Gersfeld. Hoffentlich befinden sich unter den über hundert verschiedenen Kräuter- und Gräserarten, die auf intakten Rhöner Bergwiesen wachsen, auch einige „vierblättrige Wiesenkleeblätter“. Denn mit etwas Glück könnten ab Sommer nächsten Jahres europäische LIFE-Fördergelder in unsere Region fließen, mit denen der Landkreis Maßnahmen zum Erhalt des artenreichen Berggrünlandes finanzieren und zugleich die heimischen Landwirte unterstützen möchte.
Damit die Genehmigung nicht allein von Glück abhängt, wird der Antrag an die Europäische Union derzeit unter Mitwirkung verschiedener Stellen professionell erarbeitet. Vor zwei Jahren schon hatte der Verein Natur und Lebensraum Rhön (VNLR) ein Grünland-Expose zur Ent-wicklung des Berggrünlands im Biosphärenreservat erarbeitet. Anschließend wurde von der FENA (Servicestelle für Naturschutz bei Hessen-Forst) ein entsprechendes Gutachten zu den Berg-Mähwiesen im FFH- und Vogelschutzgebiet Hessische Rhön in Auftrag gegeben. Es zeigte auf, dass durch die Intensivierung der Landwirtschaft die Artenvielfalt in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen ist – und dies in einem UNESCO-Biosphärenreservat, zu dessen Hauptaufgaben der Erhalt der Biodiversität gehört und das modellhaft versuchen soll, Naturschutz und menschliches Wirtschaften in Einklang zu bringen.
Das Land Hessen schlug dem Landkreis Fulda vor, sich mit dem angedachten Projekt zur Verbesserung des Berggrünlands für das LIFE-Programm zu bewerben. Das Umweltministerium bezuschusst die Antragstellung. „Wir wären in dieser Förderperiode das einzige neue LIFE-Projektgebiet in Hessen“, hebt Torsten Raab, Leiter der hessischen Verwaltungsstelle des Biosphärenreservats Rhön (BRR), hervor.
Voraussichtlich bis Mitte September muss der umfangreiche Antrag bei der EU eingegangen sein. Damit hat der Kreisausschuss das Büro für Landschaftskonzepte, Markus Mayer, beauftragt. Das Schallstädter Unternehmen baut auf Erfahrung mit drei LIFE-Anträgen, die alle-samt positiv beschieden worden sind. Auch die Vorstudie zu den Möglichkeiten eines LIFE-Antrags Berggrünland Hessische Rhön hatte dieses Büro erstellt. „Projekte aus Deutschland haben gute Chancen auf Genehmigung“, meint Markus Mayer, der für den Antrag aus der Rhön mit den freiberuflichen Projektentwicklern im Naturschutz, Professor Eckhard Jedicke und Dr. Florian Wagner, kooperiert.
Weitere Partner sind die drei Fachdienste „Landwirtschaft“, „Biosphärenreservat“ sowie „Natur und Landschaft“ des Landkreises, das hessische Umweltministerium, die Obere Naturschutzbehörde, die FENA, der Kreisbauernverband Fulda-Hünfeld, die Ortslandwirte, Naturschutzverbände und örtliche Kommunen. Landwirte, Bürgermeister und der Naturschutzbeirat sind bereits in einzelnen Veranstaltungen über das Vorhaben informiert und zur Mitgestaltung ein-geladen worden. Weitere Abstimmungsgespräche in den einzelnen Kommunen zur Erarbeitung von konkreten Maßnahmen sollen in Kürze stattfinden.
„Für die Bauern bedeutet dies eine ganz neue Herangehensweise, um Fördermittel zu erhalten: LIFE macht sie zu Hauptakteuren, die selbst Maßnahmen vorschlagen und mit uns gemeinsam Lösungen erarbeiten“, erklärt die landwirtschaftliche Beraterin für den hessischen Teil des BRR, Janet Emig. Förderfähig sei beispielsweise Infrastruktur wie Weidezäune, die Anschaffung von Spezialgeräten zur Landschaftspflege, der Ausbau einer naturschutzfachlichen Beratungsstelle für Landwirte, Vernetzungsarbeit oder die Ausbildung von Kultur- und Natur-Landschaftsführern. „Intensiv wirtschaftende Bauern müssen sich nicht komplett umstellen, sondern oft sind Kompromisse möglich“, wirbt Emig um weitere Mitwirkende. „Je de-taillierter unser Antrag ist, umso größer ist seine Chance auf Genehmigung“, erläutert Markus Mayer.
Vergangene Woche haben sich ein Dutzend Vertreter der beteiligten Institutionen zu einem zweitägigen Workshop auf der Wasserkuppe getroffen. Unter anderem wurden potentielle Flächen ausgewählt und Ideen gesammelt, wie Landwirtschaft extensiv und doch effizient gestaltet werden kann. Die Teilnehmer sehen den LIFE-Antrag als Chance für die Region: Mit den Fördermitteln könnten der typische Landschaftscharakter „der offenen Fernen“ und die intakten Bergwiesen besser erhalten werden. Raab sieht zudem positive Impulse für die Umweltbildung und den Tourismus. „Wir haben viel Vorarbeit geleistet. Falls wir im nächsten Jahr grünes Licht bekommen, können wir sofort loslegen“, kündigt er an. +++ fuldainfo