Antidiskriminierungsstelle beklagt sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

Linken-Fraktionsvize Lay beklagt Sexismus in eigener Partei

Gewalt gegen Frau

Berlin. Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat Union, FDP und Grüne aufgefordert, Betroffene von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz besser zu schützen. „Wer in Deutschland gegen sexuelle Belästigung vorgehen will und Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen will, hat dafür nach geltender Rechtslage nur zwei Monate Zeit“, klagte Christine Lüders, Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, der „Berliner Zeitung“. Diese Frist sei aus Sicht der Antidiskriminierungsstelle und vieler Experten zu kurz. „Betroffene sind häufig verunsichert, manchmal traumatisiert. Sie sollten mindestens sechs Monate Zeit haben, um Ansprüche geltend zu machen – dafür muss das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz konkretisiert werden.“ Nach dem Weinstein-Skandal in den USA haben sich immer mehr Frauen, aber auch manche Männer zu Wort gemeldet, die über sexuelle Belästigungen berichten. Der Hollywood-Produzent Harvey Weinstein soll über Jahre Frauen sexuell belästigt haben. Unter dem Hashtag „MeToo“ berichten viele Menschen auf Seiten wie Twitter und Facebook über ihre Erfahrungen zum Thema Sexismus und sexuelle Gewalt. Selbst die schwedische Außenministerin Margot Wallström hat sich an der Aktion beteiligt und eine Belästigung auf „höchster politischer Ebene“ berichtet.

Journalistin Himmelreich: Aufschrei-Aktion war wirkungsvoll

Die Journalistin Laura Himmelreich empfindet Sexismus-Debatten, die überwiegend im Internet geführt werden, als wirkungsvoll. Die sogenannte Aufschrei-Aktion habe „definitiv etwas gebracht“, sagte sie in der aktuellen Ausgabe des „Spiegel“. Himmelreich hatte die Debatte im Jahr 2013 selbst mit angestoßen. „Damals wurde immer wieder über die Grundsatzfrage diskutiert: Gibt es Sexismus in Deutschland?“, so Himmelreich. „Das fragt jetzt niemand mehr.“ Bei der aktuellen Debatte unter dem Hashtag „MeToo“ gehe es eher darum, wie weit Sexismus in der Gesellschaft verbreitet sei. Sexismus sei auch ein Generationenproblem, sagte die Journalistin weiter. Laura Himmelreich ist Chefredakteurin des Online-Jugendmagazins Vice. Im Jahr 2013 beschrieb sie in einem Artikel für den „Stern“, wie anzüglich sich der damalige FDP-Fraktionsvorsitzende Rainer Brüderle ihr gegenüber verhalten hatte. Damit galt sie als eine der Mitinitiatorinnen der Sexismus-Debatte „#Aufschrei“. Tausende Frauen schilderten in sozialen Medien ihre Erfahrungen mit sexueller Belästigung. Kurz darauf wurde die FDP aus dem Bundestag gewählt. Brüderle „hat eine hohen Preis bezahlt für etwas, was bei Millionen anderen Männern konsequenzenlos bleibt“, sagte Himmelreich im „Spiegel“. Zu einer Aussprache mit dem ehemaligen Spitzenpolitiker sei es nie gekommen: „Das hat sich nicht ergeben.“

Linken-Fraktionsvize Lay beklagt Sexismus in eigener Partei

In der Debatte um sexuelle Belästigung hat sich nun auch Caren Lay, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, zu Wort gemeldet. Sie habe selbst vor einigen Jahren einen sexistischen Vorfall in ihrer eigenen Partei erlebt. „Das Krasseste, was mir passiert ist, geschah vor einigen Jahren, als ich Bundesgeschäftsführerin meiner Partei war. Auf einem Parteifest sang eine ganze Clique meiner innerparteilichen Gegner umgedichtete, sexistische Arbeiterlieder, in denen ich vorkam und beleidigt wurde“, sagt die Linken-Politikerin der „Berliner Zeitung“. Sie sei auf dem Fest nicht anwesend gewesen. „In einem Lied hängten sie mir eine Affäre mit einem führenden Genossen an. Die Unterstellung war: die hat sich wohl hoch geschlafen“, sagte Lay. Hinterher wollte es niemand gewesen sein. „Ich wurde unter Druck gesetzt, besser nicht darüber zu sprechen“, sagte Lay. Eine Entschuldigung stehe immer noch aus, so die Politikerin. Immer wieder geschehe es, dass sie eher als Trägerin eines schönen Kleides, anstatt als Politikerin wahrgenommen werde. +++