Der Koalitionsvertrag zwischen SPD, Grünen und FDP zur Bildung einer neuen Bundesregierung ist fertig. Die drei Ampel-Parteien stellten das Dokument mit dem Titel „Mehr Fortschritt wagen“ am Mittwochnachmittag in Berlin vor. Kanzlerkandidat Olaf Scholz (SPD) sagte zum Abschluss der Verhandlungen: „Die Ampel steht.“ Er hob die Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro „in einem Schritt“ hervor, aber auch die Einhaltung der Schuldenbremse. Der Koalitionsvertrag sei ein „Dokument des Mutes und der Zuversicht“, sagte Grünen-Chef Robert Habeck. Gegensätze könnten überwunden werden durch eine „lernende Politik“, so Habeck.
FDP-Chef Christian Lindner sagte zur Einigung, eine Gemeinsamkeit sei, dass man „den Status quo überwinden“ wolle. Der Koalitionsvertrag umfasst 189 Seiten. Die drei Parteien einigten sich dabei unter anderem auf die Einführung eines „Bürgergeldes“ sowie die Verlängerung der Mietpreisbremse bis zum Jahre 2029. Mit dem „Bürgergeld“ soll da bei das System der Grundsicherung „erneuert“ werden. Es soll das Hartz-IV-System ersetzen. Der Anstieg von Mieten in angespannten Wohnungsmärkten soll auf elf Prozent über drei Jahre begrenzt werden. Bisher liegt die sogenannte Kappungsgrenze bei 15 Prozent. Die künftige Ampel-Koalition will zudem Cannabis legalisieren – und das entsprechende Gesetz nach vier Jahren evaluieren. Den Kohleausstieg wollen die drei Parteien beschleunigen – „idealerweise“ bis 2030. Der für 2026 im Kohleausstiegsgesetz vorgesehenen Überprüfungsschritt soll bis spätestens Ende 2022 analog zum Gesetz vorgenommen werden. Mit Blick auf die Ressortverteilung soll die SPD sieben Ministerposten bekommen, die Grünen fünf und die FDP vier.
Neben der Verantwortung im Auswärtigen Amt, in einem Super-Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, sowie in den Ressorts Familie, Umwelt sowie Landwirtschaft sollen die Grünen dabei auch das Vorschlagsrecht für die Entsendung eines EU-Kommissars erhalten. Dies gilt laut Koalitionsvertrag aber nur, „sofern die Kommissionspräsidentin nicht aus Deutschland stammt“. Zudem stellen die Grünen eine Staatsministerin für Kultur und Medien im Kanzleramt. Die FDP bekommt neben dem wichtigen Finanzministerium auch die Kontrolle über die Bereiche Justiz, Verkehr und Digitales sowie Bildung und Forschung. SPD, Grüne und FDP hatten sich kurz nach der Bundestagswahl Ende September auf gemeinsame Verhandlungen geeinigt. Die beiden kleineren Parteien hatten dabei die Rolle des „Königsmachers“ gespielt – am Ende entschieden sie sich aber für die „Ampel“ und gegen Verhandlungen mit der Union über eine Jamaika-Koalition. Nach dem Ende der Sondierungen am 15. Oktober war bereits ein Dokument mit Zwischenergebnissen veröffentlicht worden. Ansonsten waren nur wenige Details an die Öffentlichkeit gelangt. Olaf Scholz soll nach derzeitiger Planung in der Woche ab dem 6. Dezember zum Kanzler gewählt werden, die Kanzlerwahl soll dabei spätestens am 8. Dezember stattfinden. +++