Allensbach-Chefin: Schulz ist „Befreiungsschlag“ für die SPD

Göring-Eckardt kritisiert Schulz` Auftreten und Positionierung

Martin Schulz (SPD)

Berlin. Die Chefin des Instituts für Demoskopie Allensbach, Renate Köcher, sieht in der Nominierung von Martin Schulz zum Kanzlerkandidaten einen „Befreiungsschlag“, den die SPD „bemerkenswert inszeniert“ habe. Dadurch sei weit mehr in Bewegung geraten als ursprünglich erwartet. „Vor seiner Kür zum Kanzlerkandidaten zeigten Umfragen kein sonderliches Interesse an Schulz“, sagte Köcher dem „Handelsblatt“.

Die SPD habe erreicht, „dass er als Kandidat von außen gesehen wird, der mit der Regierungspolitik dieser Legislaturperiode nichts zu tun hatte. Dies eröffnet der SPD neue Chancen, an die sie ursprünglich wohl selbst nicht geglaubt hatte.“ Köcher zeigte Verständnis dafür, dass gerade in den schwächeren sozialen Schichten Unzufriedenheit angesichts des Managements der Flüchtlingskrise herrscht: „Die Politik hat da zu lange zu vieles schleifen lassen und dann unter dem Druck der Ereignisse plötzlich gezeigt, was sie kann. Plötzlich gab es Bauprogramme, die vorher unmöglich schienen. Das kommt bei Leuten, die schon ewig eine bezahlbare Wohnung suchen, natürlich nicht gut an.“

Göring-Eckardt kritisiert Schulz Auftreten und Positionierung

Grünen-Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt hat Kritik am Auftreten und an der inhaltlichen Positionierung des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz geübt. Martin Schulz bringe zwar wieder Schwung in die SPD: „Er steht aber nicht für die große Veränderung, er steht für die alte Tante SPD“, sagte die Grünen-Fraktionschefin der „Welt“. „Ich habe bisher keine innovativen Ideen gehört. Und zentrale Fragen spart er aus – Klimaschutz ist für ihn kein Thema, genausowenig wie die Gleichberechtigung von Frauen oder von Minderheiten.“ Die guten Umfragewerte für die SPD zeigten, dass es einen großen Wunsch nach Veränderung gebe. „Ob Martin Schulz dafür der Richtige ist, bezweifle ich allerdings.“ Für den Bundestagswahlkampf kündigte Göring-Eckardt einen neuen Stil an: „Wir machen keinen Wahlkampf mehr von der Bühne herunter, es wird keinen Frontalunterricht mehr geben. Stattdessen planen wir einen Dialogwahlkampf, wir wollen Gespräche führen und Erfahrungen, Stimmungen und Bedürfnisse aufnehmen“, sagte die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion.

„Ich sage meinen Leuten: Ich möchte euch weniger am Wahlkampfstand in der Fußgängerzone oder auf dem Marktplatz sehen. Ich möchte euch lieber an den Haustüren sehen, da komme ich dann gern mit.“ Außerdem planten die Grünen auch Diskussionsrunden in größerer Runde. Im Kampf gegen die Einbruchskriminalität stellte Göring-Eckardt ein neues staatliches Förderprogramm für eine bessere Sicherung von Fenstern und Türen in Aussicht: „Alle reden über Terrorismus, aber das größere Sicherheitsproblem für die Menschen in unserem Land ist doch die Einbruchskriminalität“, erklärte sie. Hier stiegen die Fallzahlen deutlich an – und die Aufklärungsquote sei niedrig. „Deshalb wollen wir den Einbau sicherer Fenster und Türen steuerlich fördern und eine Zwei-Klassen-Sicherheit verhindern.“ Wer wirklich wohlhabend sei, könne sich eher technisch gegen Einbruch sichern als alle anderen. „Wir wollen, dass sich jeder besser schützen kann, also auch der Häuslebauer oder Mieter. In der Regierung werden wir ein Milliardenprogramm mit Zuschüssen über die Kreditanstalt für Wiederaufbau auflegen und so die Sicherheit in Deutschland tatsächlich erhöhen.“ +++