AKK kritisiert Röttgen und Merz für Verhalten in Corona-Krise

Familienministerin verteidigt Schulschließungen

Annegret Kramp-Karrenbauer
CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer

Die Parteivorsitzende der CDU, Annegret Kramp-Karrenbauer, hat die Nachfolge-Kandidaten für den CDU-Vorsitz Norbert Röttgen und Friedrich Merz wegen ihres Verhaltens während der Corona-Krise kritisiert. „In einer Lage, in der das gesamte Land gezwungen ist, seine Schulen zu schließen, als allererstes daran zu denken, wie die CDU jetzt schnellstmöglich die Kandidatenfrage löst oder Kampagnen-Managerinnen vorzustellen, mag eine Priorität sein. Meine wäre es nicht“, sagte die CDU-Chefin der „Welt am Sonntag“.

Röttgen hatte vorgeschlagen, den neuen Parteivorsitzenden in der Corona-Krise durch einen Mitgliederentscheid und nicht durch einen Parteitag bestimmen zu lassen – Merz hatte am Freitag die hessische Bundestagsabgeordnete Patricia Lips (CDU) zu der Gesamtleiterin seines Kampfes um den CDU-Vorsitz gemacht. „Die Kandidaten, die sich für den Parteivorsitz bewerben, werden auch unter dem Gesichtspunkt betrachtet werden, ob sie kanzlerfähig sind. Jeder muss selbst entscheiden, welchen Fragen er Priorität einräumt“, sagte Kramp-Karrenbauer der Zeitung. Jetzt müsse gelten: „Erst das Land, dann die Partei und dann die Person.“ Wann der Parteitag stattfände sei gegenwärtig von geringer Bedeutung. „Angesichts der Corona-Lage ist das eine Frage, die die Menschen nicht interessiert. Ich führe meine Partei als Vorsitzende mit ganzer Kraft bis der Nachfolger oder die Nachfolgerin gewählt ist.“

Röttgen setzt wegen Corona-Krise Kampagne vorläufig aus

Der CDU-Politiker Norbert Röttgen setzt wegen der Corona-Krise seinen Wahlkampf um den CDU-Vorsitz aus. „Bei aller Bedeutung, die die Zukunft der CDU für die Zukunft des Landes hat, müssen jetzt alle Fragen des Wohls einer Partei zurückstehen gegenüber dem Wohl des Landes. Meine Kampagne hat deshalb Pause“, sagte er der „Bild am Sonntag“. Röttgen warnte: „Auf Deutschland kommt eine Dreifach-Krise zu. Die Corona-Epidemie trifft mit einem Wirtschaftsschock und einem ungelösten Flüchtlingsdrama zusammen. Eine solche Ballung von Problemen hat es in unserem Land seit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht gegeben.“ Es müsse jetzt alles dafür getan werden, diese Krise zu lösen. „Es gibt jetzt neue Prioritäten. Ein parteiinterner Wettbewerb zählt nicht mehr dazu.“ Auch privat hat Röttgen aus der Krise Konsequenzen gezogen: „Ich habe zum Beispiel gemeinsam mit meiner Schwester, die Arzthelferin ist, beschlossen, dass ich meine Eltern vorläufig nicht besuchen werde. Beide sind über 80. Als jemand, der mit vielen Menschen Kontakt hat und fliegt, bin ich für sie ein Risiko.“ Eine Schließung des Bundestags hält der Außenpolitiker derzeit für falsch: „Das Parlament sollte die letzte Einrichtung im Land sein, die schließt.“ Zwar sei es zutreffend, dass Politiker durch ihre vielen Kontakte Hochrisikopersonen seien: „Aber ich halte es für ganz wichtig, dass in einer nationalen Krise die demokratischen Institutionen des Landes aufrecht erhalten werden.“

Familienministerin verteidigt Schulschließungen

Im Zuge der Schulschließungen zur Eindämmung des Coronavirus hat Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) zu Solidarität und Eigeninitiative aufgerufen, um organisatorische Probleme bei der Kinderbetreuung zu lösen. Giffey sagte „Bild am Sonntag“: „Alle Beteiligten müssen flexibel damit umgehen. Es ist gut, dass in Branchen, in denen es möglich ist, vermehrt von zu Hause aus gearbeitet wird oder flexible Arbeitszeiten vereinbart werden. Aber wir brauchen auch andere Ideen, wie wir im kleinen Kreis helfen können. Hier sind Freunde, Bekannte oder Nachbarn gefragt, die sich gegenseitig unterstützen und aufeinander achten.“ Die Ministerin verteidigte die flächendeckenden Kita- und Schulschließungen als „vernünftig, um die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen“.

Infektiologe Fätkenheuer begrüßt nun doch Schulschließungen

Der Leiter der Infektiologie an der Uniklinik Köln, Gerd Fätkenheuer, hat im Zuge der Corona-Krise seine Haltung zu Schulschließungen noch einmal geändert. „Alle Bestrebungen müssen darauf ausgehen, dass wir eben diesen Punkt, dass wir nicht mehr reagieren können, nicht erreichen“, sagte Fätkenheuer am Samstag dem Deutschlandfunk. Er begrüße nun Schulschließungen und eine „Notbetreuung von Kindertagesstätten“, um Kinder von medizinischem Personal versorgen zu können. „Das ist einfach eine so dynamische Situation, wie wir sie bisher noch nie erlebt haben. Da ist man selbst als Experte, der sich damit ständig auseinandersetzt, immer jeden Tag neu vor die Frage gestellt, was ist heute richtig“, sagte der Infektiologe, der bis vor Kurzem noch gegen Schulschließungen war. Das Wichtigste sei momentan „eine ausreichende Bereitstellung von Schutzmaterialien“. Das sei ein großes Problem, „gerade im Niedergelassenen-Bereich klagen ja viele Ärzte, dass sie gar nichts haben“. Auch in vielen Kliniken sei die Ausrüstung knapp oder teilweise auch nicht mehr ausreichend vorhanden, Desinfektionsmittel fehlten teilweise. „Das muss ganz dringend sichergestellt werden, sodass man hier gar nicht erst überlegen muss, wem gebe ich jetzt eine Schutzmaske beispielsweise und wem nicht“, so Fätkenheuer.

Widmann-Mauz fordert mehrsprachige Corona-Informationen

Die Integrationsbeauftragte Annette Widmann-Mauz (CDU) hat die Bundesregierung aufgefordert, über die Ausbreitung des Coronavirus in mehreren Sprachen zu informieren. „Damit sich keine Falschinformationen verbreiten, brauchen alle Menschen gesicherte Infos zur aktuellen Lage. Auch die, die noch nicht so gut Deutsch sprechen“, sagte die Staatsministerin im Kanzleramt den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Sie seien zum Teil auf Angebote in ihrer Muttersprache angewiesen. „Hier sind die Verantwortlichen auf allen Ebenen gefragt, auch die Bundesregierung. Ich setze mich dafür ein, dass wir bestmöglich alle Mitbürgerinnen und Mitbürger in unserem Land mit den richtigen Informationen erreichen“, sagte Widmann-Mauz. +++