Ärztepräsident fordert „Eigenbeteiligung beim Ärzte-Hopping“

Der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, wünscht sich die telefonische Krankschreibung zurück. „Ich würde es begrüßen, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss die telefonische Krankschreibung, die zum 31. März ausgelaufen ist, wieder möglich macht“, sagte Reinhardt der „Rheinischen Post“. „In der Coronazeit haben wir keinen wesentlichen Missbrauch erlebt. Bei Patienten, die der Arzt gut kennt, kann er gut am Telefon einschätzen, ob er sie etwa bei einem Brechdurchfall sehen muss oder telefonisch krankschreibt.“

Zur weiteren Entlastung der Praxen forderte Reinhardt eine Gebühr für Patienten, die mehrere Ärzte aufsuchen. „Ich bin für eine Eigenbeteiligung bei besonders krassen Fällen von Ärzte-Hopping.“ In einzelnen Fällen sei eine Zweitmeinung sinnvoll. „Aber es gibt auch Patienten, die mit jedem Anliegen zu zwei oder mehr Haus- oder Fachärzten gehen. Das ist eine Verschwendung von Ressourcen. In solchen Fällen kann eine Eigenbeteiligung steuernde Wirkung haben.“ Eine Notfallgebühr von 20 Euro, die die Union fordert, kann sich der Ärztepräsident vorstellen – erst aber müsse der Zugang zur Notfallversorgung einheitlich geregelt werden: „Wir brauchen eine zentrale Hotline für die telefonische Ersteinschätzung, ob der Patient ein Fall für die Notaufnahme der Klinik ist oder ob er bis zur nächsten Sprechstunde warten kann.“ Über die Gebühr könne man diskutieren, wenn Menschen die Ersteinschätzung nicht nutzen würden. Am Dienstag beginnt der Deutsche Ärztetag in Essen.

Bereitschaft vieler Ärzte zu Hausbesuchen sinkt

Im Vorfeld des Deutschen Ärztetages an diesem Dienstag übt die Deutsche Stiftung Patientenschutz massive Kritik an einer sinkenden Bereitschaft vieler Ärzte zu Hausbesuchen. „Ein Rückgang von mehr als 25 Prozent in nur zehn Jahren ist alarmierend“, sagte der Vorsitzende Eugen Brysch der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ). Verschärfend komme hinzu, dass fast 80 Prozent der Hausbesuche bei Über-75-Jährigen stattfinden. „Den oft vorerkrankten und immobilen Menschen fehlt häufig die Kraft zum Praxisbesuch“, warnte Brysch und forderte den Gesetzgeber auf gegenzusteuern. „Bisher unternimmt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach nichts, die verpflichtenden Präsenzzeiten der Ärzte zu überprüfen. Das muss sich ändern“, betonte Deutschlands oberster Patientenschützer. Der Bundestag sei gefordert, „die Kassenärztlichen Vereinigungen zu einem Controlling der Erreichbarkeit ihrer Mitglieder zu verpflichten“. Verbesserungen mahnt die Stiftung Patientenschutz zud  em bei der schleppenden Digitalisierung im Bereich der ärztlichen Versorgung an. „Zu den größten Bremsern der Digitalisierung in Deutschland gehören die Ärztinnen und Ärzte. Schon beim Übertragen der Diagnosen zwischen den Praxen hapert es“, sagte Brysch. So könne nur „der kleinste Teil“ der rund 65.000 Arztpraxen Befunde abrufen, wenn diese in einer Datenbank zum Download bereitstünden. „Stattdessen“, monierte Brysch, „müssen die Patienten Boten spielen. Oft werden dafür noch CDs gebrannt, die der Versicherte zu zahlen hat.“ Derlei sei symptomatisch für das digitale Niveau der Medizin. +++