70 Jahre Wagner Fahrzeugteile

Viel Lob beim gestrigen Festakt

Wagners „Gläserne Fabrik“: Vielen Fuldaern ist dieses Gebäude direkt an der Frankfurter Straße bekannt. Wo heute Fahrzeugteile produziert werden, verkaufte die Firma Enders bis 2004 Autos. Bild Cre-Art

Mit einem Oktoberfest feierte die Fuldaer Firma Wagner am gestrigen Freitagabend ihr 70-jähriges Bestehen. Fast die komplette Mitarbeiterschaft und geladene Gäste aus Politik und Gesellschaft waren hierzu in einem Festzelt auf dem Betriebsgelände zusammengekommen. Als „Glücksfall für Fulda“ bezeichnete Oberbürgermeister Dr. Heiko Wingenfeld den Entschluss des Großvaters des heutigen Firmeninhabers, Ludwig Wagner, sich nach dem Krieg in Fulda niederzulassen. In seinem Beitrag für die Festschrift schreibt der OB: „Man darf die Familie Wagner mit gutem Recht als eine der vorbildlichen Unternehmerfamilien Fuldas bezeichnen.“ Lob und Anerkennung zollten auch der Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Fulda, Bernhard Juchheim, sowie der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse Fulda (Hausbank der Wagners seit 1950), Alois Früchtl. Bernhard Juchheim würdigte den Gründergeist der Familie, der mit Fleiß und Innovationskraft gepaart sei. Die Firma sei ein Paradebeispiel für ein gutes Verhältnis zwischen Geschäftsführung und Mitarbeitern. Anerkennend äußerte sich auch Alois Früchtl, der den „Mannschaftsgeist“ des Unternehmens hervorhob, dem es immer wieder aufs Neue gelänge, seine Kunden mit Ideen zu begeistern.

Aus kleinsten Anfängen zum international gefragten Lieferanten

Seinen Ursprung hat das Unternehmen im thüringischen Suhl, wo Ludwig Wagner, der Großvater des heutigen Firmenchefs, Miteigentümer einer großen Fabrik für Fahrradteile war. Nach dem Krieg und der Enteignung durch die neuen Machthaber wagte Ludwig Wagner mit seinem Sohn in Fulda einen Neuanfang. Mit wenig Kapital errichteten sie in der Frankfurter Straße ein Fabrikgebäude, in dem sie zunächst wieder Fahrradteile (z. B. Pedale) fertigten. Sie belebten alte Lieferkontakte, fanden neue Abnehmer und arbeiteten sich mit viel Einsatz hoch. Als Ludwig Wagner 1961 starb, führte sein Sohn Joachim das Unternehmen weiter. Er suchte ein zukunftsträchtiges, zweites Standbein und wandte sich der aufstrebenden Automobilindustrie zu. 1963 wurden erste Autoteile für VW produziert, bald darauf auch für Opel. Parallel dazu fertigte man in der Frankfurter Straße aber weiterhin auch Fahrradteile. Nach dem Tod von Joachim Wagner im Jahr 1985 übernahm dessen Sohn, Dr. Stephan Wagner, die Geschäftsführung. Unter seiner Leitung entwickelte sich das Unternehmen zum internationalen Automobil-Zulieferer. 1996 wurde die Produktion von Fahrradteilen endgültig eingestellt und das Unternehmen konsequent auf die PKW- und LKW-Industrie ausgerichtet. Zu dem Zeitpunkt hatte Wagner bereits einen internationalen Kundenstamm und einen Exportanteil von 40 Prozent erreicht.

Dank immer neuer Anbauten und Neubauten, hoher Investitionen in den Maschinenpark und einer intensiven Ausbildung von Nachwuchs-Fachkräften, verzeichnete Wagner in den Folgejahren ein kontinuierliches Wachstum. 1998 ließ sich die Fabrik als erster mittelständischer Betrieb in der Wirtschaftsregion Fulda nach der internationalen Qualitätsnorm zertifizieren. Die in den USA entwickelte QS-9000 ist Weltstandard für die Zuliefererindustrie und Voraussetzung für die Übernahme von Produktions- und Entwicklungsaufträgen. Denn längst gingen Produkte „Made in Fulda“ nicht nur in viele Länder Europas, sondern auch nach China und Korea. 2004 konnte Wagner das Gebäude des Autohauses Enders direkt an der Straße zukaufen. Seither produziert das Unternehmen auch in einer „gläsernen Fabrik“. Ein weiterer Beleg für die anhaltend dynamische Expansion, war die Einweihung einer zusätzlichen Produktionshalle mit 3.500 Quadratmeter Nutzfläche im Dezember 2014, der neuen „Halle Nord“. Hier werden Komponenten für die Kolbenkühlung produziert.

Osthessischer Job-Motor

Heute macht das Unternehmen einen Jahresumsatz von rund 70 Mio. Euro. Wagner hat bereits über 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, teils schon in zweiter und sogar dritter Generation. Nahezu jeden Monat werden neue Stellen geschaffen. Dieser, positive Beitrag zum osthessischen Arbeitsmarkt wurde kürzlich vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Landesentwicklung mit der Nominierung des Fuldaer Unternehmens für die Auszeichnung „Hessen-Champion“ (Kategorie „Job-Motor“) gewürdigt.

Die Nachfrage nach den Fahrzeugteilen aus Fulda hält an. Schließlich gehören alle großen PKW- und LKW-Hersteller zum Kundenstamm. So haben Unternehmer Dr. Stephan Wagner und seine Familie allen Grund, mit Optimismus in die Zukunft zu blicken: „Mit unserem modernen Maschinenpark sind wir relativ breit aufgestellt. Für unsere Drehautomaten und unsere Pressen werden wir auch in Zukunft immer ausreichend Arbeit finden. Im Übrigen sind wir auch schon im Bereich Elektro-Auto tätig. Wir verhandeln gerade über ein Elektro-Getriebeteil für BMW und sind über Bosch am Thema der elektrischen Lenkung. Die aktuelle Entwicklung geht also keineswegs an uns vorbei.“

Dass sich das nun seit 70 Jahren in Fulda ansässige Unternehmen gute Zukunftschancen ausrechnet, zeigt auch ein aktuell anstehendes Bauvorhaben: 2019 soll auf einem ehemaligen Gelände der Filzfabrik eine weitere Produktionshalle („NORD 2“) mit einer Flächengröße von 4.000 Quadratmetern errichtet werden. Heute fahren auf den Straßen Europas wenige Fahrzeuge, in denen keine Fahrzeugteile und Baugruppen aus der Frankfurter Straße in Fulda verbaut sind. Die Wagner GmbH & Co. KG produziert davon inzwischen jährlich rund 60 Millionen Stück. +++ pm/ja

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