Nachbericht Chemieunfall Alsfeld

In einer ersten Meldung hatten wir laut Meldung der Polizei von rund 50 Litern ausgelaufener Druckerfarbe geschrieben. Mittlerweile stellte sich heraus, dass weitaus mehr Liter Druckerfarbe ausgelaufen und die Folgen weitaus größer waren.

Was war geschehen?

In der Nacht zu Dienstag wurde gegen 2.00 Uhr der Polizeistation in Alsfeld von einem Zeugen gemeldet, dass aus einem geparkten Sattelzug im Bereich der Grünberger Straße eine Flüssigkeit austrat. Bei der Nachschau durch eine Streife der Alsfelder Polizei auf dem Parkplatz eines Discounters stellten die Beamten fest, dass aus dem Auflieger eines Sattelzuges aus dem Landkreis Calw in Baden-Württemberg eine helle und stark riechende Flüssigkeit tropfte. Der 24-jährige Fahrer, nicht wie erst versehentlich von der Polizei berichtet der 21-jährige Fahrer aus Baden-Württemberg, klagte über Kopfschmerzen, sodass er vor Ort vom Rettungsdienst ambulant behandelt wurde.

Die ebenfalls hinzugezogene Freiwillige Feuerwehr der Stadt Alsfeld stellte fest, dass es sich bei dem ausgetretenen Stoff um Druckerfarbe handelt, deren Lösungsmittel vermutlich für das Unwohlsein des Fahrers verantwortlich waren. „Beim Eintreffen haben wir schon festgestellt, dass der Lkw-Fahrer vorbildlich reagiert hat. Er hat im Rahmen seiner Möglichkeiten schon alle Maßnahmen getroffen, die er leisten konnte. Wir haben dann den Lkw, der bereits geöffnet war, kontrolliert, haben dann festgestellt, dass ein Transportbehältnis mit einer Druckerfarbe undicht war und diese ausgelaufen ist“, so Daniel Schäfer, Stadtbrandinspektor der Stadt Alsfeld.

Die Feuerwehr band zunächst die bereits ausgetretene Druckerfarbe und entlud den Auflieger, der Stückgut geladen hatte, mit einem Gabelstapler, bis man an den Behälter der Farbe herankam. Hier wurde schließlich festgestellt, dass aus einem größeren Gebinde mit Farbe mehrere Liter auf den Discounter-Parkplatz ausgelaufen waren. Der Grund dafür war ein defekter / undichter Verschluss an dem Transportgebinde, der entsprechend gesichert wurde. „Durch die Lösemittelbestandteile in dieser Farbe gilt das Ganze als Gefahrgut. Daher mussten wir mit schwerem Atemschutz das ganze Material verschieben“, so Daniel Schäfer. Die Freiwillige Feuerwehr Alsfeld wartete auf weitere Informationen vom Hersteller der Farbe, damit man entscheiden kann, wie es weitergeht und welche Maßnahmen noch getroffen werden müssen.

Bestand irgendeine Gefahr für die Bevölkerung?

Für die Bevölkerung selbst bestand keine Gefahr, sagte Stadtbrandinspektor Daniel Schäfer. Nach Absprache mit Fachfirmen bzw. auch der TUIS, kurz dem Informationsservice für die Feuerwehr, musste rund um den Lkw noch abgesperrt werden, sodass der Discounter später öffnen konnte. „Das reicht vollkommen und solange man sich nicht direkt im Lkw befindet, besteht akut keine Gefahr für Leib und Leben“, erklärte Schäfer. Die Brandschützer brauchen diese wichtigen Informationen u. a. auch für die Fachfirma, die sich um die fachgerechte Entsorgung kümmert. „Wir warten noch auf Rückruf von der Spedition, die das Ganze versendet hat“, so Schäfer.

TUIS, die Abkürzung für Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystem, ist ein Service der deutschen chemischen Industrie, der öffentlichen Feuerwehren und der Polizei bundesweit Unterstützung bei Transport- und Lagerunfällen mit Chemikalien leistet. TUIS bietet rund um die Uhr Fachwissen und Hilfe, insbesondere bei Stoffaustritten. Ein Havariekommissar (auch „Surveyor“ genannt, Anm. d. Red.) wurde beauftragt, die Ursache und den Schaden festzustellen. Der Havariekommissar untersucht den Schaden und ermittelt die Ursache, z. B. bei einem Ladungsschaden oder einem Transportschaden.

Eine genaue Angabe, wie viel ausgelaufen war, konnte die Feuerwehr zu diesem Zeitpunkt nicht sagen. „Die Menge ist schwer zu sagen. Das Behältnis selbst hat angegeben 388 Kilo Ladung. Wie viel davon ausgelaufen ist, wissen wir nicht genau, aber der größte Teil schon“, erklärt Stadtbrandinspektor Daniel Schäfer. Klar war zu diesem Zeitpunkt schon, dass der Aufwand der Entsorgung schwerer und umfangreicher wird. „Dadurch, dass das eine Farbe ist, die sich jetzt auch so langsam in gewissen Teilen verfestigt. Und hier auf dem Pflaster von dem Parkplatz wird das, glaube ich, eher aufwendig werden, das zu reinigen. Das muss jetzt alles aus diesem Datenblatt, auf das wir aktuell immer noch warten, herausgefunden werden“, so Schäfer.

Die Bergung

Frank Weber vom Bergeunternehmen aus Grünberg erklärt unserer Zeitung gegenüber: „Der Gefahrstoff ist im Lkw-Sattelauflieger Bereich ausgelaufen. Die Feuerwehr Alsfeld hat im Erstangriff und in den Erstmaßnahmen die Gefahrenabwehr betrieben, die Sicherheitsdatenblätter organisiert und im Prinzip das weitere Austreten verhindert.“ In der nächsten Instanz wurde das Bergeunternehmen als Havariemanagement beauftragt, mit mehreren Einsatzfahrzeugen den Schaden zu beseitigen und zu beheben. Wichtig war erst mal die Kanaleinläufe zu sichern, denn sollte es bei einem Regenfall oder einem Regenschauer zu einem weiteren Austritt kommen, der nicht schnell lokalisierbar ist, „damit wir das Gewässer und den Boden schützen können“, so Weber. Im weiteren Verlauf wurde der Inhalt der Behälter in Spezialbehälter umgepumpt und damit die Undichtigkeit gestoppt.

Jetzt ging es darum, den Auflieger innen erst mal komplett zu reinigen und die restliche Ware rauszuholen. „Alle Arbeiten, die wir im Lkw machen, müssen unter Vollschutz passieren, weil immer noch giftige Dämpfe ausgasen und wir uns sonst selbst gefährden würden“, betont Frank Weber. Dazu wurde eine Ventilator-Anlage montiert, um dauerhaft frische Zuluft in den Auflieger zu bringen, „damit das Arbeiten für uns überhaupt möglich ist“, erklärt Frank Weber. Von einem Gutachter wurden diese Arbeiten permanent mit Messgeräten kontrolliert und der Sauerstoffgehalt ständig gemessen. Im Anschluss musste die Ware komplett entladen und zusammen mit dem Havariekommissar in einem anderen Lkw umgeladen werden. Der betroffene Lkw musste soweit gereinigt werden, dass er gefahrlos zur weiteren Spezialreinigung auf eigener Achse wegfahren konnte.

„Dann mussten wir die Parkplatzflächen maschinell mit unseren Fahrzeugen reinigen und eine Hochdruckvakuummaschine einsetzen, um die gesamte Oberfläche porentief sauber zu fahren“, so Weber. Im Nachgang musste die Untere Wasserschutzbehörde des Vogelsbergkreises zusammen mit dem Gutachter entscheiden und festlegen, ob noch Auskofferungsarbeiten notwendig sind.
„Die Arbeiten werden sich heute hier mit Sicherheit den ganzen Tag hinziehen, weil wir Schritt für Schritt vorgehen müssen und das Personal, wie gesagt, unter Vollschutz arbeitet. Das heißt, nach 15, 20 Minuten müssen wir das Personal wechseln und auch die Schutzanzüge tauschen“, erklärt Frank Weber vom Bergeunternehmen.

Wie war es mit der Sicherheit der Kundinnen und Kunden des Discounters bestellt?

„Die Sicherheitszone wurde von der Feuerwehr schon festgelegt, das heißt um den Lkw herum fünf bis sechs Meter. Wir haben schon etwas großzügig abgesperrt. Ganz wichtig ist, dass hier nicht mit irgendwelchen offenen Flammen gearbeitet werden darf und in dem abgesperrten Bereich kein offenes Feuer entzündet oder gar geraucht wird. Ansonsten ist mit der Einsatzleitung der Feuerwehr alles abgesprochen. Die Sicherheitszone rund um den Lkw reicht aus und es besteht keinerlei Gefährdung für Kundinnen und Kunden sowie das Personal des Discounters.“

Wie wird das Ganze entsorgt?

„Wir verdünnen den hoch konzentrierten Stoff mit Wasser, geben ihn in spezielle IBC Container (Intermediate Bulk Container, Anm. d. Red.), der Gutachter nimmt Proben, dann wird das Ganze im Nachgang analysiert und festgelegt, in welche spezielle Anlage das Ganze gefahren werden kann, um es dort fachgerecht zu entsorgen. Vermutlich wird es irgendwo nachher in die Verbrennung gehen. Aber das entscheiden letzten Endes die Gutachter mit ihrer Analytik“, sagt Frank Weber.

Einsatz bis spät in die Nacht

Vom Bergeunternehmen war zu hören, dass der Einsatz bis spät in die Nacht ging. Am Donnerstag muss abgebaggert werden, erklärt Frank Weber. Hier haben die Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr Alsfeld, Behörden, Bergeunternehmen, Gutachter und Havariekommissar hervorragend zusammengearbeitet, um größeren Schaden für Bevölkerung und Natur abzuwenden. Man muss auch deutlich betonen, dass die Kameradinnen und Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Alsfeld ehrenamtlich zu jeder Tageszeit bereit sind, für unsere Sicherheit zu sorgen. Ehrenamtlich, denn es ist keine Berufsfeuerwehr. +++ kec


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