Faeser (SPD) übt scharfe Kritik an der Politik der Landesregierung

CDU weist Kritik zurück

Vorsitzende der SPD in Hessen, Nancy Faeser

Die Vorsitzende der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Nancy Faeser, hat heute eine kritische Zwischenbilanz der Regierungsarbeit von CDU und Grünen in Hessen gezogen. Zur Halbzeit der laufenden Legislaturperiode stellte Faeser fest: „Die Regierungsparteien geben sich alle Mühe, die schwarzgrüne Koalition in Hessen als Modell für die nächste Bundesregierung zu verkaufen. Im politischen Alltag aber taugt Schwarzgrün nur als abschreckendes Beispiel. CDU und Grüne in Hessen haben in ihrem Koalitionsvertrag ‚Aufbruch im Wandel‘ versprochen. Was sie liefern, ist Regierungsarbeit auf dem Niveau des kleinsten gemeinsamen Nenners – und der wird zusehends noch kleiner.“

Mit großer Sorge sehe sie das Versagen der Landesregierung beim Umwelt- und Klimaschutz, sagte Faeser: „Der menschengemachte Klimawandel ist real. Die Bedrohung, die er für das Leben auf der Erde darstellt, auch. Aber in der Zusammenarbeit mit der CDU haben die hessischen Grünen alle Ambitionen auf einen wirksamen Klimaschutz aufgegeben: Von 140 Maßnahmen, die Schwarzgrün angekündigt hat, sind nach der Hälfte der Wahlperiode gerade einmal zehn umgesetzt, der Ausbau der erneuerbaren Energien ist in Hessen faktisch zum Stillstand gekommen, die groß angekündigte ‚Verkehrswende‘ findet nicht statt. Der hessische Regierungsalltag zeigt, dass von den Klimaschutzkonzepten der Grünen nichts mehr übrigbleibt, wenn sie mit der CDU koalieren.“ Die große Transformation der Arbeitsgesellschaft ins digitale und klimaneutrale Zeitalter finde ebenfalls ohne sichtbare Beteiligung der schwarzgrünen Landesregierung und der sie tragenden Landtagsfraktionen statt, kritisierte Nancy Faeser: „Die Aufgabe einer verantwortungsbewussten, zukunftsgewandten Politik wäre es, die Veränderungen der Arbeitswelt eng zu begleiten und mitzugestalten. Es geht darum, dass es in unserem Land auch in zehn und zwanzig Jahren viele gute Arbeitsplätze gibt. Dazu muss man aus dem Wissen und der Erfahrung von Gewerkschaften, Unternehmen und der Wissenschaft politischen Zukunftskonzepte entwickeln – und diese dann in konkrete Maßnahmen übersetzen. Nichts davon gibt es in Hessen.“

Vielleicht, so Faeser, verschlössen CDU und Grüne die Augen vor den Herausforderungen der Zukunft, weil sie schon mit der Gegenwart überfordert seien. Schwarzgrün in Hessen habe sich als Schönwetter-Koalition entpuppt, die in der Corona-Krise schnell aus dem Tritt geraten sei. Nancy Faeser sagte: „Selbst, wenn man sehr fehlertolerant ist und berücksichtigt, dass niemand Erfahrung mit einer globalen, todbringenden Virus-Pandemie hatte, muss man feststellen, dass die Landesregierung hinter den berechtigten Erwartungen der Menschen an ihre politischen Entscheidungsträger zurückgeblieben ist. Erst hat es viel zu lang gedauert, bis das schwarzgrüne Kabinett überhaupt die Dimension der Herausforderung verstanden hat, und dann hat es in vielen Bereichen zweifelhafte Entscheidungen getroffen – von den Schulen, die fünf Monate lang geschlossen blieben, bis zum verstolperten Start der Impfkampagne.“ Spätestens mit dem auf zweifelhafte Weise zustande gekommenen Corona-Schattenhaushalt hätten CDU und Grüne den Grundkonsens im Hessischen Landtag aufgekündigt, wonach die Pandemiebekämpfung von den demokratischen Parteien gemeinsam getragen werden sollte. „Im Namen von Corona zwölf Milliarden Euro neue Schulden zu machen, mit denen dann Lieblingsprojekte der Regierungsparteien bezahlt werden, war ein politischer Sündenfall. Schwarzgrün hat damit nicht nur gegen bewährte parlamentarische Regeln verstoßen, sondern auch gegen den politischen Anstand“, sagte Nancy Faeser.

Die SPD-Fraktionsvorsitzende griff auch den hessischen Innenminister Peter Beuth (CDU) scharf an, in dessen Verantwortungsbereich nahezu wöchentlich neue Affären und Skandale ans Tageslicht kämen. Faeser sagte: „Von den unsäglichen Drohbriefen eines angeblichen ‚NSU 2.0‘ und der möglichen Beteiligung von Beamten der hessischen Polizei bis zur Frankfurter SEK-Affäre – stets weist der Innenminister die Verantwortung von sich. Der Wille zur rückhaltlosen Aufklärung der vielen großen und kleinen Skandale ist bei Minister Beuth unterentwickelt. Statt sich der eigenen politischen Verantwortung zu stellen, sucht er die Schuld bei anderen. Und wenn er eine ‚neue Fehlerkultur‘ bei der hessischen Polizei einfordert, übersieht er, dass er selbst es ist, der seit sieben langen Amtsjahren den Umgang der Behörden mit eigenen Fehlern prägt.“ Der grüne Koalitionspartner schweige zu den Vorfällen im Bereich des Innenministeriums konsequent und verrate damit entscheidende Werte, für die die Grünen früher einmal gestanden hätten, kritisierte Nancy Faeser, die sagte: „Das Regierungsbündnis beruht nicht auf einem großen Vorrat an politischen Gemeinsamkeiten, sondern auf einer Art Nichtangriffspakt: CDU und Grüne haben beschlossen, sich gegenseitig in Ruhe zu lassen, und den kleinsten gemeinsamen Nenner zur Richtschnur des Regierens zu machen. Damit kann man sicherlich für eine gewisse Zeit Macht erringen und Macht erhalten – aber man kann damit nicht die Zukunft gestalten. Deswegen sagen wir auf der Hälfte der Wahlperiode: Schwarzgrün ist ein Koalitionsmodell ohne Zukunft.“

CDU weist Kritik zurück

„Wer selbst keine Ideen hat, nörgelt eben an anderen herum. Dabei kritisierte die SPD in den vergangenen zweieinhalb Jahren selbst das, was sie in anderen Bundesländern in Regierungsverantwortung selbst tut. Es geht eben um Kritik um der Kritik Willen und leider nicht um den Wettbewerb der politischen Ideen. Wir ermutigen die SPD ausdrücklich, in den kommenden zweieinhalb Jahren so weiterzumachen. Denn in jeder Umfrage seit der vergangenen Landtagswahl hat die Koalition ihren Vorsprung im Vergleich zur Landtagswahl ausgebaut und hat sich die SPD weiter verschlechtert. Wir können mit einer solchen Oppositionsstrategie gut leben. Die SPD müsste sich allerdings fragen, ob sie es auch kann. Das ist aber wirklich nicht unser Problem. Im Gegensatz zur SPD steht bei uns aber eins im Vordergrund: Wir handeln – andere hadern. Die Bilanz der Regierungskoalition wird am 15. Juli in einer Pressekonferenz vorgestellt“, so
Ines Claus und Mathias Wagner von der CDU. +++