Zeitung: EZB-Zinspolitik bringt Sozialkassen in Schwierigkeiten

Frankfurt/Main. Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) bringt offenbar Krankenkassen, die Rentenversicherung und die Bundesagentur für Arbeit zunehmend in Schwierigkeiten. Die deutschen Sozialversicherungen sind laut eines Berichts des „Handelsblatts“ vom negativen Zinssatz betroffen, den die EZB für Einlagen bei den Notenbanken fixiert hat. Gegenwärtig sind dies minus 0,2 Prozent, wie eine Sprecherin der Bundesbank bestätigte. Die Rücklagen der Sozialkassen betrugen Ende 2014 mehr als 75 Milliarden Euro.

Wäre das gesamte Sozialkassen-Vermögen dauerhaft bei der Bundesbank geparkt, wären rechnerisch 2015 mehr als 150 Millionen Euro Negativzinsen fällig, schreibt die Zeitung. Allerdings versuchten Rentenversicherung, Krankenkassen und Arbeitsagentur alles Erdenkliche, die Strafzinsen zu vermeiden. So räumten sie die Konten bei der Bundesbank schnellstmöglich leer und verteilten das Geld auf Privatbanken. „Insgesamt stehen wir mit über 40 in Deutschland ansässigen Banken in Geschäftsbeziehungen“, sagte ein Sprecher der Rentenversicherung. „Wir konnten es daher bisher vermeiden, Anlagen mit negativem Zins zu tätigen.“ Mittlerweile verlangen aber auch viele Geschäftsbanken Strafzinsen, zumindest für große Beträge. Und der Druck entsteht nicht nur durch Negativzinsen, schreibt die Zeitung weiter.

Die Sozialkassen sind per Gesetz gezwungen, in sichere Anlagen zu investieren, vor allem Staatsanleihen. Seit die EZB aber Staatsanleihen aufkauft, werfen diese Papiere kaum Rendite ab. Das Bundesversicherungsamt, das über Krankenkassen und Gesundheitsfonds wacht, hat nach „Handelsblatt“-Informationen aus Finanzkreisen die Bundesregierung alarmiert. „Da dem Gesundheitsfonds keine risikoreichen Anlagen erlaubt sind, führt das gegenwärtige Zinsumfeld teilweise auch zu Anlagen mit Negativzinsen“, bestätigte die Behörde auf Anfrage. Die Lage sei so angespannt, dass die Sozialkassen einen heiklen Vorstoß wagten: Sie wollen künftig das Geld auch in riskantere Anlagen stecken dürfen, die mehr Rendite versprechen, berichtet die Zeitung. Darüber wollen die Aufsichtsbehörden der Sozialversicherung des Bundes und der Länder bei ihrem Treffen Ende Mai diskutieren. +++ fuldainfo