Union sieht Ansehen Amerikas „im freien Fall“

USA

Berlin. Nach der Aufforderung an den US-Geheimdienst-Repräsentanten, Deutschland zu verlassen, haben führende Unionspolitiker die Motive für den beispiellosen Schritt deutlich gemacht. „Das Ansehen Amerikas, vor allem bei jungen Menschen, befindet sich im freien Fall“, sagte Unions-Vize Thomas Strobl der in Düsseldorf erscheinenden „Rheinischen Post“. Es hätten Zweifel bestanden, ob die Amerikaner bislang überhaupt irgendetwas begriffen hätten. Unions-Außenexperte Philipp Mißfelder brachte von Gesprächen im US-Kongress und im Weißen Haus die Erkenntnis mit, dass die Amerikaner zwar „zerknirscht“ seien, dass aber der Grund dafür nicht klar werde: „Weil sie die Spionage gegen den Partner bedauern oder weil sie bedauern, dabei erwischt worden zu sein“, sagte Mißfelder der Zeitung. Das Vorgehen gegen den Geheimdienstmitarbeiter einer befreundeten Nation sei nicht alltäglich und werde nun „als Signal in Washington mit Sicherheit gehört“, so Mißfelder.

Verfassungsschutz hatte bereits 2010 einen anonymen Hinweis auf den verdächtigten Mitarbeiter

Das Bundesamt für Verfassungsschutz bekam schon im August 2010 einen anonymen Hinweis auf jenen Mitarbeiter im Verteidigungsministerium, der jetzt in den Verdacht geraten ist, für die USA spioniert zu haben. Das berichtet die in Halle erscheinende „Mitteldeutsche Zeitung“ unter Berufung auf die jüngste Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr). Nach Informationen des Blattes hieß es in dem anonymen Schreiben, dass besagter Mitarbeiter immer mal wieder zu Kurztrips in die Türkei aufbreche, insgesamt war von 15 bis 16 dieser Reisen die Rede. Damals wurde vermutet, er treffe sich in der Türkei womöglich mit Vertretern des russischen Geheimdienstes. Der Verdächtige wechselte anschließend häufiger die Dienststellen. Dies könnte ein Grund dafür sein, dass er so lange unbehelligt blieb. Vertreter der Regierung, der Geheimdienste und der Bundesanwaltschaft gaben in der Sitzung am Donnerstag Auskunft über den Stand der Ermittlungen.

Außenexperte: Exporte für 88 Milliarden Euro in Vereinigte Staaten

Der Deutsche Industrie-und Handelskammertag (DIHK) warnt vor Investitionszurückhaltung deutscher Unternehmen in den USA nach den jüngsten Enthüllungen über Spionagetätigkeiten amerikanischer Geheimdienste. In einem Gespräch mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ erklärte DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier, die aktuellen Diskussionen könnten zu einem Vertrauensverlust bei deutschen Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen in den USA führen. Umso wichtiger sei es, beim Freihandelsabkommen der EU mit den USA voranzukommen, um die Basis für einen Ausbau der Beziehungen voranzutreiben. Ein Freihandelsabkommen würde vor allem den kleinen und mittelständischen deutschen Unternehmen nutzen, die von den aktuellen Vorwürfen an die US-amerikanische Regierung nicht betroffen seien, betonte Treier. Unmittelbare Auswirkungen auf die bilateralen wirtschaftlichen Beziehungen beider Länder erwartet der Wirtschaftsexperte trotz der sich zuspitzenden Geheimdienstaffäre nicht. Die USA waren nach Angaben des DIHK im Vorjahr mit rund 88 Milliarden Euro zweitwichtigste Abnehmer deutscher Ausfuhren. Daran werde sich auch in diesem Jahr nichts ändern. +++ fuldainfo | bild:pixelio.de