Lage der Großen Koalition – Das Zeitfenster schließt sich

Bundestag,

Berlin. Immer schon hat es in Koalitionen gehakelt, waren Koalitionsgipfel quälende Veranstaltungen. Insofern muss man sich wegen des Nichtergebnisses vom Sonntag noch keine allzu großen Sorgen (oder Hoffnungen) machen, dass das Gespann Merkel-Gabriel schon am Ende sei. Allerdings, eins kann man feststellen: Diese Regierung hat ihre vitale Phase offenbar hinter sich. Das unterscheidet sie zum Beispiel von der Ära Merkel-Müntefering/Steinmeier, als man auch in der zweiten Halbzeit noch eine große Föderalismusreform beschloss und die Finanzkrise mit Konjunkturprogrammen und der Kurzarbeiterregelung bewältigte.

Es gibt dafür drei Ursachen. Sie heißen CSU, CDU und SPD. Im Grunde gibt es bei allen drei Parteien Verunsicherungen. Wer unsicher ist, traut sich nichts zu. Am schlimmsten ist es bei der CSU. Horst Seehofer ist so etwas wie die lose Kanone an Bord des Koalitionsdampfers. Wer, wie er es am Sonntag tat, ein Gipfeltreffen mit einem Interview voller Angriffe gegen den Koalitionspartner SPD begleitet, der will keine Ergebnisse. Der will nur öffentlich auftrumpfen. Von der CDU gibt es derzeit ebenfalls keine inhaltlichen Impulse, nur Nachhutgefechte etwa gegen den Mindestlohn und das Mantra von der „schwarzen Null“. Sie setzt weiter ganz auf die Kanzlerin. Die aber nimmt sich innenpolitisch immer weiter zurück und lebt – Helmut Kohl lässt grüßen – fast nur noch von ihrem außenpolitischen Ruf. Die SPD wiederum versteht nicht, warum sie in der Zustimmung der Bevölkerung nicht vorankommt, obwohl sie alles richtig macht, und weiß demzufolge nicht, was sie anders machen könnte und mit wem.

Wenigstens drei Fragen müsste die Große Koalition noch regeln, einfach, weil nur sie derartige Themen so regeln kann, dass ein breiter gesellschaftlicher Konsens möglich wird. Große Koalition heißt eben auch große Verantwortung. Erstens: die Behandlung der Flüchtlinge und Zuwanderer, also ein offenes Einwanderungsrecht. Zweitens: eine Energie- und Klimaschutzpolitik aus einem Guss. Und drittens die Geldverteilung im föderalen Staat nach dem Auslaufen des Solidarpakts und des Solidaritätszuschlages, inklusive einer großen Steuerreform. Finanzielle Masse dafür ist genug da, Aufgaben sind auch genug da, allein, es fehlt am politischen Mut. Im Juni wird wieder ein Koalitionsausschuss stattfinden, im Herbst wahrscheinlich noch einer. Und dann geht das letzte Jahr ohne große Landtagswahlen zu Ende. Dann schließt sich das Zeitfenster möglicher großer Entscheidungen für Merkel, Gabriel und Seehofer. Im Moment wirkt es nicht so, als seien sie sich dessen bewusst, so die Lausitzer Rundschau. +++ fuldainfo