Junge Union ruft Bundesregierung zu Kurswechsel auf

Rentenpolitik fehlt die Zukunftsperspektive

Deutsch, Bundestag

Berlin. Die Junge Union (JU) ist über die Politik der großen Koalition verärgert: JU-Chef Paul Ziemiak forderte im Gespräch mit der „Süddeutschen Zeitung“ einen „Kurswechsel“ der Bundesregierung. „Statt ständig neuer Sozialprojekte“ sei jetzt „eine Fokussierung auf Wirtschaftsförderung nötig“. Ziemiak kritisierte deshalb auch Teile des von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und SPD-Chef Sigmar Gabriel vereinbarten Milliarden-Sozialpakets. Es sieht zusätzliche Ausgaben für den sozialen Wohnungsbau, die Integration, den Kita-Ausbau und die sogenannte aktive Arbeitsmarktpolitik vor.

Außerdem enthält es 180 Millionen Euro für die Lebensleistungsrente. An diesem Mittwoch will Schäuble die Eckwerte seines Haushalts für das Jahr 2017 offiziell vorstellen. Ziemiak sagte, die Regierung habe „in der aktuellen Legislaturperiode ein sozialpolitisches Feuerwerk gezündet“. Projekte wie die Mütterrente, das Elterngeld Plus, der Mindestlohn, die Rente mit 63, die Mietpreisbremse, die Verbesserung der Erwerbsminderungsrente, das Gesetz zur Stärkung der Prävention sowie das Gesetz zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf stünden „beispielhaft für Sozialprojekte, die die große Koalition umgesetzt hat“. Jetzt sei es aber „an der Zeit, auch die Wirtschaft zu stärken“.

Die Junge Union kritisiert vor allem die Rentenpolitik der Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), sie verurteilt beispielsweise die jetzt geplante Lebensleistungsrente. Mit ihr sollen Mini-Renten von langjährig versicherten Geringverdienern aufgestockt werden. „Die geplante Regelung der solidarischen Lebensleistungsrente geht in die falsche Richtung“, sagte Ziemiak der SZ. Leider müsse man sagen: „Der gesamten Rentenpolitik fehlt die Zukunftsperspektive.“ Es gehe viel zu wenig um die dauerhafte Tragfähigkeit der Rentenversicherung. „Zusätzliche Rücklagen oder systemische Veränderungen werden überhaupt nicht diskutiert“, klagte der JU-Chef. Die Einführung der Rente mit 63 sei „ein Fehler“ gewesen. „Wir müssen jetzt auch über längere Arbeitszeiten reden“, sagte Ziemiak. Man sollte deshalb „das Renteneintrittsalter und die Lebenserwartung verkoppeln“.

Die JU verlange außerdem eine „Stärkung der Wirtschaft“, durch die auch die Integration der Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt erleichtert werden solle. Ziemiak forderte „eine bessere steuerliche Investitionsförderung“. Das gelte auch für die Forschungsförderung. „27 der 34 OECD-Länder ermöglichen bereits die indirekte Förderung über das Steuerrecht, Deutschland leider nicht“, sagte Ziemiak. Innerhalb der Europäischen Union gebe es sogar nur noch in Estland und Deutschland „keinerlei steuerliche Anreize“ dafür. Der JU-Chef verlangte außerdem „Erleichterungen für Start-ups, etwa durch das überfällige Wagniskapitalgesetz, durch die Förderung von Open-Data-Portalen oder gesetzliche Regelungen für den Einsatz künstlicher Intelligenz“. Die JU ist die gemeinsame Jugendorganisation von CDU und CSU. Sie hat rund 117.000 Mitglieder und ist damit so stark wie Grüne und Linke zusammen. Fast 30 Bundestagsabgeordnete und Tausende Mandatsträger in den Kommunen sind in der Jungen Union. +++ fuldainfo