Betreiber beschließen Aus für Gaskraftwerk Irsching

Frankfurt. Die Eigentümer des hochmodernen Gaskraftwerks Irsching 5, E.ON, HSE, Mainova und N-ERGIE, haben der Bundesnetzagentur und dem Netzbetreiber TenneT die Stilllegung des Kraftwerksblockes angezeigt. Das Kraftwerk soll zum 1. April 2016 vom Netz genommen werden. Parallel dazu hat E.ON als alleinige Eigentümerin des Gaskraftwerks Irsching 4 der Bundesnetzagentur die Stilllegung dieses Blocks ab dem 1. April 2016 ebenfalls angezeigt. Hintergrund ist die mangelnde Perspektive für einen wirtschaftlichen Betrieb nach dem Auslaufen der aktuellen vertraglichen Regelung mit dem Netzbetreiber im März kommenden Jahres.

Irsching 5 hat eine Leistung von 846 Megawatt und ging im Jahr 2010 in Betrieb. Mit einem Wirkungsgrad von 59,7 Prozent gehört es zu den modernsten Gaskraftwerken Europas. Irsching 4 mit 550 Megawatt Leistung ging ein Jahr später in Betrieb und ist mit einem Wirkungsgrad von 60,4 Prozent eines der effizientesten Gaskraftwerke weltweit.

Irsching 4 und 5 werden seit zwei Jahren auf Basis eines Vertrags zwischen dem Netzbetreiber und den Eigentümern betrieben, der mit der Bundesnetzagentur verhandelt wurde. Dieser Vertrag sieht eine Kostenteilung anhand der Einsätze im Markt und zur Stabilisierung des Stromsystems auf Anweisung des Netzbetreibers vor. Die zunehmenden Mengen subventionierten Stroms aus erneuerbaren Energien und die niedrigen Großhandelspreise für Strom lassen mittlerweile keinen Einsatz am Markt mehr zu.

Im gesamten Jahr 2014 hat das Kraftwerk zu keiner Stunde Strom für den Markt produziert. Die Blöcke Irsching 4 und 5 kamen daher im vergangenen Jahr ausschließlich dann zum Einsatz, wenn ihre Leistung zur Stabilisierung des Stromsystems gebraucht wurde. Das ist dann der Fall, wenn das Netz in Süddeutschland wegen temporärer Engpässe gestützt werden muss. Für solche Einsätze auf Anweisung des Netzbetreibers erhalten die Eigentümer der Kraftwerksblöcke eine vertraglich vereinbarte Vergütung. Diese reicht gerade aus, um die entstehenden Kosten zu decken und basiert auf allgemeiner Regulierungspraxis.

Nach Auslaufen des Vertrags müssten die Gaskraftwerke ihre Kosten vollständig am Markt verdienen. Dafür gibt es jedoch vor dem Hintergrund niedriger Großhandelspreise und wachsender Einspeisung aus erneuerbaren Energien keine Perspektive. Um keine roten Zahlen schreiben zu müssen, sehen die Eigentümer keine Alternative zu einer Stilllegungsanzeige.

Sollte der Netzbetreiber die Stilllegung wegen Systemrelevanz untersagen, fielen Irsching 4 und 5 unter die Reservekraftwerksverordnung. Diese wurde erlassen, um Kraftwerke am Netz zu halten, die für die Sicherheit der Stromversorgung unabdingbar sind. Damals ging der Gesetzgeber jedoch davon aus, dass ausschließlich ältere, bereits abgeschriebene Kraftwerke davon betroffen sind. Diese Verordnung erkennt wesentliche Kostenfaktoren neuerer Anlagen, vor allem Abschreibungen und Kapitalkosten, nicht an und ist eine Verschlechterung im Vergleich zur derzeitigen vertraglichen Vereinbarung. Ein wirtschaftlicher Betrieb auf Basis dieser Verordnung ist somit nicht möglich. Die Eigentümer wären gezwungen, ihre Anlagen nicht kostendeckend zu betreiben. Deshalb behalten sie sich für den Fall eines Widerspruchs gegen die Stilllegung den Rechtsweg vor.

Die Stilllegungsanzeigen und der eventuell notwendige spätere Rechtsweg im Falle einer Untersagung der Stilllegung sind aus Sicht der vier Unternehmen die „ultima ratio“. Besser für alle Beteiligten wäre ein rechtssicherer Rahmen, der die tatsächlichen Kosten der Betriebsbereitschaft und der notwendigen Systemeinsätze abdeckt. Dazu müsste die Reservekraftwerksverordnung so geändert werden, dass sie auch die Kosten neuerer, moderner Kraftwerke abdeckt.

Das Bundeswirtschaftsministerium hat in seinem Grünbuch zum zukünftigen Strommarktdesign festgestellt, dass eine Kapazitätsreserve zwingend notwendig ist. Dieser Feststellung müssen jetzt politische Entscheidungen folgen. Die aktuelle Verordnung bedarf nicht nur einer Verlängerung, sondern auch einer Anpassung der unzureichenden Vergütungsregelung an die veränderten Erfordernisse. Diese sollte auf den Prinzipien der Vergütungsregelungen der Netze basieren und bestehende Ungleichbehandlungen abschaffen. Denn wenn ein Netzbetreiber Netzinvestitionen tätigt, werden für diese Abschreibungen und eine Verzinsung anerkannt. Greift der Netzbetreiber hingegen auf Kraftwerke zur Sicherung der Systemstabilität zurück, werden diese Kostenpositionen nicht anerkannt, obwohl sie die gleiche Wirkung entfalten. +++ fuldainfo